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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Papierpatronen aus dem Beutel an seinem Gurtzeug. Jede Patrone enthielt ein kegelförmiges Geschoss und die passende Menge Schießpulver. Er biss die Kugel aus der ersten Patrone, hatte den salzig-bitteren Geschmack des Schießpulvers auf der Zunge und schüttete das Pulver vorsichtig in eine der Zylinderkammern. Pocahontas, die von einer Bremse gestochen wurde, wieherte plötzlich und machte einen Schritt seitwärts, sodass Starbuck einen Teil des Schießpulvers auf seinen Sattel verstreute.
    Er fluchte auf das Pferd, und das bedeutete, dass die Kugel zwischen seinen Lippen herausglitt, auf dem Sattelknauf abprallte und ins Gras fiel. Erneut fluchte er, schüttelte das Schießpulver aus der Kammer und biss die nächste Kugel aus einer Patrone. Seine Hand war unruhig, als er die Ladung fertig machen wollte, und unter der Papierhülse schienen zwei und nicht eine Kammer zu sein. Alles wirkte verschwommen, und dann stellte er fest, dass seine Hand unkontrollierbar zitterte.
    Er hob den Kopf und blickte auf den anrückenden Gegner. Über den Männern und merkwürdig deutlich in Starbucks ansonsten unklarem Blick wehte das Sternenbanner, seine eigene Heimatflagge, und schlagartig wurde Starbuck bewusst, dass es keine einfachen Entscheidungen gab, keine Abzweigungen im Leben, die leichtfertig genommen werden durften. Er schaute zu der Flagge hinüber und wusste, dass er nicht auf die Nordstaatler schießen konnte. Sein Urgroßvater MacPhail hatte bei Breed’s Hill ein Auge verloren und später, als er unter Paul Revere bei Penobscot Bay kämpfte, hatte er bei der Verteidigung dieser Flagge auch noch die rechte Hand eingebüßt. Starbuck wurde die Kehle eng. Gott, dachte er, ich sollte nicht hier sein! Niemand von uns sollte hier sein! Mit einem Mal verstand er Adams sämtliche Einwände gegen den Krieg, das ganze Unglück Adams darüber, dass dieses wundervolle Land im Kampf gespalten wurde. Und er schaute lange zu dem Sternenbanner hinüber, ohne die ersten Kugeln der Yankee-Tirailleure zu bemerken, die über seinen Kopf zischten, oder die Granate, die dicht vor dem Koppelzaun explodierte, oder die heiseren Schreie, als die Sergeants von Rhode Island ihren Männern befahlen, beim Vorrücken die Reihen gerade ausgerichtet zu halten. All dies wurde Starbuck nicht bewusst, als er dort im Sattel saß und seine zitternde Hand Schießpulver über seinen Oberschenkel streute.
    «Alles in Ordnung mit dir?» Adam ritt neben ihn.
    «Kann man nicht sagen.»
    «Jetzt verstehst du mich, oder?», fragte Adam grimmig.
    «Ja.» Mit immer noch zitternden Händen schloss Starbuck den ungeladenen Revolver. Sein ganzes Leben erschien ihm auf einmal bedeutungslos, vergeudet, vor die Hunde gegangen. Noch am Morgen hatte er gedacht, der Krieg sei ein großes Abenteuer, eine Herausforderung, die er seinem Vater trotzig entgegenschleudern konnte, und eine Heldengeschichte, um sie Sally zu erzählen, doch stattdessen erwies er sich als etwas unerwartet Schreckliches, als hätte sich der Vorhang einer Gauklerbühne gehoben und ihm einen kleinen Blick auf das flammenumtoste Grauen der Hölle eröffnet. Mein Gott, dachte er, ich könnte wirklich hier sterben. Ich könnte an diesem Waldrand begraben werden. «Es war ein Mädchen», stieß er aus.
    «Mädchen?» Adam runzelte verwirrt die Stirn.
    «In Richmond.»
    «Oh.» Starbucks Bekenntnis brachte Adam in Verlegenheit, aber es beunruhigte ihn auch. «Das hat sich Vater schon gedacht», sagte er, «aber ich verstehe nicht, wie du immer alles riskieren kannst … für eine …» Er unterbrach sich, vielleicht weil er die richtigen Worte nicht fand oder auch weil eine Granate in einen Baumstamm gerast war, einen riesigen, hellen Keil aus dem Holz gerissen hatte und den schattigen Wald mit widerlichem Schwefelrauch erfüllte. Adam leckte sich über die Lippen. «Ich habe Durst.»
    «Und ich erst.» Starbuck fragte sich, warum er gerade völlig unüberlegt dieses Bekenntnis abgegeben hatte. Die Yankees rückten gleichmäßig vor. In ein paar Minuten, dachte er, in ein paar Minuten schon müssen wir kämpfen. All das große Gehabe und all die trotzigen Herausforderungen haben uns auf diese sonnenbeschienene Wiese geführt. Er sah, wie ein Offizier des Nordens stolperte, sein Schwert fallenließ und im Gras auf die Knie sank. Ein gegnerischer Tirailleur rannte fünf Schritte vor, ging auf ein Knie herunter, um zu zielen, dann wurde ihm bewusst, dass er seinen Ladestock nicht mitgenommen hatte, und er

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