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Starker als dein Tod

Starker als dein Tod

Titel: Starker als dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Castillo Linda
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    Schaudernd angesichts der vielen möglichen Erklärungen für all diese Vorkommnisse konzentrierte sie sich lieber wieder auf Devlin. Welche Geheimnisse mochten sich hinter all seinem irischen Charme verbergen? War er ein kaltblütiger, gefährlicher Killer? Wer war er wirklich?
    Die Dinge sind nicht immer so, wie sie scheinen …
    Was hatte er damit gemeint?
    „Das sollte uns vor dem Erfrieren bewahren.“
    Beim Klang seiner Stimme sah Emily auf und bemerkte, dass er sie mit einer irritierenden Intensität musterte. Die Iris seiner Augen war so dunkel, dass sie fast schwarz wirkten. Dunkle Bartstoppeln bedeckten sein Gesicht. Der Schnitt an der Schläfe stach scharf hervor. In den letzten drei Jahren als Officer in einem Hochsicherheitsgefängnis hatte Emily es mit vielen skrupellosen, brutalen Männern zu tun gehabt. Doch als sie in Zack Devlins glitzernde Augen schaute, dachte sie, dass er womöglich der Gefährlichste von allen war.
    Einen unbehaglichen Moment lang musterten sie einander. Emily hörte, wie der Wind um die alte Hütte heulte. Irgendetwas hämmerte im regelmäßigen Abstand gegen die Sperrholzplatte vorm Fenster, wie ein Geist, der Nägel einschlug. Das ganze Gebäude schien bei jedem Windstoß zu erzittern.
    Obwohl der Mann ihr gegenüber Gefahr ausstrahlte, fühlte sie sich dennoch auf merkwürdige Art und Weise sicher …
    „Warum setzt du dich nicht hier ans Feuer und lässt mich einen Blick auf deine Verletzung werfen?“, schlug er vor.
    Der Gedanke, näher ans Feuer zu rücken, war verlockend. Aber dass Devlin sie berühren würde, beunruhigte Emily – aus Gründen, die sie sich nicht eingestehen wollte.
    „Hör zu“, sagte er. „Ich weiß nicht, wie lang wir hier eingeschlossen sein werden. Wenn die Wunde schlimm ist, könnte sie sich entzünden und du wirst krank.“
    Er hatte recht. Eine unbehandelte Schussverletzung konnte zu einer Infektion führen und lebensbedrohlich werden. „Solange du gleichzeitig reden und erste Hilfe leisten kannst.“
    „Ich sehe mich mal um, ob ich ein paar Hilfsmittel zum Reinigen der Wunde finden kann.“ Er wandte sich ab und schritt durch einen gewölbten Durchgang.
    Sowie er fort war, erhob sie sich und wanderte herum. Der Hauptraum war höhlenartig gestaltet, mit hohen Decken und massiven Deckenbalken aus Holz. Der Boden war teils aus Stein, teils mit Parkett versehen und mit dem Staub und Schutt von Jahren bedeckt. Löcher klafften an den Wänden, wo einst Einbaumöbel und Bilder angebracht waren. Doch es war der steinerne Kamin, der den Raum dominierte. Vor vierzig Jahren musste dieser Ort vermutlich sehr eindrucksvoll gewesen sein.
    Der behagliche Geruch von brennendem Holz hing in der Luft. Aber trotz des Feuers herrschten in dem Raum noch Minustemperaturen. Sie ging zu der Bank hinüber, die Zack zum Feuer gezogen hatte, und setzte sich. Ihre Füße waren taub. Sie sah hinunter auf ihre Hände. Sie waren ganz rot und schmerzten vor Kälte. Ihr Haar und ihr Mantel waren feucht. Sie zog den Mantel gerade aus, da kehrte Zack mit vollen Händen zurück.
    „Das muss unser Glückstag sein“, sagte er.
    Emily fühlte sich nicht besonders glücklich. Tatsächlich, dachte sie, war dies einer der schlimmsten Tage ihres ganzen Lebens. „Hast du einen Erste-Hilfe-Kasten gefunden?“, fragte sie.
    „Ich habe ein bisschen Schnee in diesem Plastikbehälter geschmolzen und ein Stück Seife gefunden. Und zu guter Letzt noch eine Flasche mit Cognac, Jahrgang 1981.“
    „Ich glaube nicht, dass Cognac uns in unserer Situation helfen wird.“
    „Ganz im Gegenteil.“
    Sie verspannte sich, als er sich neben sie auf die Bank setzte und die Flasche öffnete. „Der ist ja auch nicht zum Trinken, obwohl ich angesichts des Alters des Cognacs vielleicht einmal dran nippen werde.“
    „Wenn du ihn nicht trinken willst, was willst du dann damit? Irgendwas in die Luft jagen?“
    „Cognac enthält viel Alkohol“, erklärte er. „Es wird brennen wie Teufel, aber er wird deine Wunde desinfizieren.“ Er grinste. „Und wenn du dabei bist, trinken wir den Rest.“
    Emily wollte sich von seinem Charme nicht einwickeln lassen. Dieser Mann hatte sie als Geisel genommen. Hatte sie mit ins Kreuzfeuer gezerrt. Hatte ihr Leben aufs Spiel gesetzt, um sein eigenes zu retten. Und hat dich geküsst, wie du nie zuvor geküsst wurdest, erinnerte sie eine lästige kleine Stimme im Kopf. Bei dem Gedanken an den Kuss errötete sie. Verzweifelt versuchte sie, die Gefühle, die

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