Star Trek - New Frontier 01 - Kartenhaus
noch neben ihr stand, blickte sie verblüfft an – so weit er zu einer verblüfften Reaktion imstande war. »Was machen Sie da?«
»Falls er beabsichtigt, uns mit den Händen anzugreifen …«
Diese Antwort löste bei Si Cwan einen Lachanfall aus. »Auch wenn ein kleines Kräftemessen durchaus verlockend klingt, so halte ich es doch für reichlich überflüssig.« Dann zeigte er nach links. »Gehen Sie!«
Soleta neigte leicht den Kopf zur Seite. »Wie bitte?«
»Gehen Sie. Verschwinden Sie. Meines Wissens ist der Weg frei. Machen Sie sich aus dem Staub.« Er hielt inne und fügte mit kaum verhohlener Belustigung hinzu: »Es sei denn, Sie bestehen darauf, dass ich versuche, Sie aufzuhalten.«
»Das wäre völlig unnötig«, sagte Spock schnell. Er legte eine Hand auf Soletas Schulter und führte sie dann an Si Cwan vorbei, der mit verschränkten Armen zur Seite trat.
Als sie weiter durch den Korridor gingen, rief er sie noch einmal. »Warten Sie!« Sie drehten sich um, woraufhin Si Cwan seinen Umhang abnahm und ihn Soleta zuwarf. Sie fing ihn instinktiv auf und betrachtete zunächst das Kleidungsstück und dann den Mann verständnislos. Er deutete mit einer Geste an, dass sie den Umhang umlegen und ihn sich wie eine Kapuze über den Kopf ziehen sollte. »Das wird Ihre Abreise erleichtern.«
Soleta konnte ihre Neugier nicht im Zaum halten. »Warum?«, wollte sie von ihm wissen. »Warum helfen Sie uns?«
Er lächelte. »Typisch Wissenschaftler! Sie können nichts als selbstverständlich hinnehmen, Sie wollen für alles eine Erklärung haben, selbst für eine glückliche Fügung.« Er rieb sich nachdenklich das Kinn. »Es wird den Kanzler ärgern. Das ist mein Beweggrund. Ich hoffe, das genügt. Jetzt gehen Sie … bevor ich es mir anders überlege.«
Sie warteten nicht ab, ob er es tat. Nach wenigen Minuten befanden sie sich außerhalb des Palastes. Die Handvoll Wachleute, an denen sie vorbeikamen, machten keinen Versuch, sie aufzuhalten. Möglicherweise erkannten sie in ihnen einfach keine entflohenen Gefangenen. Andererseits war es natürlich denkbar, dass Si Cwan ihnen auf irgendeine Weise den Weg frei gemacht hatte. Spock und Soleta verspürten jedenfalls keine Neigung, den Verlauf der Ereignisse infrage stellen zu wollen.
Sie bewegten sich mit schnellen Schritten weiter, bis sie eine sichere Distanz zwischen sich und den Palast gebracht hatten. Schließlich ging Spock ein klein wenig langsamer. »Das war eine überraschende Wendung«, sagte Soleta zu ihm.
»Als ich noch in Captain Kirks ‚Besitz‘ war, entwickelten sich derartige überraschende Wendungen zu einer gewissen Routine.«
Sie zuckte leicht zusammen. »Es tut mir leid, dass ich …«
»Eine Entschuldigung ist …«
»… unnötig und ohne Belang, ja, ich weiß.« Soleta seufzte. »Wie verlassen wir jetzt diesen Planeten?«
»Ich habe etwas arrangiert. Ein privates Raumschiff, offiziell ein Frachter, der zwischen den Welten des Thallonianischen Imperiums kreuzt. Dieses Transportmittel ist geeignet, um uns an Grenzkontrollen vorbeizuschleusen. Der Captain des Frachters wird uns in Kürze treffen und von der Planetenoberfläche fortbringen.«
Sie drehte sich zu ihm um. »Botschafter Spock … ich möchte Ihnen danken. Ich weiß nicht, ob Dank unter dieselbe Kategorie wie eine Entschuldigung fällt, aber …«
»Es war mir …« Er hielt inne, während er nach dem passenden Ausdruck suchte. »… ein Vergnügen.«
III
Si Cwan stand am Fenster eines hohen Turms und sah ihnen nach. Er hatte außergewöhnlich scharfe Augen, sodass er sie selbst aus dieser Entfernung erkennen konnte.
Schon sehr bald würde man die bewusstlosen Wachen entdecken. Si Cwan empfand ihretwegen kein Mitleid. Wenn sie so nachlässig geworden waren, dass es zwei Gefangenen gelang, sie außer Gefecht zu setzen, dann hatten sie es nicht verdient, bei Bewusstsein zu bleiben. Wahrscheinlich hatten sie es nicht einmal verdient, ihren Posten zu behalten. Er würde ernsthaft darüber nachdenken, ob er sämtliche Wachleute entlassen und durch geeignetere Kräfte ersetzen sollte.
Obwohl er es nur ungern zugab, verspürte er andererseits eine gewisse Mitverantwortung für die Unfähigkeit seiner Wachen, die Gefangenen in Gewahrsam zu halten. Denn wären sie erfolgreich gewesen, hätte Si Cwan sich schließlich nicht das Vergnügen gönnen können, sie gehen zu lassen.
Warum
hatte
er sie gehen lassen? Er wusste es nicht genau. Vielleicht war es wirklich aus dem Grund
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