Star Wars™ Der Vergessene Stamm der Sith: Storys (German Edition)
ihrem Onkel Zuflucht zu suchen. Die wachsende Menge, die das Haus noch immer mit Steinen bewarf, hatte sich geteilt, um die Unschuldigen gehen zu lassen. Danach jedoch hatte die Meute sogar dem Nachmittagsregen getrotzt – und als die Sonne unterging, waren die Neshtovar selbst dort draußen, ihre Uvaks sicher von der Menge entfernt angebunden. Als Izri Dazh die Stufen hochhumpelte, um gegen ihre Tür zu hämmern, hatte Adari gesehen, wie draußen die ersten Fackeln aufloderten.
Das war genug für sie gewesen. Die Fackeln konnten dazu gedient haben, Licht zu spenden – aber vielleicht waren sie auch für etwas Schlimmeres bestimmt. Offensichtlich hatte sie den Schutz, der der Witwe eines Uvak-Reiters für gewöhnlich gewährt wurde, mittlerweile verwirkt. Die Keshiri waren nicht erpicht auf Gewalt, aber was gesellschaftliche Sanktionen betraf, kannten sie andererseits auch keine große Vielfalt. Als Adari zu dem Schluss gelangte, dass die Menge nicht wirkte, als wolle sie sie bloß verbannen, war sie verzweifelt in ihren eigenen Hinterhof geeilt und zu dem Teil ihres Erbes, den sie am wenigsten mochte: Nink.
Ihre Flucht über die Dächer hatte die Leute vor dem Haus ebenso sehr überrascht, wie es Adari überrascht hatte, dass ihr Manöver Erfolg gehabt hatte. Am meisten überrascht war allerdings der Uvak. Angesichts des Umstands, dass sein Besitzer tot war, hatte Nink wohl damit gerechnet, nie wieder geritten zu werden. Uvaks akzeptierten so selten einen neuen Reiter, dass sie nach dessen Ableben für gewöhnlich nur noch für die Zucht Verwendung fanden. Als Nink in dem Moment erwachte, als Adari auf seinen fleischigen Rücken zu klettern versuchte, hätte er alles tun und überall hinfliegen können. Doch zunächst einmal stieg er in die Lüfte empor.
Adari verbrachte den Rest der Nacht abwechselnd damit, zu schreien und ihren Neshtovar-Verfolgern auszuweichen. Letzteres wurde ihr durch Ninks Beharren erleichtert, weit draußen über dem Ozean zu fliegen. Da Adari die Vergangenheit des Tieres kannte, waren das für sie die schlimmsten Augenblicke gewesen. Gleichwohl, etwas – vielleicht Neugierde – hielt den Uvak davon ab, sie Zhari ins Grab folgen zu lassen. Kurz vor Einbruch der Dämmerung suchte sich Nink schließlich einen Schlafplatz in den Bergen am Meeresufer, wo Adari sogleich vor Erschöpfung zusammenbrach. Erstaunlicherweise war der Uvak noch da, als sie erwachte, und stopfte sich den Schnabel mit dem bisschen an Blattwerk voll, das sich dort fand. Auch für Nink schien die Aussicht, in ihr Heim zurückzukehren, nicht mehr allzu verlockend zu sein.
Jetzt, am zweiten Morgen nach der Eruption, stellte Adari fest, dass ihr zielloser nächtlicher Flug sie in die Nähe der Ursache der Beklommenheit geführt hatte. Der Cetajan-Gebirgszug war eine Bergkette zerklüfteter, vom Festland weitgehend abgetrennter Monolithen – ein markanter Anblick am Horizont, wenn man sie vom Landesinneren aus sah, jedoch so unzugänglich, wie ein Ort am Westufer nur sein konnte. Eine Steinsammler-Expedition war mit den paar Informationen von dort zurückgekehrt, die Adari über diesen Ort wusste – und dazu war ein wohlwollender Neshtovari nötig gewesen, der sich aus freien Stücken erboten hatte, die gefundenen Proben von dort auszufliegen. Als Adari den Berg jetzt vor sich sah, wurde sie schier von dem Verlangen überwältigt, die Wahrheit aus nächster Nähe zu sehen, mit eigenen Augen. Wenn der Ausbruch nicht vulkanischer Natur war, ließen sich die Differenzen zwischen ihr und der Gemeinschaft so vielleicht beilegen. Und falls der Berg plötzlich zu einem Vulkan geworden war, erfüllte sie auch das mit Neugierde. Was steckte da für ein Prozess dahinter?
Oder irrten sich die Gelehrten, was die Beschaffenheit des Gebirgszugs betraf? War dem Uvak-Reiter ein grober Schnitzer mit der Gesteinsprobe unterlaufen?
Vermutlich war es das. Adaris Zorn stieg ebenso auf, wie Nink es tat, als der Uvak die Gebirgskette mühelos überflog, um sie vom Meer aus anzufliegen. Adari fand, dass das Ganze fast schon etwas Poetisches hätte, wenn die einzige Mission, die die Gelehrten je einem Neshtovar anvertraut hatten, falsche Informationen zur Folge gehabt hätte. Proben vom Cetajan-Gebirgszug – von wegen , dachte sie. Vermutlich hat der Schwachkopf uns Steine aus seinem Vorgarten gebracht! Sie erschauderte, und das nicht bloß wegen der frostigen Luft. Warum sollte sie für deren kolossalen Fehler leiden …
Mit einem Mal kam
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