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Starker als dein Tod

Starker als dein Tod

Titel: Starker als dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Castillo Linda
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kleineren Operation überwältigt hatte.
    „Wo ist Dr. Lionel?“, fragte sie.
    „Wir haben keine Zeit für Fragen.“ Er deutete mit der Pistole in Richtung Tür. „Du kommst mit mir. Los.“
    „Wohin bringen Sie mich?“
    Er trug nur eine Gefängnishose mit Kordel. Kein Hemd. Keine Schuhe. Seine Statur war die eines Langstreckenläufers, mit langen Gliedmaßen und einem Bauch, der wie aus Stein gemeißelt schien. Seine Brust war muskulös und mit gekräuseltem schwarzen Haar bedeckt. Auf anziehende Art und Weise vereinte sein Körper Kraft und Anmut.
    Sie wandte den Blick ab und sah verstohlen zu dem Funksprechgerät, das ein, zwei Meter entfernt auf dem Boden lag. Wenn sie es erreichte, brauchte sie nur den Alarmknopf zu drücken, um die Zentrale zu benachrichtigen, dass sie in Schwierigkeiten steckte …
    „Denk nicht einmal daran, nach dem Funkgerät zu greifen“, warnte er sie. „Ich möchte dir nicht wehtun, aber wenn du mich provozierst, werde ich es tun.“
    Sie schaute ihn ruhig an. „Sie wollen das hier doch gar nicht tun.“
    „Ich will vor allem nicht eines von Dr. Jekylls Versuchskaninchen werden.“
    Dr. Jekylls Versuchskaninchen? Emily wusste nicht, was er damit meinte. Der Kerl hatte offenbar Wahnvorstellungen. Sie konnte sich was Besseres vorstellen, als ein Gespräch mit ihm anzufangen, doch wenn sie mit ihm redete, vergrößerte das ihre Chancen, diese Sache unverletzt zu überstehen. „Die Flucht wird Ihnen nicht gelingen. Selbst wenn Sie es aus dem Gebäude heraus schaffen, werden die Wachen auf den Türmen Sie ins Visier nehmen.“
    „Ich gehe das Risiko mit den Wachen ein. Sie sind weitaus weniger tödlich als das hier.“ Er deutete mit der Waffe Richtung Tür. „Los.“
    Sie ging vor ihm her zur Innentür. Ihre Hände zitterten so stark, dass es ihr kaum gelang, den Sicherheitsausweis durchzuziehen. Sobald das grüne Licht aufleuchtete, zog sie die stählerne Tür auf und führte ihn in den dunklen Flur. Während sie den Hauptkorridor entlangmarschierten, spürte sie bei jedem Schritt seine Waffe im Rücken und die fast schon greifbare Aura von Gefahr, die den Mann umgab.
    „Ich brauche eine Uniform und einen Mantel“, sagte er.
    Sie wollte protestierten, doch er hob die Pistole und zielte auf ihr Gesicht. „Besorg mir diese Dinge“, verlangte er. „Jetzt.“
    In seinem Blick konnte sie Gewalttätigkeit und Unberechenbarkeit erkennen. Sie verstand, dass er sie töten würde, wenn sie nicht genau das tat, was er wollte. „Der Umkleideraum“, sagte sie.
    „Bring mich hin – und zwar schnell.“
    Sie rannten durch den Gang, Emily voran. Sie hoffte verzweifelt, dass ein Kollege auftauchte, allerdings war die Schicht noch nicht zu Ende und der Korridor völlig verlassen.
    Als sie den Umkleideraum erreichten, atmete sie schwer und schwitzte – teils aus Erschöpfung, teils aus Angst. Die Umkleide war ein schmaler, gefliester Raum, in dem es nach schmutzigen Socken roch. An der einen Wand reihten sich die doppeltürigen, schiefergrauen Spinde, an der anderen befanden sich Regalbretter aus Edelstahl, passende Haken für Handtücher, Mäntel und Ausrüstung. Hinter einer breiten Tür lagen die Duschen.
    „Such mir eine Uniform heraus.“
    Emily ging zu einem der Schränke. Der Gefangene stand hinter ihr, während sie die Anziehsachen herausholte und ihm reichte. „Nehmen Sie sie und verschwinden Sie.“
    Er nahm das sauber gefaltete Hemd und die Hose. Dann trat er zurück und legte die Pistole auf die Bank. Ohne Emily aus den Augen zu lassen, hakte er die Daumen in seinen Hosenbund. „Denk nicht einmal ans Fortlaufen“, sagte er. „Ich schieße nackt ebenso gut wie angezogen.“
    Lächerlicherweise peinlich berührt, schaute sie zu Boden, als er die Hose auszog. Kleidung raschelte. Einen verrückten Augenblick lang dachte sie daran, zu fliehen. Doch obwohl Emily schnell war, wäre sie nicht schnell genug, um ohne eine Kugel im Rücken bis zur Tür zu kommen.
    Aus dem Augenwinkel warf sie ihm einen verstohlenen Blick zu. Er hatte die Waffe wieder an sich genommen und schloss mit der linken Hand die Hemdsknöpfe, während er die Pistole in der rechten hielt. Das Hemd war ein bisschen zu groß, aber annehmbar. In der Dunkelheit des frühen Morgens würde er als Wärter durchgehen.
    „Zieh deinen Mantel an“, befahl er.
    Sie zuckte beim Klang seiner Stimme zusammen. Er war jetzt angezogen, samt Kappe und Stiefeln. Und er hatte eine Waffe. Eine Waffe, die er zu benutzen

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