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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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auf. Er brauchte sich nicht einmal vorzubeugen, um eine gute Übertragung zu gewährleisten. Im Gegenteil. Er lehnte sich sogar in seinem schweren Ledersessel zurück und verschränkte beide Hände hinter dem Kopf, während es in der Leitung knackte.
    „Dobrynin?", dröhnte es aus dem Lautsprecher. „Sind Sie da?" Die Stimme des Oberst klang seltsam gepresst, als würde er ein schweres Gewicht stemmen.
    „Was gibt's denn, mein lieber Pynsenyk?", fragte der Professor in süffisantem Ton. „Meine Sekretärin klang ganz erschrocken. Ich hoffe, Sie haben nicht wieder herumgebrüllt, nur weil es Ihnen nicht schnell genug ging. Meine Leute arbeiten zwar im Auftrag der Regierung, aber es sind Zivilisten. Bei uns herrscht ein angenehmerer Umgangston, als in Ihren Reihen."
    „Was ist denn da schon wieder für eine verdammte Schweinerei im Gange?", platzte der Offizier mitten in seinen letzten Satz hinein. „In der Stillen Stadt ist ein Reisebus spurlos verschwunden, praktisch vor den Augen meiner Männer."
    Die Erwähnung von Augenzeugen ließ Dobrynin im Sessel auffahren. Seine selbstgefällige Attitüde wich mit einem Schlag. Tiefe Falten furchten die zuvor glatte Stirn.
    „Ihre Soldaten haben mit angesehen, was passiert ist?", fragte er laut. „Was hatte die Einheit in den Ruinen zu suchen?"
    „Es handelt sich um eine Mi-24-Besatzung", antwortete der Oberst ärgerlich. „Sie befand sich auf einem regulären Patrouillenflug, einige Kilometer von der Stillen Stadt entfernt, als ein Leuchten über dem Rathausplatz aufstieg."
    O. O. Dobrynin entspannte sich wieder.
    „Es gibt also keine unmittelbaren Zeugen der ... Entführung!" beugte sich am Ende des Satzes vor und betonte das Wort Entführung, als wollte er es dem Oberst auf suggestive Weise einflüstern.
    Der Gesprächsfluss des Offiziers geriet prompt ins Stocken. Sekundenlang war nur noch das Grundrauschen der Verbindung zu hören, dann ein kurzer Schmerzlaut.
    Dobrynin grinste zufrieden.
    Gleich darauf redete der Oberst weiter. Seine Stimme klang allerdings von nun an belegt, als leide er unter einer verstopften Nase.
    „Sie haben Recht, es gibt keine unmittelbaren Zeugen", erwiderte er monoton. „Alles ist sehr mysteriös. Es muss sich um eine Entführung handeln."
    „Dabei ist von einem terroristischen Hintergrund auszugehen", spann Dobrynin den Faden weiter. „Ein Zusammenhang mit dem Kraftwerk ist auf jeden Fall auszuschließen, da sind wir uns doch wohl einig?"
    „Ja, selbstverständlich." Oberst Pynsenyks Stimme klang gequält. „Ich bin ganz Ihrer Meinung, Herr Professor."
    „Freut mich zu hören." Dobrynin lehnte sich wieder zurück. „Im Übrigen vertraue ich voll und ganz auf Ihr waches Auge und Ihre Diskretion, Herr Oberst. Schließlich nutzt es niemandem, wenn die Anlage in Misskredit gerät. Weder uns beiden, noch der ganzen Nation. Richtig?"
    „Vollkommen richtig", bestätigte Oberst Pynsenyk energisch, aber immer noch leicht nasal. „Doch was ist mit dem Jungen, der gefunden wurde? Dem deutschen Touristen?"
    Dobrynin hob unbewusst die Augenbrauen. „Ihre Männer haben jemanden aufgegriffen, der zur Reisegruppe gehört? In welchem Zustand?"
    „Völlig orientierungslos und mit kaum einem Fetzen Kleidung am Leib. Es war kein vernünftiges Wort aus ihm herauszukriegen, deshalb hat ihn die Helikopter-Besatzung ins Nordwestkrankenhaus gebracht."
    „Das klingt ja interessant." Dobrynin strich über sein spitzes Kinn.
    „Die Aussagen des Jungen könnten zu einem Sicherheitsrisiko werden", fuhr der Oberst fort. „Vielleicht sollten wir ..."
    „Nein", fuhr Dobrynin dazwischen, denn er ahnte, worauf der Vorschlag hinauslaufen würde. „Dem Jungen wird kein Haar gekrümmt. Es ist gut, dass er in ein ziviles Krankenhaus gebracht wurde. Damit sind Sie aus dem Schneider, Oberst. Lassen Sie nur alles andere meine Sorge sein. Der Junge befindet sich in bester Obhut."
    Obwohl der Mediziner keine offizielle Befehlsgewalt über das ukrainische Militär besaß, fügte sich Oberst Pynsenyk seinen Anordnungen widerspruchslos.
    Dobrynin beendete die Unterredung mit einem Knopfdruck. Danach saß er lange Zeit schweigend da und strich sich weiter durchs Gesicht.
    „Nahe am Epizentrum, aber weit genug entfernt, um nicht selbst erfasst zu werden", dachte er laut nach. „Das klingt wirklich mehr als interessant."

4.
    SPERRGEBIET TSCHERNOBYL, GEFAHRENZONE 1
    16. Juli 2004, 16:43 Uhr (Z + 6 Stunden und 11 Minuten)
    Armee und Polizei hatten schnell

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