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Stalingrad

Stalingrad

Titel: Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Nekrassow
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Befehl: Absetzen aufs linke Ufer! Wir sprengten die Eisenbahn- und die Pontonbrücke und verschanzten uns im Schilf am anderen Ufer.
    Hier gedachten wir lange zu bleiben. Zum Teufel! Über den Oskol lassen wir den Deutschen nicht!
    Aber sie versuchten gar nicht, den Übergang zu erzwingen. Sie beschossen uns aus Granatwerfern; wir antworteten. Das war der ganze Krieg. Jeden Morgen erschien der »Rahmen«, eine doppelrümpfige Focke-Wulf, die wir heftig, aber erfolglos aus leichten Maschinengewehren beschossen.
    Gleichmäßig brummend zogen Schwärme von Junkersmaschinen ins Hinterland.
    Meine Pioniere bauten Unterstände für den Stab, und Dorfmädchen hoben die zweite Verteidigungslinie längs der Ortschaft Petropawlowka aus. Wir Offiziere des Stabes schrieben Meldungen, zeichneten Pläne und fuhren von Zeit zu Zeit zu Instruktionsübungen in den Divisionsstab.
    Das Leben floß ruhig und gleichmäßig dahin. Sogar die Moskauer »Prawda« gelangte dann und wann bis zu uns. Verluste hatten wir keine.
    Und nun auf einmal – ein Befehl, wie ins Haus geschneit …
    Als Frontsoldat weißt du niemals, was vorgeht, mit Ausnahme dessen, was sich direkt vor deiner Nase abspielt. Wirst du vom Deutschen nicht beschossen, so scheint es dir, als ob Ruhe und Ordnung in der ganzen Welt herrschten; kommt dann ein Bombenangriff, so bist du gleich der Meinung, die ganze Front von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer sei in Bewegung gekommen.
    Auch jetzt ist es so. Wir ließen es uns gut gehen am Ufer des trägen, im Schilf verschlammten Oskol und machten uns keine Sorgen: wir hatten ja den Fritz zum Stehen gebracht … Donnert es noch im Norden? Mag es donnern, dafür ist ja Krieg.
    Und plötzlich, wie ein Blitz aus heiterem Himmel: um dreiundzwanzig Uhr Abmarsch …
    Und ohne Kampf, Hauptsache, ohne Kampf. Bei Bulazelowka mußten wir auch die uns heimisch gewordenen Gräben aufgeben, aber da hatten uns die Deutschen wenigstens dazu gezwungen, doch hier … Ich habe erst gestern mit Schirjajew die Verteidigungsstellungen kontrolliert. Nun, wahrhaftig, keine schlechten Stellungen. Sogar der Divisionskommandeur hat die Aufstellung der Maschinengewehre gelobt und aus dem 852. und 854. Regiment die Ingenieure hergeschickt, damit sie lernen, wie man Bunker unter den Häusern baut.
    Sollte der Deutsche einen so tiefen Keil vorgetrieben haben? Woronesh … Sollte er wirklich dort eingebrochen sein, so ist unsere Lage mißlich … Anscheinend ist er doch durchgebrochen, sonst würde man uns nicht ohne Kampf zurückziehen. Dazu noch aus so einer Stellung wie der am Oskol. Und bis zum Don hin gibt es in unserem Abschnitt keinen Fluß mehr. Sollten wir wirklich bis zum Don zurückgehen?
    »Genosse Leutnant, womit sollen wir das Fahrzeug beladen?« Der junge, frischgebackene Zugführer mit einem Flaumbärtchen schaut mich fragend an. »Sollen wir die Minen verladen?«
    »Sind keine Lastwagen aus dem Divisionsstab gekommen?«
    »Nein.«
    »Dann grabe die Minen ein. Sind noch welche am Ufer geblieben?«
    »Ja, an hundert.«
    »Gut. Nimm für jeden Fall etwa zwanzig mit, und die übrigen grabe ein.«
    »In Ordnung.«
    »Sind das alle Spaten?«
    »Im dritten Bataillon sind noch dreißig Stück.«
    »Hol sie schnell!«
    Er macht flink kehrt und läuft zum Fahrzeug, während er mit der Hand die Kartentasche festhält. Ein feiner Junge, strebsam, nur allzu schüchtern vor dem Spieß.
    Ach ja, ich muß noch die Karte eintauschen bei Korsakow. So haben wir sie also gar nicht gebraucht, diese neue, raschelnde Karte mit dem großen, polypenähnlichen Fleck in der linken Ecke: Charkow …
    Um zwölf Uhr setzt sich die letzte Kompanie unseres Regiments in Richtung Petropawlowka ab. Leise klappern die Eßgeschirre.
    Die ganze Nacht kriechen Schirjajew und ich in der vordersten Stellung herum. Man muß die Maschinengewehre ganz anders verteilen. Gestern wurde der befestigte Abschnitt verlassen, die Soldaten nahmen alle Maschinengewehre mit. Auf unserem Abschnitt waren es fünfzehn, jetzt sind es nur noch fünf, zwei »Maxims« und drei »Degtjarjows«. Viel läßt sich damit nicht ausrichten. Die »Maxims« stellen wir an den Flanken auf, die leichten Maschinengewehre dazwischen. Die Schützen müssen ebenfalls neu verteilt werden; die Front des Bataillons hat sich auf mehr als das Dreifache vergrößert. Auf jeden Kilometer kommen zehn bis zwölf Schützen, einer vom andern etwa achtzig bis hundert Meter entfernt. Wirklich nicht zu dicht …
    Der nächste Tag

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