S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
Hilferuf nicht zu antworten war verpönter, als die Stalker nahe der Grenze auszurauben. So etwas konnten sich nur gewissenlose Schurken — etwa die Mitglieder der „Sünder"oder "Monolithen" — leisten. Der Dunkle Stalker Dima Schuchow bestrafte die Herumtreiber zwangsläufig für solch schnödes Verhalten.
„Was denkst du?", fragte He-He.
„Was soll ich denken?", erwiderte ich. „Wir müssen hin. Meine Herrschaften, wir sind gezwungen, eine kleine Rettungsaktion durchzuführen. Dort drüben, hinter dem Stacheldraht, braucht jemand dringend unsere Hilfe. Sicherlich ist das ein zusätzliches Risiko, deswegen bestehe ich nicht darauf, dass Sie mitkommen. Aber es wäre mir leichter ums Herz, wenn ich wüsste, dass ich sieben Schützen unter meinem Kommando habe."
„Mist!" In Stezenkos Stimme klang Enttäuschung durch. „Hemul, gibt es keine Möglichkeit, diesem Jemand eine Rettungsmannschaft zu schicken, irgendeine?"
„Wer bleibt noch hier?", fragte ich trocken.
„Ich gehe mit euch, Hem", sagte Martin Donahugh. „Wir sind hier schließlich auf Adrenalinjagd und nicht auf einer Exkursion, oder?" „Martin", sagte Stezenko mit eisiger Stimme.
„Andrej?" Der Angesprochene hob seine Brauen.
„Zu viel Risiko gibt es nicht", stimmte Camacho seinem Boss zu. „Was kann es dort, hinter dem Stacheldraht, schon so Gefährliches geben?"
„Alles Mögliche", versetzte ich trocken.
Sam Gallager ließ über Mischa ausrichten, dass er Martin bis zum Jüngsten Gericht folgen würde.
Mischa selbst grinste und zuckte die Schultern. „Na ja, was soll's. Ist schon irgendwie cool."
Offensichtlich hatte der Kampf gegen die Hunde bei ihm so etwas wie Abenteuerlust geweckt.
Letztendlich blieben wir alle zusammen und marschierten los. Ich bestand darauf, dass alle die Helme aufsetzten, die bisher an den Rucksäcken baumelten.
Wir gelangten durch das geöffnete Tor ins Lager und verteilten uns vorsichtig auf dem Gelände. Hier hörte man den Alarmton noch lauter. Er drang aus den geöffneten Türen eines Laboratoriums und ging einem schnell auf die Nerven.
„Hemul, hier ist eine Leiche!", meldete Pustelga.
„Und was dachtest du hier zu finden?", murmelte ich gereizt. „Einen Plüschteddy?"
Ich näherte mich dem Opfer. Der Kopflose lag auf einer Türschwelle. Es handelte sich um einen Wissenschaftler im Schutzanzug. Unter seinem Torso breitete sich eine riesige Blutlache aus; der Lebenssaft war noch ganz frisch. Irgendjemand hatte den Wissenschaftler enthauptet, als dieser die Alarmglocke hörte und herausrennen wollte.
„Das war das Werk eines Mutanten", sagte He-He. Er kniete nieder und betrachtete die Stelle, wo einmal der Kopf gesessen hatte. „Und hier sind seine Spuren."
Auf dem vom unablässigen Regen aufgeweichten Boden sah man deutlich schmale, tiefe Rinnen, als hätte jemand eine Hacke ins Erdreich gerammt. Wer auch immer unser „Freund" war, der für so viel Unruhe im Wissenschaftslager gesorgt hatte, er bewegte sich wie Pseudowesen auf allen Vieren, und an seinen Füßen hatte er scharfe Knochenknorpel, dreimal so groß wie üblicherweise.
Nun blieb nur noch, herauszufinden, wo er hergekommen und wohin er wieder verschwunden war — im Stacheldraht gab es keine Hinweise auf Zerstörung. Wenn es sie gegeben hätte — irgendwo —,hätte längst eine Sirene losgeheult.
„Das Werk von Pseudowesen?”, fragte ich.
„Ja", stimmte He-He mir zu. „Scheint nur etwas zu groß zu sein. Solche Viecher gibt's doch gar nicht. He-he! Ich kapier das verdammt noch mal nicht."
Wenn ein Stalker irgendetwas „verdammt noch mal" nicht kapierte, konnte man davon ausgehen, dass Ärger nicht weit war.
Ich kniff meine Augen zusammen und betrachtete die Häuschen des Laboratoriums. In einem jammerte immer noch die Sirene, aus einem anderen erklang ein anderer Alarmton.
„Los!", befahl ich. „Langsam und vorsichtig!"
Wir liefen um einen Armeewagen herum, und unseren Augen bot sich ein Schlachtfeld.
Hauptsächlich waren hier Kriegsstalker zugange gewesen. Offenbar waren sie hierher geeilt, als sie die Alarmglocke hörten. Allerdings waren sie noch nicht einmal dazu gekommen, ihre Waffen zuziehen. Oder sie hatten es noch geschafft, ohne dass es ihnen das Geringste nützte. Ich entdeckte keine Überreste von Mutanten auf dem mit Leichen übersäten Platz. Möglicherweise hatten ihre Artgenossen sie aber auch schon aufgefressen.
Die Kreaturen hatten offenbar keine Zeit verloren. Das, was sie mit den Menschen
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