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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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durchlöchert wie Siebe, sind zurückgeblieben – haben die Stellungen der Division Rodimzews angefangen, ein Streifen von zweihundert Meter Breite … Wenn man sich überlegt – zweihundert Meter, lumpige zweihundert Meter … Durch ganz Belorußland zu marschieren, durch die Ukraine, das Donezbecken, die Kalmückische Steppe, und diese zweihundert Meter nicht mehr zu schaffen … Hahaha!
    Und Tschumak fragt, warum. Nicht irgendwer, sondern ausgerechnet Tschumak. Das gefällt mir am allermeisten. Vielleicht werden mich auch Schirjajew und Farber fragen, warum. Oder vielleicht jener alte Maschinengewehrschütze, der drei Tage bei seinem Maschinengewehr gelegen und, von allen abgeschnitten, bis zu dem Augenblick geschossen hat, da die Patronen zu Ende waren. Und dann ist er mit dem Maschinengewehr ans Ufer gekrochen gekommen. Hat sogar die leeren Munitionskästen mitgebracht. »Wozu soll man wertvolles Gut wegwerfen? Man kann’s noch verwenden.« Ich weiß nicht mehr seinen Namen, ich kann mich nur noch an sein Gesicht erinnern, ein bärtiges, mit Augen wie Schlitze und der Feldmütze quer auf dem Kopf. Vielleicht wird er mich auch fragen, warum? Oder jener Bursche aus Sibirien, der ständig Harz kaute? Wenn er am Leben geblieben wäre, hätte er mich wahrscheinlich auch gefragt, warum. Lissagor hat mir erzählt, wie er umgekommen ist. Ich habe ihn nur einige Tage gekannt – man hatte ihn kurz vor meiner Verwundung hergeschickt. Ein fröhlicher, aufgeweckter Spaßvogel. Mit zwei geballten Ladungen ist er zu dem angeschossenen Panzer hingelaufen und hat beide in den Sehschlitz geworfen …
    Ach, Tschumak, Tschumak, du Matrosenseele, was stellst du für dumme Fragen! Du kommst mir jetzt entgegen, mit einer Flasche in der Hand, und nichts, nichts verstehst du … Komm her! Komm, komm, wir wollen uns umarmen … Wir haben beide zusammen ein bißchen getrunken, und Betrunkene pflegen sich zu umarmen. Das sind durchaus keine Sentiments, behüte Gott … Und Walega, komm her! Komm, komm … Trink, du Waffengefährte … Trink auf den Sieg! Siehst du, was die Fritzen aus der Stadt gemacht haben? Ziegelsteine – sonst nichts … Wir aber leben. Und die Stadt … werden wir neu aufbauen, nicht wahr, Walega? Und die Fritzen sind kaputt. Da gehen sie, siehst du, schleppen ihre Rucksäcke und ihre Decken … Denken an Berlin und an ihre Frauen. Willst du nach Berlin, Walega? Ich will, schrecklich gern will ich … Und wir werden beide hinkommen, wirst es sehen. Auf jeden Fall werden wir hinkommen. Unterwegs wer den wir auf einen Augenblick einen Sprung nach Kiew tun, um meine Alten wiederzusehen. Gute Alte habe ich, wirklich … Laß uns auf ihr Wohl trinken! Hast du noch was da, Tschumak?
    Und wir trinken. Trinken auf die Alten, auf Kiew, auf Berlin und auf noch etwas, ich weiß es nicht mehr. Ringsherum wird geschossen und geschossen. Der Himmel ist schon ganz violett. Die Raketen zischen, und nebenan klimpert jemand auf einer Balalaika die »Barynja« 17 …
    »Genosse Leutnant, gestatten Sie …«
    »Was ist los?«
    »Sie werden vom Stabschef verlangt.«
    »Und wer bist du?«
    »Stabsmelder.«
    »Nun?«
    »Befehl, alle pünktlich um achtzehn Uhr sammeln. Auf dem Gefechtsstand in der Schlucht.«
    »Ist verrückt geworden. Heute ist Feiertag.«
    »Ich habe nichts zu sagen, Genosse Leutnant. Der Stabschef hat befohlen, und ich habe es ausgerichtet.«
    »Sprich vernünftig, und nicht ›befohlen, ausgerichtet‹. Werden wir zu einem Bankett geladen? Anläßlich des Sieges?«
    Der Melder lacht.
    »Ich habe gehört, daß man der nördlichen Gruppe morgen den Rest geben wird. Auf den ›Barrikaden‹. Dorthin wird unsere und die Neununddreißigste geworfen …«
    Da hast du es!
    Tschumak sucht in der Dunkelheit seine Jacke und den Gürtel. Tastet auf der Erde danach. Lissagor schüttelt die Strohhalme vom Mantel.
    »Walega, sammle die Klamotten zusammen, und lauf schnell zu Garkuscha. Im zweiten Hof von hier, im Keller … Eins – zwei!«
    Walega springt auf.
    »Daß er die Spaten nicht vergißt, denk dran!« Und zu mir gewandt: »Nun, Ingenieur, komm, Beobachtungsstände ausschachten. Los – Schwielen an die Hände holen!«
    »Genügend Spaten vorhanden?«
    »Jawohl. Jeder kriegt einen: ich, du, Garkuscha, Walega. In der Nacht werden wir es noch schaffen – bestimmt … Vielleicht werden wir uns auch irgendwo in einem Haus einrichten, mit Sicht durchs Fenster. Komm!«
    Auf der Straße hört man Tschumaks schallende

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