Star Trek TNG - Doppelhelix 05 - Doppelt oder Nichts
»ist Folgendes: Wenn die Direktive der Nichteinmischung, wie Sie postulieren, ein Irrtum ist … wäre es nicht trotzdem besser, auf Nummer sicher zu gehen?«
»Vielleicht vor zweihundert Jahren«, erwiderte Thul. »Darin gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht. Aber was nützt jede Erfahrung, wenn man nichts daraus lernt? Es gibt Völker, die Hilfe brauchen, und sie wissen es nicht einmal. Außerdem ist die menschliche Geschichte doch voller Beispiele für derartige Einmischungen. Gab es nicht immer wieder fortgeschrittenere Mitglieder der Menschheit, die in weniger entwickelte Regionen aufbrachen, in denen Unterernährung oder Bildungsmangel herrschte, um technische Errungenschaften, Fortschritt oder sogar ganze Glaubenssysteme zu ihnen zu bringen?«
»Und in vielen Fällen war der Schaden genauso groß wie der Nutzen«, sagte Jellico. »Oft ging es um Eroberungen, ganz zu schweigen von kompletten Völkern, die durch Krankheiten ausgerottet wurden, denen ihr Immunsystem nichts entgegenzusetzen hatte.«
»Doch letztlich«, sagte Thul lächelnd, »scheint es für Sie gut ausgegangen zu sein.«
»Ja, weil wir unseren eigenen Weg gefunden haben.«
»Oder vielleicht, obwohl Sie Ihren eigenen Weg gefunden haben. Denken Sie nach. Wenn ältere, weisere, höher entwickelte Spezies wie Ihre und all jene, die in diesem Saal vertreten sind, ihre Erfahrung einsetzen, ihr Wissen um die Fehler, die sie selbst begangen haben, um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden …« Er schüttelte den Kopf. »Verstehen Sie? Wenn Not und Bedürftigkeit bei anderen Völkern herrschen, die noch nie von der Föderation gehört haben, die sehr von der Hilfe profitieren würden …«
»Wollen Sie damit sagen, dass es an der Zeit wäre, die Oberste Direktive abzuschaffen oder zu reformieren?«, fragte Jellico.
»Jetzt? Zum Jubiläum der Unterzeichnung des Dokuments, das ihr Gültigkeit verschafft hat? Ja, genau das will ich damit sagen.«
Überall wurde nachdenklich genickt. Es war wie ein Meer aus wackelnden Köpfen.
Schließlich war es Jellico, der sich erneut zu Wort meldete. »Es mag sein … dass Sie einige berechtigte Einwände angesprochen haben, General. Natürlich kann ich nicht im Namen der Sternenflotte oder gar der Föderation sprechen … aber vielleicht sollten Studien in Auftrag gegeben werden, die sich der Frage widmen, ob wir unsere Intentionen überdenken sollten oder eine Erweiterung der …«
»Sie Heuchler!«
Der Einwurf kam völlig unerwartet, und die Stimme sprach die Worte leicht schleppend aus. Gleichzeitig drehten sich alle, die in Hörweite waren, herum und wurden des bemerkenswerten Anblicks eines Sternenflottencaptains gewahr, der einen Drink in der Hand hielt und Admiral Jellico mit unverhohlener Verachtung anstarrte.
»Sie sind mir einer, Admiral! Aber wirklich und wahrhaftig.« Der Captain nahm einen weiteren Schluck von der blauen Flüssigkeit, die in seinem Glas schwappte.
Thul konnte es kaum fassen, wie sehr sich Jellicos Gesicht plötzlich veränderte. Es wechselte von Nachdenklichkeit zu dunkler Wut, und das von einem Herzschlag auf den nächsten. »Captain Calhoun … darf ich fragen, was Sie hier machen?«
»Ich höre mir an, wie Sie sich um hundertachtzig Grad drehen«, antwortete Captain Calhoun. »Wie oft ich mir schon Vorträge von Ihnen über die Unantastbarkeit der Obersten Direktive anhören musste … dass das wichtigste Gesetz der Sternenflotte unter gar keinen Umständen verletzt werden darf … und wie Sie dasselbe Gesetz benutzt haben, um im Nachhinein einige meiner wichtigsten Entscheidungen zu kritisieren und zu denunzieren. Und nun stehen Sie hier, prächtig herausgeputzt zu diesem äußerst bedeutenden Ereignis«, er legte eine übertriebene Betonung in die letzten drei Worte, »und diese … Person …«, dazu deutete er vage in Thuls Richtung, »unterbreitet exakt dieselben Vorschläge wie ich in den vergangenen Jahren … und plötzlich sind Sie bereit, diesen Einwänden zuzuhören. Sie tun so, als würden Sie all das zum ersten Mal hören.«
»Vielleicht gelingt es General Thul einfach nur, seine Bedenken auf verständlichere Weise zu äußern – und nicht in jenem aggressiven Tonfall, der Ihnen zu eigen ist, Captain«, sagte Jellico. Dann wandte er sich hastig an die anderen Anwesenden. »General, Botschafter Stonn, Admiral O’Shea … dieser Vorfall tut mir furchtbar leid. Ich bin mir nicht ganz sicher, was dieser Offizier hier zu suchen hat …«
»Ich bin hier, weil ich
Weitere Kostenlose Bücher