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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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regieren sollen?»
    «Die Verfassung ist offensichtlich gescheitert, Mister Truslow.»
    «Dann kämpfen wir also nicht dafür, dass wir unsere Nigger behalten können?»
    «Du lieber Gott.» Starbuck seufzte. Einst hatte er seinem Vater hoch und heilig versprochen, niemals zuzulassen, dass dieses Wort in seiner Gegenwart ausgesprochen wurde. Doch seit er Dominique Demarest kennengelernt hatte, war dieses Versprechen hinfällig. Starbuck spürte, dass ihm all seine Tugend, all sein Ansehen vor Gott wie Sand zwischen den Fingern zerrann.
    «Nun, Junge? Kämpfen wir für unsere Nigger oder nicht?»
    Starbuck lehnte sich erschöpft an die schmutzige Wand der Sägegrube. Er zwang sich zu einer Antwort. «Eine Fraktion im Norden würde die Sklaverei nur allzu gern abschaffen, das stimmt. Andere wollen einfach nur, dass sie sich nicht weiter Richtung Westen ausbreitet, aber die meisten finden schlicht, dass die Sklavenhalterstaaten dem übrigen Amerika nicht ihre Politik aufzwingen sollten.»
    «Was kümmern die Yankees überhaupt die Nigger? Sie haben doch keine.»
    «Es ist eine Frage der Moral, Mister Truslow», sagte Starbuck und versuchte, sich Schweiß und Sägemehl mit seinem ebenfalls vom Sägemehl bestäubten Ärmel aus den Augen zu wischen.
    «Steht in der Verfassung auch nur ein verdammtes Wort über Moral?», fragte Truslow mit ehrlicher Neugier.
    «Nein, Sir. Nein, Sir, darüber steht nichts darin.»
    «Wenn ich jemanden über Moral reden höre, glaube ich immer, dass er keine Ahnung hat, von was er da eigentlich spricht. Es sei denn, es ist ein Pastor. Also, was sollen wir deiner Meinung nach mit den Niggern machen, Junge?»
    «Ich glaube, Sir» – Starbuck wünschte sich weg aus dieser matschigen, staubigen Grube – «ich glaube, Sir», wiederholte er, während er verzweifelt über eine sinnvolle Antwort nachdachte, «ich glaube, dass jeder Mensch, ganz gleich welcher Hautfarbe, vor Gott und der Menschheit das gleiche Recht auf Achtung und Lebensglück hat.» Starbuck fand, dass er klang wie sein älterer Bruder James, bei dem sich jede Aussage pompös und hohl anhörte. Sein Vater hätte die Rechte der Schwarzen mit einer Stimme heraustrompetet, die bei den Engeln im Himmel ihr Echo gefunden hätte, aber Starbuck war außerstande, genügend Energie für eine derartige Herausforderung zusammenzuraffen.
    «Also magst du die Nigger, ist es das?»
    «Ich halte sie für meine Mitgeschöpfe, Mister Truslow.»
    «Schweine sind auch Mitgeschöpfe, aber das hindert mich nicht daran, sie zu töten, wenn die Zeit gekommen ist. Befürwortest du selbst denn die Sklaverei, Junge?»
    «Nein, Mister Truslow.»
    «Und warum nicht?» Rau und spöttisch klang die Stimme vom blauen Himmel herunter.
    Starbuck versuchte sich die Argumente seines Vaters ins Gedächtnis zu rufen, nicht die einfachen, die sagten, dass kein Mensch das Recht habe, sich über einen anderen zu erheben, sondern die tiefgründigeren, wie zum Beispiel, dass die Sklaverei den Sklavenhalter ebenso versklave wie den Versklavten und wie sie den Sklavenhalter erniedrige und wie sie Gottes Achtung vor jenen Menschen leugne, die sein ebenholzfarbenes Abbild waren, und wie sie die Wirtschaft der Sklavenhaltergesellschaften schädige, indem sie weiße Handwerker nach Norden und Westen vertrieb, damit sie Arbeit fanden, aber aus irgendeinem Grund fiel ihm keine dieser vielschichtigen, überzeugenden Antworten ein, und so begnügte er sich mit einer einfachen Verdammung. «Weil sie falsch ist.»
    «Das klingt nach Weibergewäsch, Junge.» Truslow lachte. «Dann meint Faulconer also, ich soll für seine Sklavenhalterfreunde kämpfen, obwohl sich hier in den Bergen kein Mensch leisten kann, einen Sklaven zu ernähren. Warum sollte ich denn für die kämpfen, die das können?»
    «Ich weiß es nicht, Sir. Ich weiß es wirklich nicht.» Starbuck war zu erschöpft, um sich weiter zu streiten.
    «Ich soll also nur für die fünfzig Dollar kämpfen, was?», sagte Truslow schneidend. «Pack die Säge wieder an, Junge.»
    «O Gott.» Die Blasen an Starbucks Händen waren aufgesprungen. Aus den offenen Wunden sickerten Blut und Eiter, aber er hatte keine andere Wahl, als den Griff der Säge zu nehmen und ihn nach unten zu ziehen. Der Schmerz des ersten Zuges ließ ihn laut aufheulen, doch dafür schämte er sich so sehr, dass er noch fester zupackte und den Stahl wütend durchs Holz zog.
    «Gut so, Junge! Langsam hast du’s kapiert!»
    Starbuck glaubte, er müsse sterben.

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