Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
schließlich herumrollte, stellte er fest, dass Jaye in der steinernen Oberfläche eine Reihe von Pfahllöchern entdeckt hatte. Jedes der Löcher, die Jahrhunderte zuvor die Basis für irgendein Gerüst gebildet hatten, war groß genug, um einen Keshiri-Fuß aufzunehmen, was dem schmächtigen Diener einen mechanischen Vorteil verschaffte, als er seinen Meister hoch an seine Seite zog.
»Dies … ist die letzte Barriere«, sagte Jaye, wischte sich Blut von den Handflächen und schaute hinter sich. Ein einfacher Klettersteig führte zu einem offenen Pfad, der die Schlucht hinauf verlief – zum Bergtempel weiter oben.
Hilts’ Aufmerksamkeit jedoch war auf eine noch luftigere Stelle gerichtet. »Sieh, dort!« Am östlichen Himmel schlug ein Uvak mit seinen Schwingen, der in einem geschmeidigen Bogen auf den Tempel unter sich zuglitt. Hilts kniff die Augen zusammen. Auf dem Uvak saß ein Reiter. Ein weiterer Lichtblitz – eine Reflexion, so wie zuvor. Auf dem an Metall armen Kesh konnte das im Grunde bloß eins sein: das Heft eines Lichtschwerts. Hilts runzelte die Stirn und schaute zum Tempel hinüber. »Wir sollten lieber weitergehen.« Er erhob sich und pflückte die restlichen Rankenfetzen von seiner korpulenten Gestalt. Mit neu erwachter Entschlossenheit trat er einen Schritt vor … direkt in ein Pfahlloch.
»Verwalter!«
Der Granit fühlte sich kühl auf Hilts’ Gesicht an. »Ich habe beschlossen, Jaye … dass wir uns zuerst … eine Weile … ausruhen werden.«
Der Keshiri widersprach ihm nicht.
»Du musst das Werk vollenden und den Stamm von diesem Berg hinabführen. Fürs Erste liegt unser Schicksal darin, den lebendigen Teil von Kesh zu beherrschen …«
Diese Anweisungen hatte Yaru Korsin seiner Tochter in seinem Testament hinterlassen, und seinem Dekret war Folge geleistet worden. Sein Dekret war befolgt und respektiert worden von einem Volk, das sonst nichts respektierte. Hilts staunte, als er von dem felsigen Pfad auf das windgepeitschte Pflaster des Tempelgeländes trat. Die Sith suchten bei ihren Streitigkeiten stets nach jedem Vorteil, den sie finden konnten, und dennoch war seines Wissens nach niemand je hierher zurückgekehrt. Das hätte zwar Aberglaube sein können, doch Hilts fand es wahrscheinlicher, dass sie begriffen hatten, dass die Rückkehr vergebens gewesen wäre. Welcher Vorteil fand sich hier, den Korsin und die anderen Passagiere der Omen nicht bereits genutzt hatten?
Und dennoch war dies seine Mission. Tausende Meter weiter unten, auf dem gesamten Kontinent im Osten, war seine Zivilisation dabei, sich selbst auszulöschen. Zwanzig rivalisierende Gruppen hatten bereits den Sith-Staat zerstört. Doch die Enthüllung ihrer gemeinsamen – und rangniederen – Herkunft hatte jede Menschenseele auf Kesh zerrüttet und entmutigt. Eine tausend Jahre währende Sklerose ließ sich vielleicht überleben, aber keine weitere Woche der Selbstverstümmelung.
Was kann ich hier finden, das noch niemand sonst entdeckt hat? , fragte sich Hilts von Neuem, als er zu den Zwillingstürmen hinüberblickte, die die fürstliche Residenz weiter vorn flankierten. Gewiss, reiner Egoismus hatte ihn hierher geführt. Aber vielleicht war das Ganze gar kein so verrückter Traum. Jeder andere hätte hier nach einer Waffe gesucht, nach irgendeiner altertümlichen Technologie von den Sternen. Hilts jedoch suchte nach einer Nachricht. Nach etwas, auf das Korsin in seinen letzten Worten hingewiesen hatte, nach etwas, das den Stamm wieder auf einen gemeinsamen Pfad führen konnte. »Die wahre Macht liegt hinter dem Thron«, hatte Korsin gesagt. »Sollte ein Unheil geschehen – vergiss das nicht …«
Jaye trat ängstlich auf die Südterrasse der heiligen Stätte. Schäbige Steingebäude säumten die Seiten, von Wind, Sonne und Vernachlässigung zermürbt. »Der Ort ist größer, als ich ihn mir vorgestellt hatte, Verwalter.«
»Wie schön«, meinte Hilts, ohne auf seinen schmerzenden Knöchel zu achten, als er zuversichtlich vorausmarschierte. »Ich weiß, wo wir sind.«
Und das stimmte. Zwar hatte er die Karten jetzt nicht bei sich, doch er hatte sie nicht umsonst jahrelang studiert. Wie alles andere, hatte er sich auch diese untere Terrasse eingeprägt, wo das Dienstpersonal lebte. Weiter nördlich, an den Uvak-Ställen vorbei, waren die Stufen zur mittleren Terrasse mit ihrer Ausbildungsakademie, den Schlafsälen, den Lagerhallen und dem Spital. Noch eine Treppe weiter oben befand sich die Außenkolonnade,
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