Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half

Titel: Stark (Dark Half) - King, S: Stark (Dark Half) - The Dark Half Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
entlang wie klebrige Krokodilstränen. »Wäre doch ein Jammer, wenn ich einem dieser Kinder wehtun müßte, nur weil Sie den Superschlauen spielen wollen. Thad würde nicht halb so gut arbeiten, wenn ich einen seiner Zwillinge wegpusten müßte, nur um Sie bei der Stange zu halten.« Er grinste und drückte die Mündung des.45er in Williams Achselhöhle. William wand sich und kicherte. »Ist er nicht süß wie ein kleines Kätzchen?«
    Alan schluckte an etwas in seiner Kehle vorbei, das sich anfühlte wie ein dicker, trockener Haarballen. »Was Sie da tun, Mann, macht mich verdammt nervös.«
    »Bleiben Sie ruhig nervös«, sagte Stark und lächelte ihn an. »Ein nervöser Mann in meiner Nähe hat mehr Aussicht, am Leben zu bleiben. Gehen wir essen, Sheriff Alan. Der Kleine hier hat Sehnsucht nach seiner Schwester.«
    Liz machte für Stark im Mikrowellenherd eine Suppe heiß. Sie hatte ihm zuerst eine richtige Mahlzeit aus der Tiefkühltruhe angeboten, aber er hatte den Kopf geschüttelt, gelächelt, in seinen Mund gefaßt und einen Zahn vorgezeigt, der sich mit Leichtigkeit aus dem faulenden Zahnfleisch löste.
    Sie wendete den Kopf beiseite, als er ihn in den Mülleimer fallen ließ; ihre Lippen waren dicht zusammengepreßt, ihr Gesicht eine starre Maske des Abscheus.

    »Keine Sorge«, sagte er heiter. »Das wird bald wieder besser. Alles wird wieder besser. Und bald ist auch Daddy hier.«
    Er löffelte noch seine Suppe, als Thad etwa zehn Minuten später am Steuer von Rawlies VW in die Zufahrt einbog.

FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Steel Machine

1
    Um zum Sommerhaus der Beaumonts zu gelangen, mußte man von der Route 5 aus etwa eine Meile die Lake Lane entlangfahren, aber schon nach knapp einer Zehntelmeile hielt Thad fassungslos an.
    Überall waren Sperlinge.
    Sie saßen auf allen Ästen jedes Baumes, auf jedem Felsbrocken, auf jedem Fleckchen offener Erde. Die Welt, die er sah, war grotesk und glich einer Wahnvorstellung: es war, als wären diesem Teil von Maine Federn gewachsen. Die Straße vor ihm war verschwunden. Spurlos verschwunden. Da, wo sie gewesen war, zog sich jetzt ein Pfad aus stummen, sich drängenden Sperlingen unter den überlasteten Bäumen hin.
    Irgendwo brach ein Ast. Das einzige andere Geräusch stammte von Rawlies VW. Der Auspuff war schon defekt gewesen, als Thad seine Fahrt nach Westen angetreten hatte; jetzt schien er überhaupt nicht mehr zu funktionieren. Der Motor hustete und spuckte, hatte gelegentlich Fehlzündungen, und man hätte annehmen sollen, daß der Lärm diese Unmengen von Vögeln zum sofortigen Auffliegen veranlaßt hätte, aber die Tiere rührten sich nicht von der Stelle.
    Die Vogelmasse begann kaum drei Meter vor der Stelle, an der Thad den VW angehalten und das störrische Getriebe auf Leerlauf geschaltet hatte. Es gab eine Grenzlinie, die aussah, als wäre sie mit dem Lineal gezogen.
    Eine derartige Ansammlung von Vögeln hat seit vielen Jahren niemand mehr gesehen, dachte er. Nicht seit der Ausrottung der Wandertauben gegen Ende des vorigen Jahrhunderts. Das ist fast so wie in der Geschichte von Daphne du Maurier.

    Ein Sperling flatterte auf die Haube des VW und schien zu ihm hereinzuschauen. Thad glaubte in den schwarzen Augen des kleinen Vogels eine beängstigende, leidenschaftslose Neugier zu entdecken.
    Wie weit sind sie vorgedrungen? fragte er sich. Bis zum Haus? Wenn es so ist, hat George sie gesehen - und dann wird der Teufel los sein, wenn er es nicht schon ist. Und selbst wenn sie nicht so weit vorgedrungen sind - wie soll ich dorthin kommen? Sie sitzen nicht nur auf der Straße - sie SIND die Straße.
    Aber natürlich kannte er die Antwort auf diese Frage. Wenn er zum Haus wollte, mußte er über sie hinwegfahren.
    Nein , stöhnte sein Verstand. Nein, das kannst du nicht tun. Seine Phantasie beschwor gräßliche Bilder herauf: das spröde Knacken von Tausenden zermalmter kleiner Körper, die unter den Rädern hervorspritzenden Blutfontänen, verklumpte Federn, die an den Rädern hingen und sich mit ihnen drehten.
    »Aber ich muß«, murmelte er. »Ich tue es, weil ich weiterfahren muß.« Ein gequältes Grinsen verwandelte sein Gesicht in eine Grimasse intensiver, halb wahnsinniger Konzentration. In diesem Augenblick hatte er eine unheimliche Ähnlichkeit mit George Stark. Er schaltete wieder in den ersten Gang und begann fast lautlos »John Wesley Harding« zu singen. Rawlies VW keuchte, erstarb fast, ließ drei laute Fehlzündungen hören und begann

Weitere Kostenlose Bücher