Starkes Gift
abschließenden Geste.
»Das kann ich mir gut vorstellen«, sagte Wimsey. »Was für ein viktorianisches Gehabe aber auch, für einen Mann mit so fortschrittlichen Ansichten! Er für Gott allein, sie für Gott in ihm – und so weiter. Ich bin jedenfalls froh, daß Sie so darüber denken.«
»So? Unserem momentanen Problem ist das aber nicht gerade dienlich.«
»Das nicht; ich hatte nur schon weitergedacht. Was ich sagen wollte – wenn das überstanden ist, möchte ich Sie heiraten, falls Sie glauben, daß Sie es mit mir aushalten und so .«
Harriet Vane, die ihn angelächelt hatte, runzelte nun die Stirn, und in ihren Blick trat ein undefinierbarer Ausdruck des Widerwillens.
»Ach, noch so einer? Das macht siebenundvierzig.«
»Siebenundvierzig was?« fragte Wimsey bestürzt.
»Heiratsanträge. Mit jeder Post kommen welche. Anscheinend gibt es Schwachsinnige in großer Zahl, die jeden heiraten würden, wenn er nur Schlagzeilen macht.«
»Oh«, sagte Wimsey. »Mein Gott, wie peinlich! Wissen Sie, ich habe nämlich diese Art Berühmtheit nicht nötig. Ich kann ganz ohne fremde Hilfe in die Zeitungen kommen. Für mich ist das nichts Erstrebenswertes. Vielleicht sollte ich lieber nicht mehr davon sprechen.«
Seine Stimme klang verletzt, und die Frau sah ihn fast reuig an.
»Es tut mir leid – aber in meiner Lage wird man wohl etwas empfindlich. Ich habe so viele Gemeinheiten erlebt.«
»Ich weiß«, sagte Lord Peter. »Es war dumm von mir–«
»Nein, ich glaube, es war dumm von mir. Aber wieso –?«
»Wieso? Hm – ich fand eben nur, daß es schön sein müßte, Sie zu heiraten. Weiter nichts. Ich meine, Sie haben es mir irgendwie angetan. Warum, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Da gibt’s keine Regeln.«
»Aha. Es ist jedenfalls sehr nett von Ihnen.«
»Ich wollte, Sie würden nicht so reden, als ob Sie das alles komisch fänden. Ich weiß, daß ich ein dämliches Gesicht habe, aber dafür kann ich doch nichts. Kurz gesagt, ich wünsche mir eine Frau, mit der ich vernünftig reden kann, die das Leben interessant macht. Und ich könnte Ihnen eine Menge Tips für Ihre Bücher geben, falls das ein Anreiz ist.«
»Aber Sie würden keine Frau haben wollen, die Bücher schreibt, oder?«
»Aber ja doch; das wäre sogar sehr lustig. Und soviel interessanter als mit einer normalen Frau, die sich nur für Kleider und andere Leute interessiert. Nichts gegen Kleider und andere Leute – mit Maßen. Ich würde nicht behaupten, daß ich etwas gegen Kleider hätte.«
»Und wie steht’s mit den Eichenmöbeln und dem Familiensilber?«
»Oh, damit hätten Sie nichts zu tun. Dafür ist mein Bruder zuständig. Ich sammle Erstausgaben und Inkunabeln, was eine etwas langweilige Angewohnheit von mir ist, aber darum brauchen Sie sich auch nicht zu kümmern, höchstens wenn Sie wollen.«
»Das meine ich nicht. Was würde Ihre Familie sagen?«
»Meine Mutter ist die einzige, auf die es ankommt, und was sie bisher von Ihnen gesehen hat, gefällt ihr.«
»Sie haben mich also schon begutachten lassen?«
»Nein – Himmel noch mal, anscheinend sage ich heute immer das Verkehrte. Ich war einfach nach dem ersten Prozeßtag so aus dem Häuschen, daß ich zu meiner Mutter gelaufen bin, die ein absoluter Schatz ist und zu denen gehört, die wirklich hinter die Dinge schauen, und habe zu ihr gesagt: ›Hör zu, ich bin der absolut einen und einzigen Frau begegnet, und mit der veranstalten sie gerade eine furchtbare Gemeinheit. Komm um Gottes willen mit und halt meine Hand!‹ Sie können sich einfach nicht vorstellen, wie entsetzlich das alles war.«
»Klingt wirklich schlimm. Es tut mir leid, daß ich so grob war. Übrigens, Sie sind sich doch darüber im klaren, daß ich einen Liebhaber hatte?«
»O ja. Mit so etwas kann ich auch aufwarten. Mit mehreren sogar. Das kann jedem passieren. Ich kann sogar recht gute Referenzen bringen. Angeblich bin ich ein guter Liebhaber – nur im Augenblick bin ich ein wenig behindert. Man kann seine Liebe nicht sehr überzeugend zeigen, wenn man am andern Ende eines Tisches sitzt und so ein Kerl einen durch die Glastür beobachtet.«
»Ich will’s Ihnen auch so glauben. Doch ›wie sehr es auch entzücken mag, so ungehemmt durch einen Garten herrlicher Bilder zu wandeln, locken wir Euern Geist nicht fort von einem anderen Gegenstand, der kaum minder wichtig ist?‹ Aller Wahrscheinlichkeit nach –«
»Und wenn Sie sogar Kai Lung zitieren können, kommen wir bestimmt gut miteinander
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