Stalingrad
Stimme:
»In Reihen zu viert … Par-radeschritt. Vorwärts mit Lied … Im Schritt. Mar-r-r-sch! …«
Im Zug hat er nur drei Mann …
Lissagor klopft mir auf die Schulter:
»So haben wir doch keine Zeit gefunden, deinen Igor zu besuchen. Immer ist es bei uns beiden so … Werden morgen zu ihm gehen, so Gott will, daß wir am Leben bleiben …«
Hoch, hoch am Himmel knattert der »Kukurusnik«, die Nachtwache. Über den »Barrikaden« flammen die »Laternen« 18 auf. Unsere »Laternen«, keine deutschen. Es ist niemand da, der sie für die Deutschen anstecken würde. Wäre auch zwecklos …
Die lange grüne Schlange der gefangenen Deutschen kriecht hinunter zur Wolga. Schweigen. Hinterdrein ein Sergeant, jung, stupsnasig, zwischen den Zähnen eine lange gebogene Pfeife mit einer Troddel. Er zwinkert mir im Gehen zu.
»Ich führe Reisende. Sie wollen sich die Wolga anschauen …«
Und er lacht fröhlich und ansteckend.
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6 Deckwort für »Truppenteil«.
7 Kalatsch – Weizengebäck.
8 Ippolit Kuragin – Gestalt aus »Krieg und Frieden«.
9 Totleben – russischer General im Krimkrieg.
10 * Schtschi – Kohlsuppe.
11 Mehrläufige Granatwerfer.
12 Selbstangefertigtes Feuerzeug (Soldatenausdruck).
13 Panzertyp T 34.
14 Orden des Roten Sterns.
15 Medaille »Für Kühnheit«.
16 * Personenwagen »M-1«.
17 Barynja – russischer Volkstanz.
18 Leuchtkugeln.
VIERZIG JAHRE DANACH
(Statt eines Nachworts)
Das Jahr 1981, da ich mich an diese nicht eben leichte Aufgabe mache, ist reich an Jubiläen. Ihren 100. Geburtstag könnten feiern, lebten sie noch, der »erste rote Offizier« Kliment Woroschilow, Pablo Picasso, Stefan Zweig, der große Star des russischen Balletts, die brillante Anna Pawlowa, und S. N. Motowilowa, meine geliebte Tante Sonja, die nie etwas gefürchtet, die zwar mit geringerer Autorität, doch mit einer Vehemenz, die der Korolenkos in nichts nachstand, gegen alle Ungesetzlichkeiten protestiert hat.
Vor vierzig Jahren begann der Große Vaterländische Krieg, der im Westen mit Vorliebe als Zweiter Weltkrieg oder Krieg gegen den Faschismus bezeichnet wird und für den die französische »Humanité« sogar den Namen »Großer Internationaler Krieg« fand.
Sein Jubiläum, das fünfunddreißigjährige, hat auch dieses Buch, das heißt der Roman »Stalingrad«, der seine Erstveröffentlichung 1946 in der Zeitschrift »Snamja« (Heft 8, 9 und 10) erlebte. Leuten, die in der Literatur das Sagen hatten, erschien ein so verallgemeinernder Titel als Frevel, und in den nachfolgenden Buchausgaben wandelte sich der Roman zum Kurzroman und »Stalingrad«, das zum Sinnbild und Sammelbegriff geworden war, zum weniger verpflichtenden »In den Schützengräben von Stalingrad«. In den Finessen des sozialistischen Realismus noch unbewandert, nahm der Autor diesen ersten Schlag einigermaßen verwundert, doch gefaßt hin.
Das Erscheinen dieses Werkes war zu jenen Zeiten ein unwahrscheinliches, geradezu unglaubliches Ereignis. Die literarische Öffentlichkeit reagierte verwirrt. Ein Buch über den Krieg, über Stalingrad, verfaßt von keinem Profi, sondern von einem einfachen Offizier. Kein Wort über die Partei, drei dürftige Zeilen über Stalin … Ein Unding. Andererseits hatten sich die bestens reputierte »Snamja« und ihr Chefredakteur dafür hergegeben. Wsewolod Wischnewski, ein lebender Klassiker, einer der einflußreichsten Köpfe an der Spitze des Schriftstellerverbandes, kannte die Spielregeln, wußte Bescheid, was ging und was nicht.
Und schon ging es los – in endlosen Diskussionen und Artikeln: »Gewiß, die Darstellung ist authentisch, stammt von einem unmittelbar Beteiligten, aber der Blickwinkel ist doch zu eng … Eine Betrachtung aus dem Schützengraben … Über seine Brustwehr hinaus sieht der Autor nichts …« So etwa urteilte der damalige Generalsekretär des Schriftstellerverbandes, Alexander Fadejew, über den Roman. Allerdings ließ sich das Sekretariat bzw. das Präsidium, auf dessen Tagung er seine Rede hielt, dadurch nicht daran hindern, den Autor in dessen Abwesenheit in besagten Verband aufzunehmen – ein beispielloser Fall.
Ein Jahr darauf strich Fadejew als Vorsitzender des Stalinpreis-Komitees in letzter Minute den Namen des Autors aus der Kandidatenliste, die dem erlauchtesten Auge vorgelegt wurde. Unerforschlich sind Gottes Wege – tags darauf sah der Autor, starr vor Staunen, sein Konterfei in der »Prawda« und der »Iswestija«. (Wischnewski sagte ihm,
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