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Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben

Titel: Stalingrad - Die Einsamkeit vor dem Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Fromm
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aufgefahrenen Fahrzeug zu prügeln begannen. Dessen Insassen wehrten sich verzweifelt, hatten aber gegen die erdrückende Übermacht wenig Chancen.
    Von der Ladefläche hörte man das Schreien und Fluchen der Verwundeten.
    Fritz riss den ersten Gang in das krachende Getriebe und fuhr mit durchdrehenden Rädern los. Vor ihnen tauchte ein neuer Haufen Verzweifelter auf. Sie waren zu langsam, und es waren zu viele, um durchzufahren. Eine Kugel schlug durch die Frontscheibe.
    »Gas!« Rollo versuchte mit der MPi zurückzufeuern. Ladehemmung. Aus Wracks und Schneehöhlen tauchten immer mehr wankende Gestalten auf.
    Rollo riss fluchend seine Pistole aus der Tasche. Er hatte noch drei Schuss. Hans schoss noch zweimal, ehe auch sein Magazin leer war. Es war, als ob man in eine graue Wand feuerte. Nichts mehr verband sie mit den Gespenstern, die dort draußen unerbittlich näher rückten. Es ging ums nackte Leben, und je mehr es bedroht war, umso kostbarer wurde es.
    Verzweifelt umklammerten sie ihre Waffen, die ohne Munition nur noch kümmerliche Schlagwerkzeuge waren.
    Unerwartet erhielten sie Hilfe. Vor ihnen schlug eine neue Serie russischer Granaten ein, zerriss die Straße und die grauen Leiber. Der Detonationsdruck hob den Lastwagen kurzzeitig auf zwei Räder.
    Fritz riss die Fahrertür auf, beugte den Kopf nach draußen, um noch etwas zu sehen und umkurvte den rauchenden Trichter, der die halbe Straße weggerissen hatte. Rollo und Hans starrten sprachlos gegen die verklebte Scheibe.
    »Macht den Scheiß weg!«, brüllte Fritz. Hans hielt Rollo an den Beinen fest, während der sich aus dem Wagen beugte und mit einem Handlumpen und Schnee die Scheibe wieder einigermaßen sauber wischte.
    Sie passierten die feindliche Feuerlinie, ehe der nächste Geschosshagel die Straße hinter ihnen endgültig durchschnitt. Rollo stopfte einen Fetzen in das Loch, das die Kugel in die Frontscheibe geschlagen hatte und durch das ein scharfer, dünner Strahl Kälte pfiff.
    Neue Gestalten, wie aus Asche geformt, torkelten vor ihnen auf. Fritz gab Gas, drückte auf die Hupe. Nichts. Rollo hatte die L adehemmung der MPi beseitigt und hielt sie griffbereit auf den Knien.
    »Weiter! Fahr zu!«
    Fritz steuerte mit Vollgas auf die Kolonne zu. Vor ihm schleppten sich die erschöpften Soldaten zur Seite. Nur die wenigsten hatten noch Kraft, in hilfloser Wut die Fäuste zu schütteln. Sie überholten einige Trossfahrzeuge mit qualmenden Kühlern.
    Auf einmal musste Fritz scharf abbremsen. Eine halb im Straßengraben steckende Haubitze versperrte den Weg. Über dem Rohr hing ein Mann, und ein anderer versuchte, ihn festzuhalten. Der Mann rutschte auf die Straße, Fritz ließ ungeduldig den Motor aufheulen.
    »Fahr drüber«, schrie Rollo. Der Mann lag jetzt genau vor ihrem Lkw. Rollo konnte für einen Moment sein Gesicht sehen. »Halt an!«, rief er. »Der Hauptmann!«
    Fritz versuchte links vorbeizufahren.
    »Halt an!«, sagte nun auch Hans und wies auf eine schmächtige Gestalt, die den Hauptmann vor den Rädern des Lkws beiseite zerrte. Gross. Er schien noch kleiner geworden zu sein. Ruckweise zog er den Körper des Hauptmanns an den Straßenrand.
    Fritz trat auf die Bremse, Hans und Rollo sprangen aus dem Wagen. Zu dritt schleiften sie den bewusstlosen Hauptmann zum Führerhaus, das Fritz mit der Waffe in der Hand verteidigte. Rollo knallte die Tür zu. Fritz fuhr scharf an, die Verwundeten auf der Ladefläche schrien und schlugen gegen die Trennwand. Rollo hieb als Antwort mit dem Kolben gegen das Blech.
    Fritz beschleunigte. Der Kühler teilte die graue Raupe des Elends vor ihnen in zwei Hälften. Hans und Gross schauten sich an, versuchten ein Lächeln.
    »Hast du es auch noch nicht fert iggebracht zu verrecken?«, flüsterte Gross.
    Hans war unfähig, etwas zu sagen. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Plötzlich hatte er das Gefühl, alles würde gut werden. Er schloss Gross in die Arme. Gross stöhnte.
    »Verwundet?«
    »Furunkel überall.« Seine Augen wiesen auf Musk, der nach wie vor ohne Besinnung über seinen und Rollos Knien lag. »Ihn hat’s schlimmer erwischt.«
    Er wickelte sich die Lumpen v on den Fingern und nahm die russische Pelzmütze ab. Im Futter befand sich noch etwas Tabak.
    Hans zog das Soldbuch des S oldaten hervor, der um seine Erschießung gebeten hatte. Seine Augen flackerten über verwischte Eintragungen: Vormarsch durch Luxemburg, nach Frankreich. Kämpfe bei Stonne. Vorstoß über Rethel, die Somme bei Ham,

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