S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
verheilt aus — die Regenerationszeit des Mutanten war enorm kurz.
Der Brustkorb des Wesens hob sich unter den kurzen Atemzügen. Stronglaw schaute mich einige Augenblicke lang böse an und schloss dann die Augen, während er seltsame Geräusche von sich gab. Es ging ihm wohl doch nicht so gut.
Ich warf den nächsten Bolzen Richtung Tor, ohne den zuckenden Blutsauger aus den Augen zu lassen.
„Andrej, los. Langsam, keine plötzlichen Bewegungen."
Die restlichen Touristen zogen langsam nach, und Stezenko, der nur mit enormer Anstrengung den Blick von dem verletzten Blutsauger wenden konnte, lief zum Tor.
Wir waren schon beim Eingang, als wir das traurige Winseln des Blutsaugers hörten. Stronglaw verfolgte uns nicht. Entweder war er noch zu schwach, oder er hatte unsere Fähigkeiten und unseren Siegeswillen schätzen gelernt und sich entschieden, uns laufen zu lassen. Die Dunklen ließen ihn sowieso nie ohne Futter.
Die Torflügel auf der anderen Seite standen weit offen. Wozu sie auch schließen? Ein Stalker lief hier nicht zufällig vorbei, und wenn doch — herzlich willkommen.
Stronglaw verließ sein Jagdgebiet, in dem ständig Nachschub an Essbarem auftauchte, auch nicht.
Wir verließen den Grund und Boden der Rostok-Fabrik. Der entstellte Stronglaw, der irre Clan der Dunklen und der Griechen mit seiner Gruppe blieben hinter uns zurück.
14.
DER CHIMER
Nein, es war noch nicht vorbei. Hinter uns lag nur die erste Etappe der Großen Folter. Jetzt mussten wir etwas nicht weniger Gefährliches und Schwieriges meistern: nämlich zum nächsten Stützpunkt unseres Clans gelangen.
Es war das erste Mal, dass ich ohne Waffen und Ausrüstung in der Zone unterwegs war, ein so eigenartiges Gefühl, als stünde ich nackt an der Stripteasestange der Schti-Bar.
Für Fälle wie diesen existierten in der Zone mehrere Stützpunkte unseres Clans, über die nur die Veteranen Bescheid wussten. Dort gab es alles Notwendige: Waffen, Detektoren, Munition, Wasser, Nahrung und die Insignien unseres Clans.
Aber zum nächstgelegenen Stützpunkt mussten wir erst einmal kommen, und momentan stellten nicht die Anomalien, sondern die mutierten Biester die größte Schwierigkeit für uns dar. Gegenwärtig waren wir ein wandelnder Fleischvorrat, der leicht zu besiegen war. Sogar Blinde Hunde oder Pseudowesen konnten uns in Gehacktes verwandeln. Es war schwierig, mit bloßen Händen gegen die Zonenbiester zu kämpfen, geschweige denn gegen stärkere Mutanten. Der erstbeste Kontrolleur würde uns sofort seinem Clan einverleiben, der erste Blutsauger uns mit links erwürgen.
Natürlich hätten wir eine Runde drehen und die Ausrüstung in der Stalker-Bar abholen können — die Dunklen ließen diejenigen in Ruhe, die die Große Folter überstanden. Allerdings war es zum einen ein beschwerlicher Weg zur Stalker-Bar, auch wenn er kürzer war, und zum anderen wollte ich nicht der Bande des Griechen auf dem Hof vor der Bar begegnen. Das würde sonst lustig werden — oder auch nicht. Kam auf die Warte an, von der aus man es betrachtete.
Der Weg, der vom westlichen Torbereich der Rostok-Fabrik wegführte, verlief durch eine Senke. Sie war von beiden Seiten von hohen, lehmigen Hügel eingesäumt und einen halben Kilometer lang. Mir gefiel diese Strecke nicht, da man auf ihr weder nach rechts noch nach links abbiegen konnte. Kein Stalker bei Verstand wählte eine ausweglose Variante.
Allerdings hatten wir keine Wahl, es gab keine Alternative.
Bevor wir weiterliefen, lobte und ermunterte ich kurz meine Jäger; ich verwendete für jeden Einzelnen derbe Sprüche, die ihren Zweck zu erfüllen schienen. Mischa hingegen drückte ich nur stumm die Hand, er war und blieb das Sensibelchen der Gruppe.
Insgesamt aber fingen sie an, sich aneinander zu gewöhnen, lernten gemeinschaftlich zu schuften und trafen, wo erforderlich, auch ungewöhnliche, schnelle Entscheidungen. Auf dem Hallendach hatten sie alle unglaublich gut zusammengearbeitet — und Mischa hatte uns allen das Leben gerettet.
Dann sagte ich: „Camacho als Erster, Gallager bereit halten. Entfernung fünf Schritte. Aufpassen ..."
Zum Glück waren die hiesigen Hunde, die ab und zu aus den Büschen auftauchten, daran gewöhnt, sich vor Zweibeinern in Tarnjacken in Acht zu nehmen — die Dunklen beschossen sie, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot. Und größere Biester trafen wir bisher nicht an.
Aber es war noch ein langer Weg, es konnte noch vieles passieren.
Wir hatten die
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