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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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aus Selbstvorwürfen – die sich dennoch in überschaubaren Grenzen halten, schließlich war sie betrunken und leicht zu überwältigen – und aus unausgesprochenen Vorwürfen gegen Chris, die der trotzdem irgendwie zu hören scheint. Doch anstatt in sich zu gehen, treiben ihn Lisas permanente stumme Anklagen offenbar zu noch größeren Begeisterungsstürmen.
    Natürlich tut sie so, als würde es ihr entgehen, hält sich vorsorglich jedoch von Messern und sonstigen potenziellen Mordwerkzeugen fern. Schließlich will sie wegen des Vergewaltigers nicht auch noch im Knast landen.
    Von der bevorstehenden Hochzeit hat sie bisher niemandem berichtet. Nicht einmal ihre Eltern wissen, dass ihre Tochter seit Neuestem verlobt ist. Ihre Aktivitäten diesbezüglich beschränken sich derzeit auf ein Nicken – als Antwort auf Roberts Frage, ob er alles in die Wege leiten solle.
    Am Montagabend, nachdem sie eine neue, recht bissige Sendung moderiert und den Hörern deren Droge gegeben haben, schiebt der Ami eine Visitenkarte über das Mischpult. »Wir treffen uns dort morgen früh um zehn.«
    Es handelt sich um irgendeine ART-Firma in der Nähe des Ku-Damm s. »Was ist da? Neues Topfthema?«
    Als Antwort bekommt sie nur sein widerliches Grinsen. »Lass dich überraschen!«
    Na klasse! »Weißt du, ich stehe nicht auf Überraschungen!«, teilt sie ihm entnervt mit. »Wenn du mir also vielleicht sagen könntest, was mich erwartet, oder sind das zu viele Informationen für ein asexuelles Wesen mit weiblicher Tendenz?«
    Sein trockenes Gelächter lässt sie wieder an Mordwerkzeuge denken. Eilig schaut sie sich um; das Mikro besteht zu fünfzig Prozent aus Metall und wenn man es lange genug auf diesen widerlichen Schädel ...
    Er befindet sich bereits an der Tür. »Äh, Lisa ...«
    »WAS?«, knurrt sie.
    »Zieh dein schönstes Strickoutfit an ...«
    * * *
    Wenig später radelt sie wütend die nächtliche, vereiste Straße entlang. Dieses verdammte Arschloch! Mittlerweile kann sie ihn nicht mehr ertragen – okay, das ist ja Dauerzustand –, doch sie überlegt ernsthaft, am kommenden Morgen einfach nicht zu erscheinen. Soll er seine Pseudorecherchen doch allein vornehmen! Weshalb sie immer gemeinsam überall aufkreuzen müssen, kapiert sie sowieso nicht. Einer genügt doch!
    Kurz darauf trifft sie bei dem neuerdings konstant selig grinsenden Robert ein. Er hat auf sie gewartet; die Öfen sind angeheizt – alle diesmal –, ihr Lieblingspudding steht bereit – mit Nüssen und Sahnehäubchen –, und danach hat Lisa Sex, so wie sie ihn bevorzugt. Es vertreibt ein wenig die miesen Gedanken an den morgigen Tag, an Mordpläne, die immer mehr Gestalt in ihrem Kopf annehmen, an verdammte Machos und deren Grinsen, das sie so gern für immer beseitigen möchte, und auch ein wenig die nagenden Selbstvorwürfe, die einfach nicht verschwinden wollen.
    Am kommenden Morgen fährt sie in aller Herrgottsfrühe los. Für jemanden, dessen Arbeitszeit nachts um eins endet, ist acht Uhr alle Herrgottsfrühe. Schon allein dafür will sie diesen Macho standesrechtlich erschießen. Allerdings muss das warten, bis sie ihn in greifbarer Nähe und eine Knarre hat.
    Beides lässt sich erst am Ku-Damm realisieren. An diesem Ort genügt es eines verdächtigen Blinzelns, um alles zu finden, was man so benötigt: Drogendealer, Stricher und Waffenhändler.
    Es ist eisig kalt und selbst Lisa sieht bald ein, dass sie diesmal um die Benutzung der U-Bahn nicht herumkommt. Was sich im Berufsverkehr mit dem Rad äußerst bescheiden macht.
    Drei Bahnen muss sie ziehen lassen, bevor es ihr gelingt, sich und ihr bestes Stück in einen der überfüllten Waggons zu wuchten. Dafür kassiert sie jede Menge empörter Blicke, die sie mit provozierenden returniert. Niemand ist lebensmüde genug, sich tatsächlich mit ihr anzulegen.
    Schade eigentlich.
    Eine Diskussion, am besten lautstark geführt unter Einsatz all ihrer bestimmt nicht unterentwickelten rhetorischen Fähigkeiten, wäre ihr gerade recht gekommen.
    Angekommen in ›Klein-Chicago‹ braucht sie noch einmal fünf Ewigkeiten, um diese verdammte Agentur ausfindig zu machen. Inzwischen sind Lisas Füße Eis und Hände besitzt sie keine mehr – jedenfalls fühlt es sich so an. Alles in allem steigert das ihre Laune auch nicht sonderlich.
    Dass sie schließlich diesen Saftladen findet, liegt an dem davor parkenden, signifikanten BMW.
    Wenigstens ist er mal pünktlich – Lisa ja nicht, die hat sich um satte zwanzig

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