S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
verdrossenen Blick zu — zwischen uns war noch eine Rechnung vom letzten Jahr offen. In der Stalker-Bar würde er keinen Streit anfangen, und draußen hatte ich einen gut bewaffneten Trupp. Das schien auch ihm bewusst zu sein, deswegen beließ er es bei dem Blick und widmete sich wieder seinen Nudeln.
Auch gut. Ich mache mir morgen Gedanken darüber, wie ich mit ihm fertig werde. Morgen ist auch noch ein Tag.
An den Bartischen standen auch nur wenige Leute. Neben der Tür ließen sich zwei lehmverschmierte Männer nieder, die keine Clanabzeichen trugen. In jeder anderen Bar hätte das bei den Wachen und Besitzern zu Reaktionen geführt, hier war es allen egal. Jedenfalls solange der Gast nicht vergaß, Vorkasse zu leisten und er keinen Ärger machte.
Ihr Bier in der Hand saßen in der Ecke die in der Militärzone verschollenen Maulwurf und Müller. Ich hob meine Hand zur Begrüßung. Im Saal waren noch an die zehn fremde oder kaum bekannte Stalker aus verfeindeten Clans in Zweier- und Dreiergrüppchen verteilt. Weiter hinten saßen vier vom Clan „Freiheit". Einen von ihnen kannte ich — es war der Grieche. Ein ziemlich unangenehmer Typ,der den Ruf hatte, für eine Handvoll Münzen selbst die schmutzigste Arbeit zu erledigen. Ein paar Mal kreuzten sich unsere Wege, und er vermasselte mir stets das Geschäft.
Doch ich bestrafte ihn jedes Mal prompt und unvergesslich schmerzhaft — zumindest hoffte ich das. Vorigen Monat konnte er nur mit Glück einem Kopfschuss von mir entgehen, und seitdem verkündete er besoffen in jeder Bar, dass er sich an einem freien Wochenende an mir rächen würde.
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ich ihn in den Hinterhof zitiert und ihn mir ein für alle Mal vorgeknöpft, egal womit, Messer oder Feuerwaffe.
Allerdings war ich gerade unabkömmlich, denn ich hatte fünf Nichtsnutze am Hals. Die endgültige Klärung mit dem Griechen verschob sich somit auf unbestimmte Zeit. Sollte er doch an seinem Tischchen über mich lästern, lange würde er ohnehin nicht mehr durch die Zone spazieren.
Ich hatte noch Restalkohol vom Mittagessen beim Doktor im Blut, orderte aber trotzdem für jeden von uns ein Gläschen „Dunklen Stalker". In den Sümpfen herrschte erhöhte Radioaktivität, und dagegen musste man mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen.
Die Getränkeauswahl in der Stalker-Bar war übrigens sehr überschaubar — nur Wodka und zwei Sorten schlechtes Flaschenbier für verdammt viel Geld. Hier trank man aber auch nicht einfach, hier heilte man sich. Es ging nicht um importierte Feinkost. Und es gab auch keine Kellner — man kaufte direkt an der Bar und trug seine Getränke selbst zum Tisch.
„Was machen wir als nächstes?", fragte Stezenko und steckte sich eine Zigarette an. Seine Zigaretten hatten sich in den Sümpfen in flüssigen Schlamm verwandelt, später hatte er sich für zwanzig Dollar irgendeinen hiesigen Mist gekauft. „Wir wollten doch einen Helfer anheuern?"
„Das Wichtigste ist, nicht ungeduldig zu werden", antwortete ich. Ich hatte meine Zigaretten in der obersten Rucksacktasche aufbewahrt, und sie waren heil geblieben. Stezenko hatte aber seinen Stolz und fragte mich nicht nach einer Kippe — und ich wiederum kam nicht auf die Idee, ihm eine anzubieten. „In der Stalker-Bar gehört sich das nicht. Ich habe schon um ein Treffen mit Zecke gebeten, er ist der Boss hier. Ich werde ihm die Situation erklären, und er gibt uns einen von seinen Jungs mit. Mit einem Dunklen unterwegs zu sein ist sogar gut — sie haben ein unglaubliches Gespür. Obwohl sie auch richtige Bastarde sein können ... Danach kaufen wir Munition und brechen auf. Zecke schuldet mir noch einen Gefallen, also dürfte es keine Probleme geben. Aber solange ich noch nicht mit ihm gesprochen habe, ist es besser, sich ruhig zu verhalten. Wenn sie spüren, dass wir unbedingt einen Helfer brauchen, gehen sie mit den Preisen hoch. Entspannt euch, trinkt aus."
„Du hast doch gesagt, Zecke schuldet dir einen Gefallen", sagte Stezenko. „Warum sollten dann die Preise hochgehen?"
„Das Gefühl der Dankbarkeit und die Preise für Dienste hängen bei den Dunklen nicht voneinander ab", erklärte ich. „Es ist generell ratsam, hier auf der Hut zu sein und nicht zu viel zu reden."
Wir tranken aus und aßen Heringe mit Schwarzbrot. Es hätte mich nicht gewundert, wenn die Dunklen den Konservenhering auch aus den Vorräten der Militärzone hierher importierten.
„Ich wollte dich schon lange
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