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S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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verbarrikadieren.
    Die Touristen rannten an mir vorbei in die nächste Etage. Ich lief hinterher und schaute noch einmal nach unten. Zwischen den Stockwerken sah ich den Schatten des Blutsaugers. Er hatte es nicht eilig.
    Wir gelangten aufs Dach. Von hier aus konnten wir tatsächlich nirgendwohin. Ich hielt mich an der niedrigen Brüstung fest und beugte mich nach unten. Bis zum Boden waren es fünfzehn Meter, wenn nicht noch mehr.
    Industrieventilatoren versteckten sich in Blechgehäusen. Die riesigen Ventilatorblätter bewegten sich träge und quietschend im Herbstwind. An einer der Wände hatte irgendwann eine Leiter gehangen, die aber von Rosthaar angefressen worden und unter ihrem eigenen Gewicht zusammengebrochen war. Sie war auf dem Asphalt zerschellt und inzwischen zu braunem Staub zerfallen. Auf dem Dach lag, sowie überall in den höheren Gefilden der Zone, jede Menge Haushaltsmüll. Und hier befanden sich noch dazu Leichen. Jede Menge Leichen. Sie lagen überall verstreut— bis zum letzten Tropfen ausgesaugte Körper in Tarnjacken mit Binden in den jeweiligen Clanfarben.
    Amen, Jungs. Offenbar hatte uns Stronglaw von Anfang an hierher getrieben. Unwahrscheinlich, dass sich seine Höhle hier befand — zu feucht und windig —, aber zumindest seine Kantine mochte es sein.
    Ein heiseres Husten kam von der Treppe. Anscheinend war außer uns noch jemand auf dem Dach am Leben.
    „Helft mir, Jungs ...", sagte ein verwundeter Stalker heiser und hob den Kopf. Er lag zwischen der Brüstung und einer Vertiefung im Dach. Ich war, ohne es zu merken, über ihn gestiegen, als ich vom Dach herunterschaute.
    „Wir können uns selbst nicht helfen", sagte ich mürrisch, schaute durch die Luke und sah, wie der Blutsauger langsam zu uns heraufstieg. Die Stufen der Betontreppe waren für menschliche Füße gedacht und nicht für die riesigen Pranken eines Blutsaugers mit seinen auseinanderstehenden schiefen Krallen. Deswegen musste er sehr vorsichtig laufen, praktisch auf den Zehenspitzen, um nicht rückwärts umzufallen.
    „Hemul?", wunderte sich der Verwundete und hustete. Es war einer aus dem Clan „Jüngster Tag", der bei Agroprom verschwand. Ich kannte ihn kaum, aber einmal hatten wir einen gemeinsamen Einsatz. „Verdammt, ich seh dich nicht ..."
    Es gab nichts, womit er hätte sehen können. Er hatte keine Augen mehr, die Hälfte seines Gesichtes fehlte. Offenbar schlug der Blutsauger erbarmungslos mit seiner Pranke zu.
    Und der Junge hatte auch keine Beine mehr, auf denen er hätte gehen können. Die Beine waren zwar noch da, aber sie standen in einem unnatürlichen Winkel vom Körper ab, gebrochen und zerquetscht.
    Auf diese Weise horteten alte, schlaue Blutsauger ihr Futter: Sie brachen den Menschen die Beine, rissen ihnen die Augen heraus und deponierten sie in ihrer Höhle. Das Futter konnte nicht fliehen, und das Monster hatte stets einen Vorrat an Frischfleisch. Selbst wenn das Opfer weg kroch, die Treppe fand und sich hinunterfallen ließ, holte der Blutsauger es schnell wieder ein und schaffte es zurück.
    Stronglaw perfektionierte diese allgemein übliche Vorgehensweise, indem er den Jungen in der Halle aufgespießt hatte.
    „Bleib liegen", ordnete ich ruhig an und rüttelte verzweifelt an dem riesigen Ventilatorblatt, das ihn durchbohrte. Es ging nicht ab.„Bleib ruhig. Bald kommt ein Hubschrauber."
    „Gib mir wenigstens eine Kippe", sagte der Stalker und hustete wieder los.
    „Ruhe", zischte ich. „Der Blutsauger ist in der Nähe."
    Der braune Glatzkopf kam aus der Öffnung im Dach; gespreizte Octopusfühler bewegten sich leicht um ihn herum. Ein wunderbarer Moment, um das Biest mit einem Gewehr zu erledigen und dieses Kapitel zu beenden ...
    Jetzt nur nicht melancholisch werden.
    Man konnte natürlich versuchen, ihn mit Stiefeln hinunterzutreten, da er nicht sehr sicher auf der Treppe stand. Aber das würde ihm nicht sonderlich schaden, und er würde unsichtbar wieder zurückkommen.Und als Erstes würde er uns dann die Beine rausreißen — aus Rache.
    Die Jagdgesellschaft spürte den eisigen Todeshauch und verteilte sich über das ganze Dach. Meine Begleiter stolperten so lange rückwärts, bis sie mit dem Steißbein an die jeweilige Dachabgrenzung stießen.
    Der Blutsauger war bereits zur Hälfte aus der Öffnung heraus, als mein Hirn noch alle möglichen Varianten durchspielte und die eisige Nadel mitten im Schädel ignorierte. Ein Gedanke kam mir in den Sinn, und ich hielt ihn in meinem

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