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Starke Frau, was nun?

Starke Frau, was nun?

Titel: Starke Frau, was nun? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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RATTE!« Sie sagt es so, als wäre das Begründung genug.
    »Yeah. Aber spätestens in solchen Situationen braucht ihr uns offenbar. Was bedeutet, ihr schafft es eben doch nicht allein.« Er grinst so breit, dass sie ihn schon wieder schlagen könnte.
    »Das war die Suche nach menschlicher Wärme, weil ich von einem widerlichen, gigantischen Pestüberträger bedroht wurde. Wäre eine Frau verfügbar gewesen, hätte ich die genommen!«
    Ungläubig mustert er sie. »Du hättest auch eine Frau angesprungen? Diese Perspektive kommt etwas überraschend. Aber ... not bad«, murmelt er plötzlich verklärt und sie stöhnt. »Du bist widerlich!«
    Während sie weitergehen, nimmt das Schneetreiben immer noch unvermindert zu und ihre Ohren sind trotz der Mütze gefroren. Lisa schätzt, wenn sie jetzt versucht, eines ein wenig zu biegen, dann macht es Knack! und sie rennt ab sofort mit einem Ohr weniger durch die Gegend. Chris scheint die Kälte ja nichts auszumachen.
    An der nächsten verfügbaren Stelle, die zu den wärmeren Gefilden dieser Stadt führt, bleibt er stehen. »Hoch?«
    Nach kurzem Bedenken hebt und senkt sie vorsichtig den Kopf. Mit Erfolg – ihr Genick ist demnach nicht eingefroren.
    »Ist dir kalt?«, erkundigt er sich, als sie wieder auf der belebten Straße stehen.
    »Nein!«
    Gelassen zuckt er mit den Schultern und sie laufen weiter.
    »Wohin gehen wir eigentlich?«, verlangt sie nach einer Weile zu wissen, denn inzwischen befinden sie sich in einem Wohnviertel. Welches Topfthema hat er denn noch auserkoren? Wie wohnt die Oberschicht Berlins?
    Anstatt zu antworten, bleibt er genau in diesem Moment vor einem der Aufgänge stehen und schließt die Haustür auf.
    Trotz fortgeschrittenem Erfrierungsstadium zeigt sie ihm einen Vogel. »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich mit dir hinaufgehe! Wohin auch immer du mich soeben verschleppen willst.«
    Knurrend hält er ihr die Tür auf. »Ich flehe dich an: Komm zu dir! Dir ist kalt; mir ist kalt. Dort oben gibt es Kaffee.« Und als sie das Gesicht verzieht, fügt er hinzu. »Und Kamillentee!«
    Angestrengt überdenkt Lisa die verfügbaren Alternativen, und da sie wirklich kurz vor dem Kältetod steht und weil sie neuerdings ja ohnehin nicht ganz zurechnungsfähig ist, schiebt sie sich schließlich seufzend an ihm vorbei.
    Während sie die Treppen hinaufsteigen, mustert sie ihn spöttisch. »Du hast Kamillentee? Wie ist das denn passiert? Im KaDeWe daneben gegriffen?«
    »Ich hatte Zahnschmerzen.«
    Ihr verächtliches Schnauben wird hoheitsvoll ignoriert. Da Lisa sich wie üblich weigert, den Fahrstuhl zu benutzen, müssen sie fünf Stockwerke zu Fuß erklimmen, bis sie schließlich in einer typisch männlichen, aber recht hochwertig eingerichteten Wohnung stehen.
    »Ist das deine?«
    »Nein, ich habe das Schloss mit einem Dietrich geknackt, ist dir nur entgangen, weil ich in Sachen Einbruch so versiert bin.« Als er die Tür hinter ihnen geschlossen hat, verzieht er das Gesicht. »Ich habe die Austauschbörse benutzt. Der Inhaber dieses Appartements bewohnt jetzt meines in Florida; er flog einen Tag, nachdem ich hier ankam; deshalb das Hotel, obwohl ich es ja nie bis dahin geschafft habe.«
    Damit führt er sie ins Wohnzimmer.
    »Du wirst in die Staaten zurückkehren?«
    Anstatt zu antworten, begibt er sich in die Küche, die vom Wohnzimmer abgeht. »Zieh dich aus setz dich«, sagt er dabei. »Ich koche uns etwas zum Auftauen.«
    Unsicher schaut sie sich um. Na ja, wenigstens macht sie keine Knochen in den Ecken aus, aber es handelt sich ja auch nicht um seine Wohnung.
    Die Stube ist wie die eines typischen Managertypen eingerichtet – kein Wunder, sie weiß, wie kostspielig in diesem Viertel die Mieten sind. Ein dunkles, total spießiges Sofa, ein riesiger Plasma-TV, ein paar Grünpflanzen und eine exquisite Anrichte. Das war´s.
    Behutsam setzt Lisa sich, obwohl sie weiß, dass sie eigentlich nicht hier sein sollte. Das ist zu privat; sie will nichts Persönliches über ihren verhassten Kollegen erfahren und sie will ihn auch nicht außerhalb der Arbeit sehen.
    Als er den Raum betritt, geht ihr auf, dass sie diesen speziellen Zug schon mal verpasst hat. Denn ohne Mantel, auf Socken und mit einem Tablett in den Händen wirkt er sogar verdammt privat.
    »Hier ist dein Hippigesöff. Aber ich habe auch eine heiße Schokolade gemacht; vielleicht magst du die ja.«
    Argwöhnisch beobachtet Lisa, wie er sie bedient. Und nachdem er sich vor seinen Kaffee gesetzt hat,

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