Starke Frauen
Eisenspitzen auf, stirbt, bevor Romy das Krankenhaus erreicht. Monate danach: »Ich muss Filme machen. Ich brauche das Geld ... Filme. Was sollte ich denn sonst machen, ich habe ja nichts anderes gelernt.«
Ihr 59. Film, Die Spaziergängerin von Sans-Souci , erzählt das Schicksal eines jüdischen Jungen im Dritten Reich: »Dieser Film ist für mich ein Schritt nach vorn ins Leben.« Es ist kein Zufall, dass Romy ein politisches Thema wählt. Sie hat auch immer wieder Nazi-Opfer gespielt – denn das ist ihr Versuch, ihre Landsleute zu verstehen: »Sie war total informiert und orientiert, was in der Politik los war«, bestätigt Spaziergängerin -Produzent Artur Brauner. Der Film begeistert nicht. Die Deutschen rümpfen die Nase, die Franzosen schreiben: »Wir wissen, dass der Film für Sie mehr als nur ein Film ist. Für uns ist er es auch ... wir lieben Sie, Romy Schneider.«
Romy plagen die ewigen Selbstzweifel: »Ich habe nie ein Meisterwerk zustande gebracht.« Und Finanzsorgen: Sie hat zwar Millionen verdient, aber auch verschenkt oder dank ihrer Finanzverwalter verloren.
Paris, 28. Mai 1982. Laurent und Romy gehen nach einem Abendessen zu Fuß nach Hause: »Geh schon schlafen«, sagt sie, »ich bleibe noch ein bisschen und höre Musik.«
Am nächsten Vormittag ist sie tot, in der Hand einen Zettel, den ihr »Papili« 1963, bei den Dreharbeiten zu ihrem einzigen gemeinsamen Film Der Kardinal , in die Hand drückte: »Steck deine Kindheit in die Tasche und renne davon, denn das ist alles, was du hast.« Die späteren Blutanalysen bestätigen: natürlicher Tod aufgrund eines Herzversagens.
Es gibt keinen, der Romys Erbe antreten will. Aus Angst vor Steuerschulden in Millionenhöhe, die der französische Staat einfordert.
»Ich kann nichts im Leben, aber alles auf der Leinwand«, sagt sie einmal und gibt zu: »Ich habe nie aus dem Widerspruch zwischen Leben und Beruf herausfinden können.« Ihren Landsleuten hinterließ sie eine Botschaft: »Ihr entziffert mich nicht! Nicht mehr. Das tue ich, und zwar so, wie ich es will!!!«
Johanna war ein munteres Persönchen, das sich zu holen versuchte, was ihr nicht automatisch zugebilligt wurde. Daher wohl der Spitzname »Hänschen«. Als Tochter eines reichen Kaufmanns und Ratsherrn von Danzig erhält sie den damals üblichen Privatunterricht für Töchter – ein bisschen Musik und Deutsch, etwas Geschichte, Handarbeiten, Literatur, aber vor allem: Haushaltsführung. Von der Mutter lernt sie Wäschenähen, Backen, Herrichten aller Vorräte für den Winter, Dörren von Früchten, Einmachen von Kompott, Seifekochen, Kontrolle der Vorräte an Kaffee und Zucker usw.
Eines Tages – sie ist sieben – kommt der berühmteste Zeichner des 18. Jahrhunderts, Daniel Chodowiecki, zu Besuch. Johanna beobachtet, wie aus dem Nichts Bilder entstehen: »Der Atem verging mir darüber, ich dachte und empfand nichts als Glück, dergleichen schaffen zu können. Von diesem Augenblick an ging all mein Wünschen und Trachten auf Zeichnen und Malen aus.« Statt Puppen wünscht sie – und bekommt – Bleifeder, Tuschkasten und Papier. Und bittet ihren Vater, »mich in Berlin in die Lehre zu Chodowiecki zu geben«. Der erste Versuch, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Die Reaktion des Vaters, der im Haus der unangefochtene Herrscher und für die Kinder meistens unerreichbar ist, ist so verletzend und nachhaltig, dass ihr noch 60-jährig die Tränen kommen, wenn sie sich daran erinnert: »Welch ein Ungewitter brach aber damals über mich Arme los! Alle waren empört, dass ein zu ihrer Familie gehörendes Kind auf den erniedrigenden Gedanken hatte verfallen können ... wie unbarmherzig er meinen kindisch-abgeschmackten Einfall, wie er ihn nannte, verlachte.« Sie muss sich fügen – dieses Mal.
Aber – intelligent, wie sie nun mal ist – sie wird damit nur fertig, indem sie beschließt, künftig für ein Versagen keine Ausreden zu suchen, sondern Auswege.
Als der Großkaufmann und Kosmopolit Heinrich Floris Schopenhauer um sie anhält, sagt die 18-Jährige sofort Ja, ohne die übliche Bedenkzeit von drei Tagen abzuwarten. Einen Wunsch äußert sie jedoch: Sie würde gern an einer Ballonfahrt teilnehmen, sie las darüber in der englischen Times , die ihr ihr Bewerber schenkte. Allgemeines Entsetzen.
Am 10. April 1785 verlobt sich das Paar, keine vier Woche später steht sie im Hochzeitskleid aus weißem Musselin und mit einem grünen Myrtenkranz im Haar vor dem Altar. Sie
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