Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
gibt es für Neuigkeiten?»
    Sally deutete zum Fenster. Draußen verstopften noch immer die Karren und Kutschen der Flüchtlinge die Straßen. «Das sind die Neuigkeiten, oder? Bald haben wir keine Kunden mehr hier.»
    «Oder es kommen neue an», bemerkte Delaney feinsinnig.
    «Und denen berechnen wir das Doppelte», zischte Sally, dann fragte sie, ob es stimme, dass der Norden seine Rekrutierungsbüros geschlossen habe.
    «Davon habe ich nichts gehört», sagte Delaney und achtete darauf, seine Begeisterung über diese Nachricht nicht zu zeigen.
    «Die Yankees müssen so richtig aus dem Häuschen sein», sagte Sally mit einer Grimasse.
    Und aus gutem Grund, dachte Delaney, denn die Nordstaatenarmee stand inzwischen nur noch einen Tagesmarsch vor Richmond. «Welcher Kunde hat Ihnen von den Rekrutierungsbüros erzählt?», fragte er Sally.
    «Das war kein Kunde», sagte Sally. «Es war Nate.»
    «Starbuck?», fragte Delaney überrascht. «Er war hier?»
    «Gestern Abend. Sie hatten ihn gerade aus dem Gefängnis entlassen.»
    «Ich habe davon gelesen», sagte Delaney. Die Meldung hatte sowohl im
Examiner
als auch im
Sentinel
gestanden. «Ist er in seinem alten Zimmer? Ich sollte ihm kurz guten Tag sagen.»
    «Dieser dämliche Bastard ist ein verdammter Idiot.» Sally zündete sich eine Zigarre an. «Gott weiß, wo er jetzt ist.»
    «Was heißt das?», fragte Delaney. Sally hatte versucht, die Sorge nicht in ihrer Stimme durchklingen zu lassen, aber Delaney war viel zu scharfsinnig, um diese Nuance in ihrem Ton zu überhören, und er wusste, wie sehr sie Starbuck mochte.
    «Dass er sein verdammtes Leben riskiert», sagte Sally. «Er bringt einen Brief durch die Gefechtslinien und wollte, dass ich mitkomme.»
    Delaney witterte einen fetten Brocken, aber er wollte nicht zu neugierig erscheinen, um nicht Sallys Misstrauen zu wecken. «Er wollte, dass Sie zu den Yankees gehen? Wie eigenartig.»
    «Er wollte, dass ich ihn heirate», korrigierte Sally ihn.
    Delaney lächelte sie an. «Welch auserlesenen Geschmack unser Freund Starbuck doch hat», sagte er galant. «Und trotzdem haben Sie abgelehnt?», neckte er sie.
    Sally schnitt ein Gesicht. «Er meinte, wir könnten in Maine einen Kurzwarenladen eröffnen.»
    Delaney lachte. «Meine liebe Sally, dort wären Sie wirklich vergeudet! Und Sie würden Maine hassen. Die Leute dort wohnen in Eiskellern, nagen zum Überleben an Salzfisch und singen zur ihrer Unterhaltung Psalmen.» Delaney schüttelte betrübt den Kopf. «Der arme Nate. Ich werde ihn vermissen.»
    «Er sagt, dass er zurückkommt», sagte Sally. «Er wollte nicht zurückkommen, nicht, wenn ich mit ihm gegangen wäre, aber da ich hierbleibe, sagt er, dass er seinen Brief abliefert und dann wiederkommt.»
    Delaney tat so, als müsste er ein Gähnen unterdrücken. «Was für ein Brief ist es denn?», fragte er in aller Unschuld.
    «Das hat er nicht gesagt. Nur, dass es ein Brief von unserer Regierung ist.» Sally hielt inne, aber ihre Sorge um Starbuck trieb sie zu weiteren Erklärungen, und sie hätte nie vermutet, dass ihre Worte Starbuck in Gefahr bringen könnten. Sally vertraute Delaney vollkommen. Der Anwalt war ein Freund, ein Offizier in der Uniform der Konföderierten und ein Mann von sanfter Liebenswürdigkeit. Andere Huren mussten mit Schlägen und Geringschätzung leben, doch Belvedere Delaneys Verhalten gegenüber den Frauen, die er beschäftigte, war immer taktvoll und höflich; tatsächlich wirkte er um das Glück und die Gesundheit seiner Beschäftigten ebenso besorgt wie um die Gewinne, die sie ihm einbrachten, und deshalb hatte Sally das Gefühl, seinem mitfühlenden Ohr ihre Sorgen anvertrauen zu können. «Nate glaubt, es gibt hier einen Spion», sagte sie, «einen richtig gefährlichen, der den Yankees alles über die Taktik unserer Armee verrät, und wenn Nate es schafft, diesen Brief abzuliefern, dann wird dem Spion der Garaus gemacht. Mehr hat er mir nicht gesagt, aber das genügt auch. Er ist ein Narr. Er sollte sich nicht in diesen Mist hineinziehen lassen, Delaney. Sonst endet er noch wie der Mann, den sie bei Camp Lee aufgeknüpft haben.» Websters Tod war für die Zeitungen ein gefundenes Fressen gewesen, und sie hatten die Hinrichtung als wohlverdientes Schicksal für einen Spion bezeichnet.
    «Wir wollen ganz bestimmt nicht, dass der arme Nate gehängt wird», sagte Delaney ernst, und er bemerkte ein leichtes Beben seiner rechten Hand, das gerade ausreichte, um den Rauch, der von seiner

Weitere Kostenlose Bücher