Starke Frau, was nun?
Lisa, Robert kocht dir Pudding! Er ist wirklich lieb!
»... doch auch die Liebe darf bei dieser so wichtigen Entscheidung nicht ...«
Yeah ... Liebe, was für ein Witz! Darum geht es nicht, das ging es nie! Längst erkennt sie den älteren Herren vor sich nicht mehr, ihren Verlobten ebenfalls nicht, stattdessen sieht Lisa andere – so was von verbotene Dinge!
Ein Büro, eine Wand und ...
Eine vorwurfsvolle Miene – oh, er war so wütend!
Wütend? Vielleicht ... Es hat ihn aber auch getroffen, so tief! Und er wusste es ...
ER WUSSTE ES! Ohhh Frau!
Eine nackte, muskulöse Brust; sie würde alles tun, um ihn noch einmal, EINMAL! ...
Nasses Haar, das er schüttelt, um sie mit Wasser zu bespritzen – der Miesling! Dabei hatte sie sich nicht einmal ausgezogen.
›Thank you very much für die gute Kooperation ... ‹ Mist, er war so wütend ...
So wütend!
... und enttäuscht ...
... verletzt!
Oh FRAU!
* * *
Ein sanfter Ellenbogenstoß reißt Lisa aus ihrer Trance und sie blinzelt heftig, bevor sie den geduldig lächelnden Standesbeamten vor sich ausmacht. »Wollen Sie, Lisa Radtke, den anwesenden Robert Zahn zu Ihrem Ehemann nehmen?«
Watt?
... hätte sie beinahe gesagt. Das Ganze ist absolut lächerlich! Was tut sie hier überhaupt? Mist, sie dürfte gar nicht hier sein!
Möglicherweise wird Lisa erst jetzt tatsächlich bewusst, dass dies kein Spiel ist, sondern erschreckende Realität. Sie spürt Robert neben sich, fühlt dessen wachsende Nervosität und die Blicke der Anwesenden in ihrem Nacken. Alles wartet. Worauf? Auf sie?
Ach du heilige Scheiße!
Was jetzt?
Ihr Schlucken ist echt schmerzhaft, bevor sie antworten kann. »Nein?« Es ist definitiv eine Frage und daher nicht ausreichend. Lisa schüttelt den Kopf, versucht, klarzukommen und eilig die vielen Überlegungen anzustellen, die sie doch eigentlich längst bewältigt haben müsste. Dabei ignoriert sie entschieden alle äußeren Einflüsse, konzentriert sich nur auf diese eine Frage:
Will sie Roberts Frau sein?
Will sie?
Will sie wirklich ?
Gefühlte Ewigkeiten später hebt sie den Kopf und sieht ausschließlich in das Gesicht des inzwischen nicht mehr ganz so geduldigen Verheiraters. »Nein ...« Es kommt überrascht, doch ihr Nicken fällt entschlossen aus. »Nein, das will ich nicht. Sorry.«
Lisa, das fleischgewordene Klischee, macht auf dem Absatz ihrer sauteuren weißen Folterpumps kehrt, vermeidet dabei sorgfältig Robert anzusehen und ignoriert gleichfalls das obligatorische Geraune der Gäste.
Und dann sieht sie zu, dass sie schnellstens aus dem Saal verschwindet.
Mit verdammt klopfendem Herzen.
* * *
22. Wer zu spät kommt ...
Die Sonne scheint am wolkenlosen azurblauen Himmel, Möwen schwirren über dem Wasser, balgen sich um keine Ahnung was und stoßen dabei ihr irres Gekreische aus. Einige Meter davor befinden sich übergewichtige Tauben; die streiten sich auch, allerdings nicht laut. Die Spatzen geben die wahren Störer innerhalb der gesamten Federparty und ärgern alle vorhandenen Gattungen – einschließlich der Enten und Schwäne, die sich auf dem Wasser tummeln und so tun, als würde sie das gesamte Theater nichts angehen.
Missmutig blickt Lisa auf das schwarze Nass vor sich.
Schwarz war es bereits, als sie noch ein Kind war. Sie schätzt, es liegt so um die einhundert Jahre zurück, dass man in diesem Gewässer mal baden konnte. Freiwillig würde sie nicht einmal einen Zeh hineinhalten – geschweige denn ihren gesamten Körper, oder gar davon trinken. Verwunderlich nur, dass tatsächlich Enten und Schwäne darin existieren können – ohne zusätzliche Gliedmaßen, versteht sich. Vielleicht gewöhnt man sich an alles, selbst an den stinkenden Industriemüll aus drei Staaten.
Sie schaut zum gegenüberliegenden Ufer des schmalen Flusses; dort ist vor Kurzem ein neues Café eröffnet worden. Wie sie diese aufgeblasenen Yuppieschuppen hasst, in denen ein Espresso fünf Euro kostet.
Yeah!
Pfui, Lisa! JA, heißt das! Wir befinden uns in Deutschland und dort spricht man Deutsch! Keinen fiesen Berliner Dialekt und schon gar keinen amerikanischen Slang! Mach dich nicht so verdammt beeinflussbar, das ist ja grauenhaft!
»Klasse!«, knurrt sie. Das Kind ist ja wohl schon längst in den Brunnen gefallen, oder?
Nein, das will ich nicht! SORRY!
Das war wirklich ihre beste Darbietung bisher. Am liebsten würde sie sich auf einem anderen Kontinent verkriechen; war da nicht irgendwas mit Afrika?
Dabei fühlt sie
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