Starker als dein Tod
stark verwittert wirkten. Die einst rustikale Holzverkleidung war verbogen und verrottet. Irgendein Witzbold hatte ein Schild mit der Aufschrift „Betreten verboten“ an die Vordertür angebracht.
Ganz sicher nicht, dachte Zack, während er das Schild vom Nagel zog und in den Schnee warf. Er versuchte, die Tür zu öffnen, aber sie bewegte sich keinen Millimeter. Er wusste nicht, ob sie verschlossen oder verzogen war, allerdings würde er sich weder von dem einen noch von dem anderen aufhalten lassen.
„Tritt zurück“, befahl er Emily.
Sie ging zur Seite. „Wir könnten die Hinter…“
Zack landete einen gezielten Tritt gegen die Tür, die nachgab. Staub wirbelte auf, als sie gegen die Wand knallte. Zack, der in diesem Moment gerne eine Waffe in der Hand gehabt hätte, betrat die Hütte und bedeutet Emily, ihm zu folgen. Er schloss die Tür hinter ihnen und stand dann ganz still da. Er lauschte und hoffte, dass sie allein waren. Er hörte draußen noch immer den Sturm wüten, doch die plötzliche Stille nach dem Tosen des Windes draußen war so tief greifend, dass es in seinen Ohren rauschte. Er dreht sich zu Emily um, wollte ihr sagen, dass sie an Ort und Stelle bleiben sollte, doch ihr Anblick ließ ihn erstarren. Ihr Haar war nass, und sie zitterte am ganzen Körper. Ihr Gesicht war totenblass. Vermutlich hätte sie draußen in der Kälte nicht mehr lange durchgehalten.
„Verdammt, du bist völlig unterkühlt“, sagte er, wobei sein Ton rauer als beabsichtigt ausfiel.
„M…mir ist n…nur k…kalt.“
Er nahm ihren Arm, um sie zu dem Kamin zu führen. Überrascht musste er feststellen, dass sie seine Hand abschüttelte und ihn herausfordernd ansah. Ihre Augen hatten die Farbe von altem Whiskey. Ihr Mund war sinnlich, mit vollen Lippen, wie ein heller Rubin, den man in Elfenbein gefasst hatte. Die Kombination dieser beiden Dinge traf ihn wie ein Faustschlag in den Bauch. Unwillkürlich wünschte er sich, deutlich mehr mir ihr zu tun, als sie nur zu berühren …
„Für den Fall, dass es dir nicht aufgefallen ist“, meinte sie. „Mir ist kalt, ich bin völlig durchnässt und außerdem ziemlich sauer. Ich wurde von Menschen, denen ich einst vertraute, beschossen und angelogen. Ich bin von einer Felskante gestürzt. Wurde von einem entflohenen Strafgefangenen durch einen Schneesturm gezerrt. Und ich habe eine Schusswunde am Arm.“ Ihre Augen blitzten vor Zorn, während sie einen Schritt näher trat und ihm ihren Finger mit so viel Wucht vor die Brust stieß, dass er einen Schritt nach hinten taumelte. „Ich möchte verdammt noch mal wissen, was zum Teufel hier vor sich geht. Und ich möchte es hier und jetzt wissen.“
Zack starrte sie einen nicht enden wollenden Moment an. Erleichterung stieg in ihm auf, sowie er bemerkte, dass die Farbe in ihre Wangen zurückgekehrt war. Er fragte sich, ob das wohl auch so bleiben würde, wenn er ihr erzählte, was ihre Kumpels von
Lockdown, Inc
. vorhatten.
Es würde ihr nicht gefallen, doch sie verdiente es, die Wahrheit zu erfahren. Denn dank ihm versuchten Marcus Underwood und seine Schlägertruppe nun, auch sie umzubringen. Es lag in Zacks Verantwortung, sie zu beschützen.
Bei dem Gedanken zog sich sein Magen schmerzlich zusammen und Zack wurde leicht übel. Sein letzter Versuch, eine Frau zu beschützen, hatte mit ihrem Tod geendet. Würde er bei Emily ebenfalls versagen?
„Ich werde ein Feuer anmachen“, sagte er. „Dann reden wir.“
Emily sah zu, wie Zack weitere Holzscheite in das Feuer legte, das in dem steinernen, bis zur Decke reichenden Kamin loderte. Sie versuchte, nicht an das zu denken, was in den letzten vier Stunden geschehen war – und sich nicht vorzustellen, was als Nächstes passieren mochte. Da sie in diesem Teil von Idaho geboren und aufgewachsen war, hatte sie schon genug Winterstürme erlebt, um zu wissen, dass niemand zu ihrer Rettung auftauchen würde. Nicht die Polizei. Nicht das FBI. Nicht einmal das speziell ausgebildete SORT-Team des Gefängnisses, das für
Lockdown
arbeitete.
Sie war auf sich allein gestellt.
Mehr als alles andere brauchte sie Antworten. Sie musste wissen, wer Zack Devlin war und warum er sie als Geisel genommen hatte. Und noch dringender musste sie wissen, warum die Scharfschützen des Gefängnisses auf sie gefeuert hatten. Warum Marcus Underwood und Dr. Lionel kurz davor gewesen waren, ihr ein Wahrheitsserum zu injizieren. Warum Gefängnisinsassen unter mysteriösen Umständen starben
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