Stark im Job
böswillig gemeint waren, können an ihm abprallen. Jemand mit einem schwachen Selbstwertgefühl hingegen hält regelrecht Ausschau nach Belegen für mangelnde Wertschätzung.
Ursache: fehlende Selbstwertschätzung
Wie Abbildung 4 zeigt, gibt es ein großes Spektrum von möglicherweise krank machendem Führungsverhalten. Ein schwaches Selbstwertgefühl ist ein fruchtbarer Boden, um hieraus tatsächliches Kränkungsempfinden entstehen zu lassen. Mögliche Folgen sind Frustration, Demotivation, Krankheit und Abwesenheit. Basis all dessen ist in der Praxis häufig fehlende Selbstwertschätzung, und zwar auf beiden Seiten: sowohl aufseiten der Führungskraft als auch des Mitarbeiters.
Das klingt zunächst paradox, ist aber psycho-logisch korrekt: Eine Führungskraft, die sich selbst nicht wertschätzt, vernachlässigt eigene Bedürfnisse; sie gönnt sich keine Pausen; sie lässt zu, dass der Stress sie vor sich her treibt. Dieser Stress ist wie ein Virus, der die Mitarbeitenden ansteckt. Eine Führungskraft mit der mangelnden Selbstfürsorge geht barsch mit ihren Mitarbeitenden um, weil sie selbst gestresst ist. Sie verliert den Blick für den einzelnen Menschen und schaut nur auf Fehler. Sie handelt quasi ohne Rücksicht auf Verluste und reduziert durch ihr kränkendes Führungsverhalten das Selbstwertgefühl ihrer Mitarbeitenden.
Abbildung 4: Krankmachende Führung (Übersicht). Aus: Anne Katrin Matyssek (2012):
„Wenn der Chef krank macht. So schützen Sie sich und Ihre Gesundheit“
Selbstwert-rettende Sofortmaßnahmen
Wertschätzungsdefizite nagen am Selbstwertgefühl. Man beginnt, an sich selbst zu zweifeln statt am Vorgesetzten. Man fragt sich, ob man nicht gut genug ist. Wenn die Selbstwertschätzung vorher schon gering war, wird sie durch kränkendes Führungsverhalten noch weiter reduziert. Das sollten Sie in keinem Fall zulassen! Sie brauchen ein gutes Selbstwertgefühl, um in schwierigen Situationen angemessen reagieren zu können.
Als selbstwert-rettende Sofortmaßnahmen haben sich folgende Strategien bewährt:
Erinnern Sie sich an Erfolge in Ihrer Vergangenheit!
Tauschen Sie sich mit Kollegen aus und holen Sie sich Zuspruch!
Holen Sie sich Ihre Wertschätzung anderswo!
Sehen Sie die Situation als Herausforderung, an der Sie wachsen können!
Sagen Sie sich: „Wenn er nicht motzt, begreife ich das fortan als Lob!“
Schreiben Sie auf, was Sie ärgert. Schreiben Sie es sich von der Seele!
Führen Sie sich vor Augen, was sonst noch wichtig ist in Ihrem Leben!
Nicht auf Anerkennung spekulieren
Legen Sie es nicht darauf an, von Ihrem Chef geliebt zu werden. Die allermeisten Menschen – und so auch Führungskräfte – sind anerkennungsgeizig. Es ist also nicht persönlich gemeint, wenn Lobesworte rar sind. Vor allem zu Beginn ihrer Karriere legen sich Menschen am Arbeitsplatz richtig ins Zeug. Sie glauben: „Leistung lohnt sich“. Wenn die Anerkennung ausbleibt, erhöhen sie noch einmal die Taktzahl und treiben sich so in die Erschöpfung. Oder sie reagieren resigniert und machen ihre Arbeit ohne innere Beteiligung. Beides ist schade. Versuchen Sie, einen Zwischenweg zu finden: Ihre Arbeit sollte Ihnen (zumindest ab und zu) Freude machen, und die Anerkennung durch Ihren Chef (hoffentlich ab und zu) ist das Tüpfelchen auf dem I, aber weder Ihr Wohlbefinden noch Ihr Selbstwertgefühl sollten davon abhängig sein.
Bleiben Sie offen, auch wenn Sie kritisiert werden. Ihre Führungskraft wertet ja dabei gar nicht Sie als Person ab – sie wünscht sich lediglich Veränderungen an Ihrem Leistungsverhalten. Das hat mit Ihnen als Mensch erst einmal gar nichts zu tun. Bleiben Sie also auf der Sachebene: Was möchten Sie korrigieren? Das Problem ist nämlich: Wer sich als Person angegriffen oder beleidigt fühlt, der wird emotional reagieren; er wird sich verteidigen, vielleicht sogar laut werden – das wirkt wenig überzeugend. Auch wenn Sie anders empfinden: Tun Sie so, als hätte Ihr Chef lediglich Ihre Arbeit gemeint und nicht Sie als Person.
Das Fazit dieses Unterkapitels lautet:
Schützen Sie sich bei Wertschätzungsmangel mit selbstwert-rettenden Sofortmaßnahmen!
10.2 „Mit mir nicht!“ – Raus aus der Opferrolle
Den Teufelskreis erkennen
Empfinden Sie das Verhalten einer übergeordneten Person, zum Beispiel einer Führungskraft, als unangenehm, ist die typische Reaktion: Sie ziehen sich zurück (oder: Sie kritisieren die Person, was aber viel Mut erfordert und nicht häufig anzutreffen ist).
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