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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Münzen durchwühlt. Einige Glückliche fanden wohlhabendere Tote, einer hatte eine schwere Uhrkette mit goldenen Anhängern, ein anderer trug einen Rubinring. Daguerreotypien von Frauen und Geliebten, Eltern und Kindern wurden beiseitegeworfen, denn diese Sieger suchten nicht nach Erinnerungen an zerstörte Liebesbeziehungen, sondern nur nach Münzen und Zigarren, Silber und Gold, ordentlichen Stiefeln, guten Hemden, Gürteln, Schnallen und Waffen. Ein lebhafter Markt für Beutegut erblühte. Gute Offiziersfeldgläser wurden für einen Dollar, Schwerter für drei, und Fünzig-Dollar-Colt-Revolver für sechs verkauft. Am begehrtesten waren die Fotos von New Yorker oder Chicagoer Damen, die ohne jegliche Bekleidung posierten. Einige Männer wollten sie nicht ansehen, sie fürchteten das Fegefeuer, aber die meisten gaben die Bilder herum und fragten sich, welche Beute sie wohl machen würden, falls sie jemals in den reichen, üppigen, behaglichen Norden einmarschieren würden, der solche Frauen und solche Zimmer hervorbrachte. Ärzte aus dem Norden und dem Süden arbeiteten gemeinsam in den Feldlazaretten neben dem verbrannten, aufgewühlten Schlachtfeld. Die Verwundeten schluchzten, die amputierten Beine und Arme und Füße wurden zu Haufen gestapelt, während die Toten wie Plankenholz aufgeschichtet wurden, da die Gräber erst am nächsten Morgen ausgehoben werden sollten.
    Als der Abend kam, war James Starbuck immer noch frei. Er hatte sich in einem Gehölz versteckt, und nun kroch er in einem tiefen Graben Richtung Bull Run. In seinem Kopf herrschte Chaos. Wie war das nur passiert? Es war so bitter, so schrecklich, so beschämend. Waren Gott die Gerechten wirklich so gleichgültig, dass er diese furchtbare Heimsuchung der Vereinigten Staaten zuließ? Das alles ergab keinen Sinn.
    «Ich würde mich an deiner Stelle keinen Zentimeter weiter wagen, Yankee», sagte plötzlich eine belustigte Stimme über ihm. «Gleich da vorn wächst nämlich Giftsumach, und du hast auch so schon ausreichend Probleme.»
    James sah auf. Zwei Männer grinsten auf ihn herunter, sie mussten ihn wohl schon einige Minuten lang beobachtet haben. «Ich bin Offizier», gelang es ihm zu sagen.
    «Nett, dich kennenzulernen, Offizier. Ich bin Ned Potter, und das ist Jake Spring, und das hier ist unser Hund, Abe.» Potter deutete auf einen zotteligen kleinen Mischling, den er an einem Strick hielt. «Wir sind zwar nicht so was wie Offiziere, aber du bist trotzdem unser Gefangener.»
    James stand auf und wischte sich trockene Blätter und Wassertropfen von der Uniform. «Mein Name», setzte er in seinem amtlichsten Ton an, doch dann brach er ab. Was würde Elial Starbucks Sohn in den Händen der Südstaatler passieren? Würden sie ihn lynchen? Würden sie die grässlichen Dinge mit ihm machen, von denen sein Vater sagte, sämtliche Südstaatler würden sie Schwarzen und Sklavenbefreiern antun?
    «Interessiert mich nicht, wie du heißt, Yankee, mich interessiert nur, was du in deinen Taschen hast. Ich, Jake und Abe sind zurzeit ziemlich knapp dran. Wir haben bis jetzt erst zwei Jungs aus Pennsylvania erwischt, und die hatten nichts außer Maiskuchen und drei rostige Cent dabei.» Die Muskete wurde gehoben, und das Grinsen verbreiterte sich. «Du kannst uns für den Anfang schon mal diesen Revolver geben.»
    «Buchanan!», platzte James heraus. «Miles Buchanan!»
    Ned Potter und Jake Spring starrten ihren Gefangenen verständnislos an.
    «Ein Anwalt!», erklärte James. «Ich habe den ganzen Tag versucht, mich an seinen Namen zu erinnern! Er hat den obersten Bundesrichter Shaw einmal verbohrt genannt. Geistig verbohrt, meine ich …» Seine Stimme erstarb, als er sich bewusst machte, dass der arme Miles Buchanan jetzt tot und Abigail Buchanan Witwe war und er selbst ein Gefangener.
    «Gib uns einfach den Revolver, Yankee.»
    James übergab den rußgeschwärzten Revolver, dann drehte er seine Taschen um. Er hatte mehr als achtzehn Dollar in Münzen, ein Neues Testament, eine schöne Uhr an einer Kette mit Schmuckmünzen, ein zusammenschiebbares Opernglas, eine Schachtel Schreibfedern, zwei Notizbücher und ein schönes Leinentaschentuch dabei, das seine Mutter mit seinen Initialen bestickt hatte. Ned Potter und Jake Spring waren begeistert von ihrem Glück, James aber empfand nur schreckliche Demütigung. Er war seinen erbittertsten Feinden ausgeliefert, und er hätte über die Niederlage seines Landes weinen können.
    Eine Meile von James entfernt

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