Stark gegen Stress
längerfristige wie der unmittelbar einsetzende, leisten in Stresssituationen unentbehrliche Dienste und richten keinerlei Schaden an, sofern sich der Organismus innert nützlicher Frist wieder erholen und auf Normalwerte einpendeln kann. Anders sieht es aus, wenn der Stress zum Dauerstress mutiert: Dann ist die Selbstregulation nicht mehr gewährleistet, sie kann versagen. Es sind diese Situationen, in denen sich Stress schädlich auf den Organismus auszuwirken beginnt.
Stress und die Formbarkeit des Gehirns
Wie oben beschrieben, wirkt Stress über unser geniales Verarbeitungszentrum, das Gehirn, auf verschiedene Organe; die ausgeschütteten Stoffe bewirken aber auch im Gehirn selbst Veränderungen. Wie heute gut erforscht ist, bilden sich im Gehirn ein Leben lang neue Nervenzellverbindungen (Neuroplastizität, Formbarkeit des Gehirns). Verbindungen, die über Wahrnehmungen (z.B. ein Stresserlebnis) oder Tätigkeiten (z.B. Klavierspielen) häufig aktiviert werden, stabilisieren sich; sie werden zu einer Art neuronaler Trampelpfade. Die Signale, die durch neuen Input von aussen ausgelöst werden, bewegen sich vorzugsweise entlang dieser bestehenden Bahnen; die Information geht sozusagen den Weg des geringsten Widerstandes. Es ist daher logisch, dass es eine gewisse Beharrlichkeit in Form von Übung, Training oder häufigen Erfahrungen braucht, um neue Bahnen zu schaffen, dass dies aber durchaus lebenslang möglich ist – das Gehirn ist formbar.
Doch welche Auswirkung hat Stress auf diese Verschaltungen? Die Stoffe, die in Belastungssituationen ausgeschüttet werden, beeinflussen das Wachstum und die Ausbildung von Nervenzellen und Nervenzellverbindungen. Noradrenalin – der Botenstoff, der letztlich zur Ausschüttung von Adrenalin führt – fördert das Wachstum neuer Zellen und neuer Verschaltungen. Das bedeutet, dass mit jeder akuten Stressreaktion und deren erfolgreicher schneller Bewältigung jene Verbindungen, die dafür aktiviert wurden, gefestigt werden. Das ist durchaus sinnvoll, denn diese Bahnen haben sich als effizient erwiesen und sind nun in einer neuen Stresssituation noch schneller «begehbar».
Kortisol hat den gegenteiligen Effekt. Je länger eine Stresssituation unbewältigt bleibt, desto länger verweilt es im Blut und gelangt so ins Hirn. Dort hemmt es das Zellwachstum. Es destabilisiert bestehende Verbindungen, da diese sich ja in der aktuellen Stresssituation als untauglich erwiesen haben. Letztlich schafft Kortisol so die Voraussetzungen dafür, dass neue Verbindungen für effizientere Stressbewältigungsstrategien aufgebaut werden können.
Das ist einerseits sinnvoll, anderseits hat es schädliche Konsequenzen, wenn der Kortisolspiegel infolge des nicht bewältigten Stresses chronisch hoch bleibt. Dadurch wird die Rückkoppelungsfunktion lahmgelegt, das Kortisol bleibt im Gehirn aktiv und führt dort auf lange Sicht zur Beeinträchtigung gewisser Areale. Besonders deutlich ist dies bei jener Region erkennbar, die fürs Gedächtnis zuständig ist: Stress bewirkt ganz direkt eine Verschlechterung der Gedächtnisleistung.
Wie Stress die Gesundheit schädigt
Bereitgestellte und nicht verbrauchte Energiereserven; ein daueraktivierter Organismus, der sich nicht mehr selber regulieren kann und schliesslich zusammenbricht; ein beeinträchtigtes Immunsystem und schädliche Beruhigungsmassnahmen wie etwa Alkoholkonsum: Das sind die Gefahren für die Gesundheit, die Stress mit sich bringt.
Power loswerden
Im Bürostuhl zu sitzen und sich über eine ungerechtfertigte Kritik des Chefs zu ärgern oder zu grämen, das braucht nun mal nicht gleich vielKalorien wie der Kampf gegen ein angriffiges Tier in freier Wildbahn in der Steinzeit. Wohin also mit all der überschüssigen Energie, die uns unser Organismus zur Verfügung gestellt hat? Wer nicht riskieren will, dass wegen des vielen Stresses Zucker, Fett und verklumpende Blutplättchen die Arterien verstopfen, was auf lange Sicht zu einem Infarkt in Herz oder Gehirn führen kann, tut gut daran, die überschüssige Energie abzubauen, etwa mit Bewegung und Sport (mehr dazu auf Seite 155). Es ist also überhaupt nicht falsch, mit körperlichen Aktivitäten Dampf abzulassen und den Ärger beispielsweise wegjoggen zu gehen.
Für Entspannung sorgen
Die Bewältigungsmechanismen unseres Organismus wurden in einer Zeit ausgebildet, da eine Stresssituation sich innert nützlicher Frist klärte. Der Kampf mit einem wilden Tier endete irgendwann – das
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