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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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die Umstände vergessen, unter denen sie in sein Gedächtnis gepflanzt worden war.
    Posthypnose! , wisperte etwas im hintersten Winkel seines Unterbewusstseins, jedoch ohne die geringste Chance, Gehör zu finden.
    Der Ruf ging hinaus.
    Einmal, zweimal, dreimal - doch auf der Gegenseite nahm niemand ab. Während er dem lang gezogenen Rufton lauschte, begann sich seine Anspannung zu lösen. Es entstand ein Moment der Besinnung, der erste, seit ihn Dobrynins Anruf in Aufruhr versetzt hatte.
    Der arme Junge, durchfuhr es Juschtschenko, in einem Augenblick völliger Klarheit. Reicht es denn nicht, was ihm und den Seinen angetan wurde?
    Dobrynins Befehle erschienen dem Chefarzt auf einmal völlig widersinnig. Was für Ziele verfolgte der Verrückte eigentlich? Einen ganzen Bus voller Menschen zu Testzwecken zu nutzen, war das nicht unmenschlich?
    Das durfte er einfach nicht unterstützen! Schon gar nicht als Arzt, der den hippokratischen Eid abgelegt hatte!
    Im gleichen Moment, da sich Juschtschenkos Gedanken zum Widerstand formierten, zuckte ein heißer Stich von seiner Fußsohle bis zur Hirnschale. Seine Muskeln verkrampften bis in die letzte Faser. Er war plötzlich völlig gelähmt, konnte nicht einmal mehr zittern.
    Ein Gefühl der Beklemmung umschloss ihn von allen Seiten, hauteng und allumfassend. Der Durchmesser seiner Adern und Venen begann zu schrumpfen, doch die Menge des zirkulierenden Blutes blieb gleich.
    Der Druck in Juschtschenkos Innerem begann zu wachsen, bis er ein Brennen im linken Nasenflügel spürte.
    „Vorzimmer Professor Dobrynin", klang es aus dem Hörer.
    Etwas Warmes, Klebriges rann über seine Lippen und tropfte schließlich vom Kinn. Juschtschenko schmeckte Eisen, bevor er wie von selbst antwortete: „Den Professor bitte. Es ist eilig."
    Die Lähmung wich genauso rasch, wie sie gekommen war, ohne dass er auch nur einen Gedanken an die Wandlung verschwendete. Gedankenverloren tastete er nach einem Taschentuch, um sich das Blut vom Gesicht zu wischen. Juschtschenkos Widerstand musste nicht einmal gebrochen werden, er verschwand einfach.
    „Professor Dobrynin."
    Juschtschenko hielt sich nicht lange mit Grußworten auf, sondern berichtete rasch und präzise, was vorgefallen war. Er schloss mit der Diagnose: „Der stärkste Ausbruch unkontrollierter PSI-Kräfte, der meines Wissens je protokolliert wurde. Der Junge muss ein enormes Talent sein."
    „Neunundachtzig Hertz, sagen Sie?", fragte die Gegenseite. „Das klingt interessant, wenn auch nicht unbedingt nach einem Riesentalent. Warten wir mal ab, wie sich der Bursche entwickelt. Halten Sie mich bitte weiterhin auf dem Laufenden, damit ich notfalls rasch eine Entscheidung fällen kann."
    Dobrynins Bitten waren für Juschtschenko Befehl.
    „Ist es nicht zu unsicher, den Jungen bei uns zu behalten?", wagte er dennoch zu fragen.
    „Wenn er zu gebrauchen ist, kommt er schon von alleine zu uns", antwortete Dobrynin und beendete damit das Gespräch.
    Juschtschenko legte ebenfalls auf, nahm ein weiteres Papiertaschentuch und ging zu einem alten Keramikwaschenbecken an der rückwärtigen Wand, um sich zu säubern. Spätestens als er den blutigen Zellstoff in den Abfallkorb warf, hätte er einem zufälligen Zeugen des Telefonats nicht mehr sagen können, worüber gerade gesprochen worden war, geschweige denn, sich noch daran erinnert, dass er die Telefonnummer eines gewissen Professor O. O. Dobrynin eingetippt hatte - oder überhaupt kannte.

7.
    KRANKENZIMMER VON DAVID ROTHE
    NORDWESTKRANKENHAUS 18. Juli 2004, 15:34 Uhr
    Auf der neurologischen Station war das Rauchen streng verboten, deshalb stand Alexander nahe des gekippten Fensters und blies den Rauch so gut es ging ins Freie. Ein Blick auf die gelben Nikotinverfärbungen an seinen Fingern stimmte ihn nachdenklich, wenn auch längst nicht nachdenklich genug, um nicht gleich darauf einen weiteren Zug zu nehmen.
    Während der Rauch in seine Lungen strömte, spähte er vorsichtig zwischen den ausgeleierten Jalousien hindurch. Draußen waren Pynsenyks Schergen gerade damit beschäftigt, hohe Stellwände vor den Zäunen aufzubauen, um den internationalen Kamerateams die Sicht zu nehmen. Ab und an ist der alte Kommisskopf also doch zu etwas nützlich, dachte Marinin. Fehlte nämlich gerade noch, dass ihn seine Frau mit einer Zigarette erwischte, wenn sie durch die Nachrichtensendungen zappte.
    Die Geräte, die den Zustand des Jungen seit seiner Einlieferung überwacht hatten, standen inzwischen

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