Star Trek - The Next Generation 6 - Leisner, W: Star Trek - The Next Generation 6
»aber Sie können nicht einfach jahrhundertealte Tabus ignorieren, die praktisch jede zivilisierte Rasse, die jemals in den Weltraum vorgedrungen ist, teilt.«
Gliv warf die Arme in die Luft. »Schön! Ich versuche nur, Ihnen kurzfristige Hilfe anzubieten, um eine langfristige Katastrophe abzuwenden. Aber ignorieren Sie meinen Rat ruhig.«
Der Grazerit blickte ihn einen Moment lang finster an, doch dann trat Sorge auf sein Gesicht. »Gehen Sie wirklich davon aus, dass all diese Leute langfristig hier sein werden?«
Gliv folgte Amsta-Ibers Blick zu den langen Reihen hungriger, heimatloser Leute. »Natürlich hoffe ich, dass diese Leute nur übergangsweise hier sein werden«, sagte Gliv. Andererseits hatte er selbst die letzten achtzehn Monate »übergangsweise« auf Luna verbracht, um dort die über dreihundert Jahre alten Atmosphärenkuppeln zu analysieren und zu reparieren, in denen sich die ersten Siedlungen der Menschen jenseits der Erde befunden hatten. Das war keine sonderlich anspruchsvolle Aufgabe, aber er war absolut bereit gewesen, »seinen Beitrag zu leisten«, wie es sein Vorgesetzter bezeichnet hatte, bevor er einen besseren Posten antrat. Das Ärgerliche war nur, dass die Beiträge, die er leistete, nie auszureichen schienen, um wirklich vorwärts zu kommen. Er schüttelte den Kopf. »Aber um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie lange sie hier sein werden.«
Schweigend standen die beiden Männer eine Weile nebeneinander, bis die Stille für den Tellariten irgendwann unerträglich wurde.
»Sagen Sie, kennen Sie den Witz über den Menschen, den Klingonen und den Ferengi ...?«
Als sie ihre erste Untersuchung des iy’Dewra’ni-Flüchtlingslagers beendet hatte, war Miranda Kadohatas Schock über die hiesigen Zustände Ärger gewichen.
Trotz ihrer ersten Reaktion, wusste sie, dass dies hier nicht annähernd so schlimm war, wie das, was sie in ähnlichen Lagern auf der Erde in den Jahren nach deren zahlreichen Kriegen vorgefunden hätte. Diese Leute hatten Nahrungsreplikatoren, Sanitäreinheiten und Zugang zu Medikamenten, die man sich vor Jahrhunderten noch nicht einmal erträumt hätte. Die Stoffunterkünfte waren, wenn auch spartanisch und nicht besonders geräumig, weitaus widerstandsfähiger, als sie aussahen. Alle Zelte besaßen batteriebetriebenes Licht und eine modulare Heiz-Kühl-Einheit für jene Spezies, die Pacificas gemäßigtes Klima nicht so angenehm fanden wie die Menschen. Die Zelte mochten nicht den Unterkunftsstandards entsprechen, die die meisten Besucher von Pacificas Hotelanlagen erwarteten, aber sie waren alles andere als unkomfortabel.
Und dennoch konnte sie, während sie den zunehmend matschig werdenden Fußwegen der Zeltstadt folgte, den Gedanken nicht abschütteln, dass ein Ort wie dieser in der Föderation nicht existieren dürfte. Es lag unter dem, was sie alle als Gesellschaft zu leisten imstande waren. Alles, was sie hier sah, stellte elende Behelfsmaßnahmen dar – selbst wenn man berücksichtigte, wie kurz die Vorwarnzeit vor dem massiven Angriff der Borg gewesen war. Obwohl es schon Wochen zuvor zu verstreuten Übergriffen gekommen war, hätte keiner davon einen Hinweis auf die Großoffensive im Azur-Nebel geben können. Nun sahen sich die Selkies gezwungen, auf einen unerwartet großen Zustrom hilfsbedürftiger Leute zu reagieren, weshalb die Zustände auf dem Planeten – wenn auch nur als Übergangslösung gedacht – zunehmend chaotisch wurden.
Und das erkannten auch die Flüchtlinge. Zu Beginn ihrer Inspektion war sie von Strömen aufgeregter und jubelnder Exilanten bedrängt worden, die ihre Uniform erkannt hatten und sofort davon ausgegangen waren, dass nun endlich Rettung nahte. Als Kadohata ihnen stattdessen hatte sagen müssen, dass sie nur Teil einer kleinen Vorabgruppe war – die natürlich tun würde, was im Augenblick in ihrer Macht stand –, hatte sie sich schuldig gefühlt, falsche Hoffnungen bei den Flüchtlingen geweckt zu haben. Sie waren wie verlorene Seelen, die im Fegefeuer saßen und darauf warteten, ins Paradies gelassen zu werden – oder, vielleicht noch passender, die in einer Art Limbus festsaßen.
Sie war gerade auf dem Weg zurück zum Verwaltungsgebäude, blieb aber stehen, um sich einer kleinen Menge anzuschließen, die einem Quartett Damiani lauschte, das in wundervoller vierstimmiger Harmonie etwas sang, das einem bajoranischen Choral ähnelte. Ein Lächeln trat auf ihre Lippen, und sie spürte, wie ihr Geist ganz in der Musik
Weitere Kostenlose Bücher