Star Trek - Vanguard 04 - Offene Geheimnisse
Nie zuvor hatte sie in der Leere so primitive Emotionen gespürt. Sie unterschieden sich von der Besessenheit des Widersachers ebenso wie von ihrem eigenen Antrieb, die Rückkehr der Benannten herbeizuführen. Sie waren etwas grundlegend Anderes. Die neue Stimme schien von einem einzigen Aspekt durchdrungen zu sein.
Von Furcht. Absolutem, gnadenlosem Schrecken.
Die Stimme verschwand, so schnell sie gekommen war. Und dennoch blieb ein Rest von ihr zurück, als wolle er die Wanderin verspotten.
Das schrie nach einer Antwort.
Kapitel 50
Carol Marcus starrte zum vielleicht tausendsten Mal auf ihren Computermonitor, auf dem ein Teil des Taurus-Meta-Genoms stand. Ihre Augen nahmen jedes Detail auf, den Reichtum an Informationen, die so viel versprachen und sich doch jedem Verständnis zu entziehen schienen. In den drei Jahren, die seit seiner Entdeckung vergangen waren, war das Meta-Genom mehr oder weniger ein Mysterium geblieben. Seine Matrix bestand aus einigen Millionen Basenpaaren biochemischer Informationen und beinhaltete Moleküle, die aus Elementen bestanden, welche der Wissenschaft unbekannt waren. Es hatte die Genetiker der Sternenflotte nicht viel Zeit gekostet, den artifiziellen Ursprung des Genoms festzustellen. Nur ein kleiner Teil von ihm galt der Erschaffung lebender Organismen. Und der Rest der komplexen genetischen Bestandteile blieb unerklärbar. Zwar hatte es begrenzte Erfolge in der Entschlüsselung einiger Fragmente des Meta-Genoms gegeben, doch echtes Verständnis war nicht in Sicht.
Du kleiner, nerviger Bastard
.
Marcus entsann sich, wie aufgeregt sie bei ihrer ersten Lektüre der Daten gewesen war, welche die Sternenflotte seit ihren Vorstößen in die Taurus-Region über das Genom gesammelt hatte. Als die Mannschaft der
Sagittarius
auf Jinoteur IV den Shedai begegnete, hatte das die Vermutungen bestätigt, die Marcus seit jenem Tag gehabt hatte: Sollte es jemals übersetzt und verstanden werden können, würde das Meta-Genom zu Fortschritten in der Medizin und anderen Wissenschaften führen, wie sie derzeit größtenteils noch in den Bereich der Fiktion gehörten. Marcus hatte den Bericht des Captains der
Sagittarius
gelesen, in dem dieser von den verblüffenden Entdeckungen seines leitenden medizinischen Offiziers schrieb, und geahnt, dass der Fund des Doktors nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs darstellte. Verletzungen zu heilen, Organe und Glieder zu reparieren oder zu ersetzen, vielleicht sogar mit organischen statt biomechanischen Ersatzteilen? Das war zweifellos faszinierend, doch Marcus hatte größer gedacht. Soweit die Sensoren feststellen konnten, war das Jinoteur-System künstlichen Ursprungs und das Meta-Genom sein Auslöser gewesen. Jeder Planet, Mond und sogar der Stern selbst waren von der einzigartigen Trägerwelle erfüllt gewesen, welche die Shedai heraufbeschwören und kontrollieren konnten. Dem Alter des Systems nach, besaßen die Shedai seit mindestens fünfhunderttausend Jahren diese Macht, wahrscheinlich noch länger. Falls die Sternenflotte die Macht begreifen, nutzen und mit Sorgfalt anwenden konnte, dank derer sich Planeten erschaffen und erhalten ließen, wären Probleme wie Überbevölkerung und Ressourcenmangel so passé wie der Gedanke, an so simplen Leiden wie der Grippe oder Krebs zu erkranken.
Es ist alles da, gleich vor unseren Füßen
, dachte Marcus und betrachtete die Darstellung.
Und es will uns alles sagen, wir können es nur nicht verstehen. Ming, ich wünschte, Sie wären hier und könnten mir dabei helfen
.
Ihre Aufregung verschwand so schnell, wie sie gekommen war. In diesen Tagen fiel es schwer, sich seinen Enthusiasmus zu bewahren, und wann immer Marcus’ Gedanken zu Xiong abwanderten, überkam sie Trauer. Seine auffallende Abwesenheit in der Gruft und bei der Mission dieser geheimen Einrichtung belastete den gesamten Stab. Ming Xiong war das Herz dieses Projektes, weit mehr als Marcus bisher verstanden hatte. Das Team lebte von seiner Leidenschaft, seinem unbeirrten Verlangen, alles verstehen zu wollen, was die Taurus-Region zu bieten hatte. Dass er fort war, bremste das ganze Unternehmen aus – und die Mitarbeiter wirkten ohnehin abgelenkt und gewissermaßen entzaubert, seitdem die wahre Natur dessen herausgekommen war, was sie hier untersuchten.
Dann war da die Schuld, welcher sich Marcus nicht hatte entledigen können. Sie selbst hatte sich dafür stark gemacht, dass Xiong auf diese Mission gehen durfte, die vielleicht zu seinem
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