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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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sonst noch dabei?«
    »Nichts.« Der Mann öffnete den Mantel, und über schmuddeligen Jeans kam ein feuchtes T-Shirt zum Vorschein, das einen mageren Oberkörper umhüllte. Der Mann schloss die Augen und flehte keuchend: »Tun Sie mir nichts. Ich sag keinem was weiter.«
    »Was sagst du nicht weiter?«
    »Das mit Daisy.«
    »Was weißt du über sie?« Keine Antwort, nur das Keuchen. »Schau mich an.«
    Die Augen öffneten sich: feucht und blutunterlaufen.
    »Wer bin ich, deiner Ansicht nach?«, fragte Fletcher.
    Der Mann betrachtete ihn. Das Wasser glättete sich allmählich wieder, da der Hagel nachließ - Tausende von Hagelkörnern trieben auf der Oberfläche und wurden auf das verschlammte Uferstück unter den Weiden geschwemmt wie weiße Pixel auf schwarzem Untergrund. Der Mann nickte vor sich hin, dachte nach und musterte Fletchers Gesicht. »Sie sind gar nicht der. Ich dachte, Sie wären jemand anders.«
    »Wer?«
    »Ich sag gar nichts mehr. Was sind Sie für einer? Ein Bulle?«»Ich bin kein Bulle, Wayne, aber ich kann die Polizei sofort rufen. Da lungert ein Typ, mit einem Messer bewaffnet, bei einem College herum.« Die Schneide lag noch immer schimmernd im Matsch. »Besitz einer Waffe, Angriff auf einen Unbewaffneten ...«
    »Sie haben mich gegen die Hand getreten.«
    »Und bedrohliches Verhalten. Die schnappen dich sofort, Wayne. Dann steckst du wochenlang im Knast, bevor es auch nur zu einer Verhandlung kommt.« Fletcher bezweifelte das im Grunde zwar selbst, doch Wayne war nervös geworden und kaute auf seinem Lippenpiercing herum. Ein paar halb geschmolzene Hagelkörner tropften aus den Ästen. »Ich könnte dich bei der Polizei abliefern, Wayne. Oder ich könnte ...«, er betrachtete die ausgemergelte Brust und den mageren Hals des jungen Mannes, »... ich könnte dich zum Mittagessen einladen. Ich könnte dich zum Essen einladen und mir anhören, was du zu erzählen hast, Wayne. Was du mir über Daisy und diesen Mann erzählen kannst, mit dem du mich verwechselt hast. Deine Entscheidung.«
    Wayne ließ es sich durch den Kopf gehen.
    Neben dem Wohnen im eigenen Haus oder als Mieter - sei es im sozialen Wohnungsbau oder privat - gibt es noch eine weitere Möglichkeit, die in Großbritannien von etwa einer Million Menschen genutzt wird. Nämlich das Wohnen in billigen Hotels, Pensionen und Wohnheimen, und in Cam- bridgeshire gehören auch die Wohnwagenparks dazu: Caravans, die niemals rollen, fest an Strom und Abwasser angeschlossen sind und wo man die Miete wöchentlich zahlt.
    Waynes Hinweisen folgend bog Fletcher von der Peterbo- rough Road ab und fuhr durch ein Maschendrahttor, das von einem angeketteten Schäferhund bewacht wurde. Waynes Zuhause war der dritte Wohnwagen in der zweiten Reihe. Er war kalt und die Scheiben waren beschlagen. Auf der einen Seite stand ein Bett, dann kam eine Toilettenkabine, dann dieMini-Küche und an der Wand war ein Klapptisch angebracht, auf den Fletcher eine Pappschachtel stellte.
    Wayne hatte sich unter allen möglichen Restaurants ausgerechnet für das Fen Tiger Diner entschieden, und Fletcher hatte ihn dorthin gefahren, oder vielmehr erst zu diesem Imbissstand auf Rädern in der Nähe von Rampton und dann zu Waynes Wohnwagen. Jetzt öffnete der junge Mann vor sich hin lachend die Schachtel. »Das ist ein Essen, wie es zu Cambridge passt, was?«
    In der Schachtel lagen in Teig ausgebackene Aalstücke, Holzgäbelchen, Brot, Margarine und zum Eintunken gab es einen Karton voll siedend heißer Tomatensuppe. Dazu Tee in Styroportassen. Das alles war im Preis inbegriffen.
    Wayne biss in ein Stück Aal und schloss die Augen.
    Fletcher sah sich im Wohnwagen um. Es war kalt hier, aber ordentlich und ziemlich sauber. Weder Fotos noch Bilder. Nur ein kleiner Fernseher und ein Kühlschrank, der mit Pappscheiben unterlegt war, damit er gerade stand. Eine elektrische Kochplatte, eine Mikrowelle, dann die Tür der Toilettenkabine und eine Spanische Wand, um das Bett vom Rest des Raums abzutrennen. Eine Spinnwebe zog sich zur Decke hoch.
    »Bekommst du viel Besuch?«, fragte Fletcher.
    Wayne zuckte die Schultern und trank Tee.
    »Dann erzähl mir von Daisy und diesem Mann.«
    »Die Polizei bleibt außen vor?«
    »Erzähl einfach.«
    Es stellte sich heraus, dass Wayne sechsundzwanzig war und fünf Clozapin täglich schluckte, weil er Angstanfälle bekam. Die vorgeschriebene Dosis waren vier Tabletten, aber er nahm gern eine zu viel, weil dann zwischen ihm und der Welt so eine

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