S.T.A.L.K.E.R. 04 - Zone der Verdammten
liefen in U-Formation auf die Türen des Hauses zu. Wiederum meldete der Detektor Radioaktivität, und ich dachte besorgt daran,dass Nostandard sich womöglich eine heftige Ladung Strahlung in seinem Labor eingefangen hatte.
Ich stellte mich an die Wand in der Nähe der Tür und schob den Gewehrlauf durch den Spalt. Niemand im Raum reagierte darauf.
„Hey, Nostandard!", rief ich.
„Be... Beresin!", tönte es kaum verständlich von drinnen. Der Alarmton verstummte wieder.
Ich machte einen Schritt vorwärts und hatte dabei das höchst ungute Gefühl, dass die Falle längst zugeschnappt war. Mit einem Blick überflog ich den Raum.
Offenbar die Kantine. Mehrere Tischreihen mit jeweils vier Stühlen. Eine lange Metalltheke für die Essensausgabe, ein Fenster für die Geschirrrückgabe an der gegenüberliegenden Wand, über dem Fenster eine große elektronische Uhr. Braune, zwanzig Kilo schwere Kartoffel- und rote Rübensäcke lagen auf einem Haufen in der Ecke.An der Wand hing irgendeine Dokumentation.
Drei starre Körper lagen auf dem Boden. Überall war Blut.
Nostandard saß an einem Tisch gegenüber dem Eingang und sah mich unverwandt an. Aus seinem Mund hing ein Blutklumpen. Leichenblässe lag über dem Gesicht des Wissenschaftlers. Die riesige dreieckige Wunde in der Brust zeugte davon, dass ihn jemand mit etwas sehr Großem und Spitzem an den Stuhl genagelt hatte. Unter dem Stuhl befand sich eine gewaltige Blutlache.
„Beresin!", ertönte es kaum hörbar aus der Ecke.
Der „Kartoffelhaufen" in der Ecke bewegte sich, und nun wurde mir klar, dass es sich um ein Lebewesen handelte.
Wahrscheinlich ein Pseudowesen, das schrecklichste Geschöpf der Zone. Es erinnerte an eine halb durchscheinende Kreuzung zwischen einem Bär, einer Spinne und einem Krebs. Vier drahtige und an den Enden spitze Krebsfühler trugen die schwere braune Masse und den hässlichen Kopf. Der Schädel sah aus wie der eines Menschen, nur dass er mit den Materialresten einer Lederfabrik überzogen zu sein schien und anhand der Skizzen eines wahnsinnigen Künstlers angefertigt worden sein musste. Ein feuchtes dreieckiges Loch anstelle einer Nase und schiefe Augenlöcher unterschiedlicher Größe, darin Glupschaugen, die zu groß für die Höhlen waren und herausquollen. Sie konnten sich unabhängig voneinander bewegen. Die Stirn war mit Beulen übersät, ein faltiges Maul murmelte etwas Zusammenhangloses; aus ihm tropfte unablässig giftiger Schaum.
Von allen Zonenmutanten ähnelten die Pseudowesen am meisten den Ausgeburten der Hölle, allerdings konnte man sie im Gegensatz zu vielen anderen Zonenmutanten relativ leicht erledigen.
Sie waren schwach, feige und ertrugen keine Schmerzen. Kugeln wichen sie panisch aus, und wenn sie welche abbekamen, ergriffen sie, obwohl ihnen das Blei eigentlich nichts anhaben konnte — panisch die Flucht.
In der Hauptsache ernährte sich das Pseudowesen von Aas oder von verwundeten Menschen und Mutanten. Allerdings hatte es einige tödliche Tricks drauf. Zum Beispiel versteckte es sich mit Vorliebe in Gebüschen und griff aus dem Hinterhalt an, indem es einem Menschen seine spitzen Fühler in die Nieren stieß.
Für Stalker war diese Kreatur, die in der Lage war, die Farbe ihres Fells der Umgebung anzupassen, eine permanente Gefahr. Darüber hinaus konnte ein Pseudowesen auch sehr geduldig sein und einen verwundeten Stalker über Kilometer hinweg verfolgen. Es griff erst an, wenn er bewusstlos zusammenbrach oder einfach nicht mehr weiter konnte.
Die Wissenschaftler stritten sich immer noch darüber, welches mutierte Tier die Grundlage für diese Kreatur lieferte — Schwein oder Schaf. Manche nahmen an, dass es eine komplett neue Gattung war, die durch die Lücke zwischen den Ebenen zu uns gekommen war.
Aber solange das Loch zwischen den Welten nur Legendenstatus hatte, wurde die dritte Version nicht wirklich ernst genommen.
„Be... Beresin!", blökte das Pseudowesen in seiner Ecke und drehte sich. „Murlinap! Die zweite Kamera!"
Das entstellte linke Auge drehte sich einmal um die eigene Achse und starrte mich an.
Ein Pseudowesen von solchen Ausmaßen sah ich zum ersten Mal. Es übertraf seine größten mir bekannten Artgenossen um das Zwei-bis Dreifache. Das Geschöpf lag mit angezogenen Beinen in der Ecke und hielt einen Zylinder aus schwarzem Material fest. Das nervöse Knattern meines PDAs machte mir klar, dass es sich um einen Behälter handelte, der aus dem Käfig gerissen worden war. Die
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