Starker als dein Tod
schob sie auf. Die kühle Morgenluft ließ sie zittern.
„Wohin jetzt?“, fragte sie.
„Geh weiter.“
Doch mitten auf dem Weg zum Parkplatz hielt Devlin an, als habe er etwas gehört, und schaute über die Schulter zurück zum Gefängnis. „Das ist zu einfach. Sie müssen uns mit den Kameras beobachtet haben.“
„Wenn sie uns gesehen hätten, wären wir bereits in Arrest. Das SORT-Team baut keinen Mist.“ Das SORT-Team war die Gefängnisvariante eines SWAT-Teams, eines Spezialeinsatzkommandos.
„Außer sie haben gar nicht die Absicht, uns in Arrest zu nehmen.“
Sie rannten über den Parkplatz und einen Moment lang war nichts anderes zu hören als das Knirschen des Schnees bei jedem Schritt. Der Januarmorgen war eisig kalt. Von dem dunklen Himmel rieselte nur hier und da etwas Schnee herab, aber die Luftfeuchtigkeit war hoch, ein Vorbote für heftigen Schneefall.
„Dort drüben.“ Er deutete auf einen großen weißen SUV, der weit hinten auf dem Parkplatz stand.
„Jetzt fügst du deiner Liste von Vergehen auch noch Autodiebstahl zu?“
„Mein Kontakt hat ihn mir hingestellt. Im Rad sind ein GPS-Gerät und ein paar andere nützliche Dinge versteckt.“ Er nahm ihre Hand und sprintete auf den Wagen zu. „Beeil dich.“
Kontakt? GPS-Gerät? Nützliche Dinge? Dutzende Alarmglocken gingen gleichzeitig in Emilys Kopf los, wobei die meisten sie davor warnten, ihm auch nur ein Wort zu glauben. Sie wusste nicht, was hier los war oder wem sie trauen sollte. Das Einzige, das sie mit Sicherheit wusste, war, dass es sich bei diesem Mann um einen Gefangenen handelte. Und dass er auf der Flucht war. Und dass ihre Arbeitgeber von
Lockdown
davon ausgingen, dass sie ihm dabei geholfen hatte.
Doch sie hatte keine Erklärung für das, was in dem Umkleideraum geschehen war. Hätten Marcus Underwood und seine Männer sie verletzt, wenn Zack nicht genau in diesem Moment aufgetaucht wäre? Über was für eine Information konnte er verfügen, die so wertvoll war? Emily kannte die Antworten nicht, aber bei den verschiedenen Möglichkeiten lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Sobald sie den SUV erreicht hatten, ging Zack direkt zum rechten Vorderreifen. Er kniete sich hin und öffnete ein kleines verborgenes Fach in dem Reifen. Emily beobachtete verblüfft, wie Zack unter anderem ein großes Knäuel Schnur und einen Satz Schlüssel herausholte. Nie zuvor hatte sie ein solches Fach gesehen. „Woher wusstest du, dass die Sachen da drin waren?“
Grinsend warf er die Schlüssel in die Luft und fing sie mit einer Hand wieder auf. „Muss mein Glückstag sein.“
Das blecherne Geräusch einer Kugel, die Stahl durchbohrte, unterstrich seinen Satz.
Pling! Pling!
„Runter!“
Ehe sie reagieren konnte, wurde Emily zu Boden gerissen. Sie landete mit dem Gesicht im Schnee, und dann war Zack über ihr.
Pling! Pling!
Sein Körper zuckte bei jedem einzelnen Schuss. Sie spürte, wie ihre Nerven flatterten und Furcht in ihr hochstieg.
Plock!
„Verdammt!“
Sie schaute hoch und sah, wie der rechte Vorderreifen platzte. Dann ergriff Zack ihre Hand und zog sie auf die Füße. „Lauf!“
Sie hörte die Angst in seiner Stimme. Fühlte, wie die gleiche Angst durch ihre Adern raste. Das Adrenalin verlieh ihren Muskeln Kraft, und nach nur wenigen Schritten rannte sie so schnell, wie sie konnte.
„Wohin?“, fragte Zack keuchend.
„Mein Wagen. Auf dem Parkplatz.“
„Dort befinden wir uns auf dem Präsentierteller.“
Das Knallen der Gewehrschüsse erklang hinter ihnen. Gleißendes Flutlicht, so hell wie die Sonne, erstrahlte plötzlich. Die Außensirenen gingen los. Emily blickte über die Schulter und entdeckte ein Dutzend Männer vor dem Gefängnisgebäude.
„Sie schießen auf uns!“, rief sie.
„Ich weiß nicht, warum dich das jetzt überrascht.“
Etwas, das sich wie der harte Schlag eines mit voller Wucht geworfenen Baseballs anfühlte, traf ihren Oberarm. Der plötzliche Schmerz ließ Emily aufschreien. Der Aufprall brachte sie aus dem Gleichgewicht, sie stolperte und ihre Beine gaben nach. Zacks Hand entglitt ihr, als sie zu Boden fiel.
„Emily!“
Sie hob den Kopf und sah, wie er mit angstverzerrtem Gesicht zu ihr zurücklief. Sie hatte Schnee in den Augen. In ihrem Mund. In ihrem Haar. An ihrer ganzen Vorderseite. Aus irgendeinem Grund brannte ihr Arm teuflisch.
„Bist du getroffen?“ Er kniete sich neben sie und drückte sie an sich. „Bist du verletzt?“
„Nein. Ich meine, ich glaube
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