Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Blasphemie und alle Flüche zu verabscheuen, und sogar die ruchlosen Wochen, die er mit Major Trabells vulgärem Onkel Tom- Wandertheater verbracht hatte, konnten sein schlechtes Gewissen beim Fluchen nicht zum Verstummen bringen. Doch in diesem Moment musste er aus irgendeinem Grund sowohl Gott als auch Truslow herausfordern, und deshalb zischte er die Worte immer wieder vor sich hin, um sich Stärke zu verleihen.
«Aufhören!», rief Truslow unvermittelt, und Starbuck befürchtete, Truslow hätte seine gemurmelten Beleidigungen doch gehört, aber die Arbeit war nur unterbrochen worden, damit der Stamm neu ausgerichtet werden konnte, denn die Säge hatte sich beinahe bis zum Rand der Grube durch das Holz gefressen. «Fang, Junge!» Truslow warf ihm einen kräftigen Ast zu, der in einer Gabelung endete. «Klemm den Ast da vorne unter den Stamm, und wenn ich es sage, drückst du ihn hoch.»
Starbuck drückte, und sie bewegten den schweren Stamm Zoll für Zoll in seine neue Position. Dann gab es weiteren Aufschub, weil Truslow Keile in den Sägeschlitz hämmerte.
«Also, was bietet mir Faulconer an?», fragte Truslow.
«Fünfzig Dollar», rief Starbuck aus der Grube herauf und fragte sich, wie Truslow erraten hatte, dass er überhaupt etwas angeboten bekam. «Soll ich Ihnen den Brief vorlesen?»
«Willst du damit sagen, dass ich nicht lesen kann?»
«Dann lassen Sie sich den Brief geben.»
«Fünfzig, was? Meint wohl, er kann mich kaufen. Faulconer glaubt, er kann alles kaufen, ob es nun ein Pferd ist, ein Mann oder eine Hure. Aber irgendwann langweilt ihn doch alles, was er sich kauft, und das gilt auch für dich und für mich.»
«Er kauft mich nicht», sagte Starbuck, und Truslow quittierte diese Lüge mit höhnischem Schweigen. «Colonel Faulconer ist ein guter Mann», beharrte Starbuck.
«Weißt du, warum er seine Nigger freigelassen hat?», fragte Truslow.
Pecker Bird hatte Starbuck erzählt, mit der Freilassung habe Faulconer seine Frau ärgern wollen, doch weder glaubte Starbuck diese Geschichte, noch wollte er sie wiederholen. «Weil es das Richtige war», sagte er trotzig.
«Das mag sein», gab Truslow zu, «aber er hat es für eine andere Frau getan. Roper wird es dir erzählen. Sie war ein hübscher Käfer, eine Betschwester aus Philadelphia, die uns Südstaatlern beibringen wollte, wie wir zu leben haben, und Faulconer hat sich von ihr den Kopf verdrehen lassen. Er hat geglaubt, er müsste seine Nigger freilassen, damit sie mit ihm ins Bett geht, also hat er es getan, aber sie ist trotzdem nicht mit ihm ins Bett.» Truslow lachte über dieses Paradebeispiel eines Narren, der sich hatte einwickeln lassen. «Sie hat ihn vor ganz Virginia zum Gespött gemacht, und deshalb will er diese Legion – um seinen Stolz zurückzugewinnen. Er glaubt, er wird zum Kriegshelden von Virginia. Festhalten, Junge.»
Starbuck hatte das Gefühl, seinen Helden verteidigen zu müssen. «Und er ist doch ein guter Mann!»
«Er kann es sich leisten, gut zu sein. Sein Reichtum ist größer als sein Verstand. Jetzt halt fest, Junge. Oder fürchtest du dich vor schwerer Arbeit? Ich sag dir was: Arbeit sollte schwer sein. Geschenktes Brot schmeckt nicht gut. Also halt schon fest. Roper ist bald da. Er hat es versprochen, und Roper hält sein Wort. Aber bis er da ist, musst du durchhalten.» Starbuck packte den Griff der Säge, spannte sich an, zog, und der höllische Rhythmus setzte wieder ein. Er wagte es nicht, an die Blasen in seinen Handflächen zu denken und auch nicht an die brennenden Muskeln in seinem Rücken, seinen Armen und Beinen. Er dachte einfach nur an das Herunterziehen, zog die Zähne des Sägeblatts durch das gelbe Holz und schloss die Augen gegen den herunterrieselnden Holzstaub. In Boston, dachte er, hatten sie große dampfbetriebene Kreissägen, die in der gleichen Zeit ein Dutzend Stämme in Planken zerlegten, in der sie hier einen einzigen mit dieser Spaltsäge schafften. Warum in Gottes Namen gab es also überhaupt noch Sägegruben?
Sie hielten erneut inne, und Truslow hämmerte weitere Keile in den Sägespalt. «Und worum geht es in diesem Krieg, Junge?»
«Staatsrecht» war alles, was Starbuck herausbrachte.
«Was zum Teufel soll das bedeuten?»
«Es bedeutet, Mister Truslow, dass Amerika sich nicht einig ist, wie Amerika regiert werden soll.»
«Du kannst ja wirklich Reden schwingen, aber mich verkaufst du nicht für dumm. Ich dachte, wir hätten eine Verfassung, in der steht, wie wir uns
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