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Stalins Kühe

Stalins Kühe

Titel: Stalins Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofi Oksanen
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sie gebracht werden oder ob es überhaupt nötig sei, sich die Mühe zu machen, etwas zum Mitnehmen einzupacken, ob die alten Klamotten und etwas Brot als Proviant genügten. Erzählt es mir.
    Werkzeug, antworten die Soldaten. Die Nähmaschine, schlägt einer der Männer vor, als er in der Zimmerecke AinoRõugs neue Singer sieht, geht und baut sie ab und macht sie fertig für die Reise. Eduard Rõug packt die gewöhnlichsten Werkzeuge ein und dann noch die Gerätschaften zum Reparieren von Uhren.
    Am Ziel, in Dubrowa bei Nowosibirsk, braucht die Familie Rõug sich nach den Anfangsschwierigkeiten keine Sorgen zu machen im Vergleich zu den anderen. Der Krieg hat die Gegend von arbeitsfähigen Männern geleert, und Eduard bekommt genug Reparaturaufträge, er macht aus den Uhren neue und tischlert Türen und Fenster für die Häuser. Außerdem hat Aino die einzige Nähmaschine der Umgebung, und schon bald wollen alle Frauen des Dorfes und die Offiziersfrauen, dass Aino ihnen Kleider näht. Auch genug Faden bekommt Aino, als Eduard ihr ein Spinnrad baut. So etwas haben die Dorfbewohner bisher noch nicht einmal gesehen, die Frauen von Dubrowa haben nur Spinnwirtel. Außerdem kann Aino so viel Russisch, dass sie für die analphabetischen Frauen Briefe an deren Männer und Söhne schreiben kann, die beim Militär sind. Sowohl Aino als auch Eduard bekommen von den Dorfleuten für ihre Dienste Lebensmittel, und die zwei Jahre später geborene Eevi bleibt am Leben, anders als viele andere zu derselben Zeit in Sibirien geborene neue Esten. Aino vergisst nie, in jedem Gebet Segen für die russischen Soldaten zu erbitten, die ihnen gesagt hatten, was sie in Sibirien brauchen würden.
    Eine Frau war bei Ankunft der Soldaten ohnmächtig geworden, und als sie wieder zu sich kam, stellte sie fest, dass sie sich auf der Pritsche eines Lastautos befand und neben ihr ein Sack lag, in den die Soldaten Sachen gepackt hatten, von denen sie annahmen, sie würde sie brauchen: warme Kleidung, Lebensmittel, selbst eine Flasche Schnaps hatten sie ihr gelassen.
    Und eine andere Frau erzählte, dass die Soldaten sich einen Grund hatten einfallen lassen, um das Auto zu stoppen,obwohl sie schon losgefahren waren, als die Frau geschrien hatte, ich habe keinen Kochtopf, worin soll ich den Kindern Brei kochen, lasst mich für meine Kinder einen Topf holen! Die Frau durfte von zu Hause einen Kochtopf holen. Niemand nahm ihr den Topf ab, und auch während der Bahnfahrt nahmen die Soldaten den Verschleppten nichts weg. Als das klar wurde, ärgerte sich Aino, dass sie nur die schlechtesten Kleider mitgenommen und die besten zurückgelassen hatte.
    Wenn der Zug hielt, wurden gegen die Brosche Kartoffeln eingetauscht, die die Leute vom Land neben den Waggons feilboten, und Zwiebeln gegen Seidenstrümpfe. Wie konnten sie überhaupt noch Kleider haben, als sie am Ziel ankamen, wie war es möglich, dass sie ihre Kleider während der Fahrt noch nicht aufgegessen hatten, und wie hatte Ainos Sohn, der den Eimer in der Ecke des Waggons nicht hatte benutzen wollen, die Reise ohne Vergiftung überstanden?

1941
    14.   Juni 1941. Sofias Schwester Leeve ist mit ihrem ersten Kind zu Besuch bei Kiisa, ihrer Freundin aus der Zeit des Konfirmandenunterrichts, die mit dem Chef des Schutzkorps Osvald Berg verheiratet ist. Es klopft an der Tür. Sie bekommen eine halbe Stunde Zeit, um das zusammenzusuchen, was sie brauchen. Leeve versucht zu erklären, dass sie mit ihrem Kind nur zu Besuch da ist, aber das hat keine Bedeutung. Jede im Hause befindliche Person wird auf die Pritsche des Lastwagens gestoßen, obwohl bei den russischen Soldaten auch ein Dorfbewohner ist, den Leeve kennt und der Leeve kennt und weiß, dass sie nicht zu Kiisas Familie gehört, warum sagt er nichts? Auf der Pritsche des Lastwagens hält Kiisa immer noch denselben Löffel in der Hand, mit dem sie vor einer halben Stunde ihren Tee umgerührt hat, und sie hat nicht daran gedacht, ihren Mantel anzuziehen, und Osvald hat sie nicht darauf aufmerksam gemacht. Die Bibel mitzunehmen wagte Osvald nicht, das war ihm klar, eine Tasche oder einen Koffer fand er nicht, er nahm einen Kopfkissenbezug, steckte ein Stück Käse hinein und schaute sich dann um, im ersten Schrank waren Kiisas Lackschuhe mit den hohen Absätzen, die steckte er in den Kissenbezug, Seife und eine Brille, was noch, was noch, was noch, in seinem Kopf hatte es nur gehämmert, was noch, und er hatte nicht gewusst, was noch.
    Leeve schämt

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