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Stahlhexen

Stahlhexen

Titel: Stahlhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
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fügte er unwillkürlich hinzu: »Ich
    besitze ein polnisches Restaurant in Cambridge.« Es tat gut, das so zu sagen. Trotz der Sorgen, die er sich im Moment machte, erfüllte ihn das doch mit Hoffnung auf die Zukunft. »Darf ich Sie etwas fragen?«, begann er.
    »Das hängt davon ab, was Sie wissen wollen.«
    »Was sind das für Dinger, die da hinter Ihnen hängen?«
    Über ihr hingen drei ovale Gebilde jeweils an einem eigenen Draht von der Decke herab. Sie sahen aus wie riesenhaft vergrößerte Wassertropfen mit nach oben schmal zulaufender Spitze. Jedes war etwa zwei Meter lang, hatte Scharten und Risse und bestand aus einem brüchigen, spiegelnden Material, das im Licht der elektrischen Lampen schimmerte.
    »Das sind amerikanische Tropfentanks«, erklärte Charlie Fenner. »Aus dem Zweiten Weltkrieg. Es sind zusätzliche Treibstofftanks, die unter Kampfjägern angebracht wurden.«
    »Unter >Mustangs< zum Beispiel?«
    »Ja, genau, unter den >Mustangs<. Dadurch hatten diese eine größere Reichweite. Wenn der Pilot den Kerosinvorrat verbraucht hatte, wurden die Tanks abgeworfen. Man ließ sie einfach auf die Erde fallen. Noch heute findet man manchmal welche in Gräben.« Plötzlich sah sie Fletcher wieder an. »Was wollen Sie eigentlich?«
    »Sie haben ein Buch über Nose Art veröffentlicht.«
    »Oh nein. Nicht schon wieder.«
    »Und eine Frau namens Daisy Seager hat es gelesen.«
    »Oh nein. Nein.«
    Sie trat auf einen Fußbodenschalter, und die Scheinwerfer erloschen. In dem regnerischen Licht, das durchs Fenster hereinfiel, wirkten die drei Tropfentanks noch größer und blasser. Sie wischte die Hände an einem Lappen ab.
    »Haben Sie Daisy gekannt?«, fragte sie.
    »Ich bin ihr nie persönlich begegnet. Sie?«
    Charlie schloss einen Moment lang die Augen und antwortete nicht.
    »Sie wissen, dass sie ermordet wurde?«, fragte Fletcher.
    »Ich schaue Fernsehen wie alle Leute. Warum sind Sie zu mir gekommen?«
    »Weil ich gerade von einem Offizier der US Air Force bedroht worden bin. Das kleine Wörtchen >Stahlhexen< lässt dort anscheinend alle Alarmglocken schrillen. Ziemlich merkwürdig, wenn man bedenkt, dass das alles fünfundsechzig Jahre zurückliegt.«
    Charlie wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Nun, da müssen Sie ohne mich zurechtkommen.«
    »Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Fletcher.
    »Sorry. Ich lass mich in diese Sache nicht reinziehen.«
    »Es sind noch andere Menschen in Gefahr«, sagte Fletcher. »Denken Sie mal darüber nach.«
    »Sie sehen doch aus wie ein vernünftiger Mensch. Gehen Sie wieder in Ihr polnisches Restaurant.«
    Er bekam nichts aus ihr heraus. Als er ging, ließ er die Tür angelehnt und hörte, wie hinter ihm wieder das Sandstrahlgerät aufjaulte.
    Eine halbe Minute blieb er mit geschlossenen Fenstern im Auto sitzen. Das Sandstrahlgerät klang, als liefe es im Leerlauf, ohne irgendwelche Schleif- oder sonstigen Arbeitsgeräusche.
    Er wartete. Nach einer weiteren Minute verstummte das Gerät vollkommen, und jetzt war nur noch das Prasseln schwerer Regentropfen auf dem Wagendach zu hören. Dann flog das Sandstrahlgerät aus der Tür, vom schwarzen Elektrokabel gefolgt wie von einem sich schlängelnden Schwanz. Die Hände in die Hüften gestemmt trat Charlie in die Tür und schüttelte den Kopf auf eine Weise, die ein sehr trauriges Ja bedeutete.
    Der Regen floss inzwischen in Rinnsalen die Fenster hinab und trommelte gegen die Stahlwände des Schuppens. Charlie zündete das Gasheizgerät an, und sie setzten sich auf die
    Plastikstühle. Fletcher sagte zu ihr, dass sie für eine Frau ja wirklich ungewöhnliche Interessen habe. Und sie erwiderte, für sie habe es etwas Therapeutisches, diese alten Schrottteile wieder instand zu setzen. Eigentlich unterrichte sie Metallurgie an einer berufsbildenden Schule, aber die Arbeit hier habe etwas Beruhigendes für sie.
    »Müssten Sie dann um diese Zeit nicht gerade unterrichten?«
    »Die Schulen sind wegen Heizungsausfalls geschlossen.« Sie lächelte, sah aber immer noch besorgt aus. Ständig strich sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Und die Nose Art finde ich einfach phänomenal. Haben Sie die Pressekonferenz in den Nachrichten gesehen? Die Polizei liegt völlig falsch.«
    »Das sehe ich auch so. Daisy wusste irgendetwas, sie hat etwas herausgefunden. Und jemand in meiner Familie weiß dasselbe. Verstehen Sie jetzt, warum ich mir Sorgen mache?«
    »Wer denn in Ihrer Familie?«
    »Meine Mutter.«
    Sie hielt die Hände

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