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S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 03 - Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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den sie zweifellos gehörten, und hatte sicherlich ein gutes Geschäft damit gemacht, sie hierher zu transportieren. Vielleicht sogar der Hüne hinter der Theke, der gerade vorgab, zwei tropfnasse Gläser mit einem schmutzigen Tuch trocken zu reiben.
    Obwohl an der Decke genügend Neonröhren hingen, um auch den letzten grauen Betonwinkel in ein kaltes, unpersönliches Licht zu tauchen, standen leere, mit Wachs überzogene Glasflaschen auf den Tischen. In jeder verfügbaren Öffnung steckte eine erloschene Kerze, die mindestens zwei Fingerbreit oder höher emporragte. Falls der Generator ausfiel, der diesen Bau mit Strom versorgte, konnten die Gäste binnen kürzester Zeit bei Kerzenlicht weiterzechen.
    Die meisten der Anwesenden hoben nur kurz den Kopf, um die beiden Neuankömmlinge flüchtig zu mustern und als ungefährlich einzustufen. Das 100 Rad war ein Ort der Entspannung, an dem alle Feindseligkeiten ruhten. Wer gegen diese Regel verstieß, handelte sich rasch mehr Ärger ein, als er selbst verbreiten konnte.
    David war das nur recht. Trotzdem traute er keinem der hier Versammelten weiter, als sich ein aus der Nase gezogener Popel mit dem Finger fortschnippen ließ. Keinem ― bis auf den Einzigen, der trotz des fehlenden Tageslichts eine Sonnenbrille trug und gerade die rechte Hand hob, um auf sich aufmerksam zu machen.
    David stieß den Major mit dem Ellenbogen an.
    „ Igel”, sagte er halblaut und deutete mit einer Kopfbewegung in die Richtung des bekannten Gesichts.
    Marinin ließ die Umgebung keine Sekunde aus den Augen, nickte aber zum Zeichen des Verstehens. „Auf Anhieb gefunden, soviel Glück gibt es nur selten. Besonders hier in der Zone." Er klang seltsam unzufrieden, setzte sich aber mit David in Bewegung.
    Igel saß ganz alleine in einer kleinen, durch Sperrholzwände abgetrennten Nische, obwohl es sonst überall an freien Plätzen mangelte.
    Auf dem Weg zu ihm passierten sie einen Mann mit einem kahl rasierten Schädel. Eine kreisrunde Stelle im Durchmesser einer Rubelmünze, von der ein dünn geflochtener, bis in den Nacken fallender Zopf ausging, war alles, was er stehen gelassen hatte. Zwei vergoldete Ohrringe, so groß, dass sie beinahe die Schulter berührten, vervollständigten das orientalische Aussehen, das an einen Hollywood-B-Film zum Thema Tausendundeine Nacht erinnerte. Jemand, der so herumlief, wurde in der Regel Sindbad oder Dschingis Khan genannt. Dafür, dass dieser Mann davon verschont blieb, sorgten vermutlich die beiden Pitbull-Terrier zu seinen Füßen.
    Obwohl David und Alexander gebührenden Abstand hielten, fühlten sich die Tiere von ihren Bewegungen provoziert. Knurrend sprangen sie auf, spannten ihre Muskeln an und fixierten die Neuankömmlinge mit funkelnden Blicken.
    Weder David noch der Major zuckten zusammen oder zeigten ein anderes Zeichen von sichtbarem Erschrecken. Das hätte die Kampflust der Hunde nur umso mehr angefacht. Bislang zerrten sie auch noch nicht an den Leinen, mit denen sie an einem der Tischbeine festgebunden waren, aber das musste nichts bedeuten. So billig zusammengeschraubt, wie das Mobiliar dieses Schuppens wirkte, hätten sie es ohne Weiteres quer durch den Raum ziehen können.
    „Hey, Khan!", brüllte der Wirt hinter der Theke und widerlegte damit die These, dass der Zopfträger keinen orientalisch angehauchten Spitznamen besaß. „Bring deine Köter zur Ruhe, oder sie fliegen raus. Und du gleich hinterher!"
    Noch während die Drohung von den Wänden widerhallte, holte Khan einen mit Leder umwickelten Knüppel aus der Jacke und zog ihn den beiden Hunden mehrmals über den Rücken. Jaulend gaben sie ihre Drohgebärden auf und verzogen sich so schnell es ging unter den Tisch. Der Geschwindigkeit nach zu urteilen, mit der sie reagierten, wurden sie häufiger geschlagen. Und zwar nicht zu knapp.
    David blieb stehen, um Khan zu fixieren.
    Es gab zwei Gründe, weshalb er keine Pitbulls mochte. Zum einen konnte er die Reaktionen dieser Tiere nur schwer einschätzen, viel schwerer als bei anderen Hunderassen. Zum anderen waren ihm speziell bei Pitbulls schon zu viele Besitzer begegnet, deren dumpfe Verschlagenheit noch deutlich über der Aggressivität der von ihnen gehaltenen Tiere lag.
    Zumindest Khan schien diesem Klischee voll und ganz zu entsprechen.
    Während David noch überlegte, ob er den Mann mit einer unflätigen Bemerkung bedenken sollte, spürte er Marinins Fingerspitzen an seinem Ellbogen. David wusste die Geste sofort zu deuten.

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