Starke Frau, was nun?
und ich habe mit ihm schon alles abgesprochen. Er freut sich ehrlich, nicht nur wegen des Reibachs, den er macht. Hoffentlich ist das Wetter in Ordnung; eine halbe Stunde musste ich mit der Standesbeamtin verhandeln, an unserem Wunschtermin war nämlich eigentlich nichts mehr frei. Ach so, du musst noch mal mitkommen, die brauchen deine Unterschrift. Sozusagen das Vorvorheiratsversprechen oder so.«
Lisa hält den Zeitpunkt für angebracht, etwas einzuwerfen, damit Robert mal Luft holt. Zunehmend hat sie nämlich den Eindruck, der Sauerstoffgehalt in seinem Gehirn ist grenzwertig. »Wann ist denn der Termin?«
Offensichtlich total aus dem Takt geraten legt sich seine Stirn in Falten, dann lehnt er sich grinsend zu ihr hinüber. »Am 30. Juni, Baby.«
Eine grauenhafte Gänsehaut arbeitet sich langsam von ihrem Nacken die Wirbelsäule hinab und es dauert einen langen Moment, bevor Lisa sich in der Lage fühlt, relativ normal zu sprechen. »Robert?«
»Ja?«
»Du willst mich doch heiraten, oder?«
»Was? Ja, sicher! Meinetwegen sof...«
»Fein ...«, lächelt sie. »Wenn du willst, dass ich in Bälde Frau Radtke-Zahn werde, was in sich schon eine sehr mutige Handlung darstellt – nicht zuletzt wegen des Nachnamens, dann ...« Auch sie lehnt sich vor, bis sie sich in seiner Brille in allen noch so winzigen Details betrachten kann. Nebenbei bemerkt, sie hat dunkle Augenringe; dieser verdammte Scout verschleißt sie tatsächlich. »... dann betitelst du mich nie wieder mit einer derart miesen, eingedeutschten, herabwürdigenden Bezeichnung für die weibliche Partnerin. Ist das klar?«
Nachdem Robert sich ungefähr eintausend Mal entschuldigt hat, einschließlich der Beichte, nicht zu wissen, was in ihn gefahren sei, vögeln sie miteinander, und Lisa überlegt sich beim Einschlafen, dass sie ihm noch einmal vergeben sollte. Schließlich klang er tatsächlich aufrichtig und der Sex war ...
Nun, nicht der Schlechteste.
Der nächste Morgen beginnt trotz Schokopudding (einschließlich aller Schikanen) mit verdammt schlechter Laune. Sie muss nämlich mal wieder viel zu früh aufstehen, der Ami hat eine neue Topfthemensuche anberaumt. Schon allein dafür würde sie ihn gern würgen, vorzugsweise an seiner hässlichen Zuhältergoldkette.
Diesmal muss sie nur bis zur Spree. Die schlängelt sich durch die Stadtmitte, weshalb sie sich über eine halbe Stunde durch den dichten Stadtverkehr in die City kämpft.
Und dann geschieht es: Auf ihrer Tour durch das Nikolaiviertel wird sie von zwei Beamten angehalten, die offenbar nichts Besseres zu tun haben, als arglose Radfahrer zu verfolgen.
»Hier fahren überhaupt keine Autos!«, zischt sie. »Wo bitte soll ich mich denn da unter lebensgefährlichen Umständen zwischen die Heinis begeben, he?«
Der Ältere der beiden nickt. »Deshalb weisen wir Sie ja auf Ihren Fehler hin. Die Straße befindet sich dort.« Womit er nach links deutet, als wüsste Lisa nicht selbst, dass hinter den niedrigen Bauten eine dieser dicht befahrenen, dreispurigen, ewig versmogten Straßen entlangführt.
»Fein!« Nachdem sie ruppig ihre Geldbörse aus der Tasche gezogen hat, zählt sie einhundertfünfzig Euro ab (glücklicherweise hat sie so viel dabei) und hält sie dem leicht debil wirkenden jüngeren Beamten entgegen. »DA!«
Der sieht sie an, als wäre sie diejenige, die hier neuerdings nicht mehr alle Latten an ihrer Umzäunung hat.
»Wir erheben kein Bußgeld«, erklärt der Ältere, der wohl den Wortführer macht, möglicherweise ist der Debile auch einfach stumm. »Es handelt sich hierbei um die freundliche Aufforderung, sich jetzt mit Ihrem Fahrzeug bitte auf die dafür zulässige Straße zu begeben.«
Grummelnd schiebt Lisa wenig später ihre Dolly durch einen der vielen Durchgänge, steht kurz darauf vor der dreispurigen Rostlawine und versucht, ihren Vorgängerfrust zu eliminieren, weil diese verdammten Polizisten, kaum, dass sie sich in sicherem Abstand wähnten, lautstark losgrölten.
Dämliche Männer!
Seufzend betrachtet sie die unaufhörlich an ihr vorbeiziehenden Wagen und fädelt sich irgendwann mit dem Mittelfinger im Anschlag direkt hinter einen verdammten BMW.
Auch das noch!
Glücklicherweise ist es nicht mehr sehr weit, bis sie die Brücke erreicht, auf der sie mit dem Frauenverachter und -schänder verabredet ist. Und nachdem sie sich unter Einsatz ihres Lebens wieder aus dem Verkehr gewühlt und Dolores sicher deponiert hat, steht sie in der klirrenden Kälte und
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