Starlet Monika

lächelte Carl
erneut. »Ich beginne zu verstehen, warum Marty gerade eben Lust hatte, Sie zu
verprügeln, Mr. Holman !« Er
strich sich ein paar Sekunden lang sachte den Bart, als ob er einer liebevollen
Behandlung bedürftig sei. »Aber schließlich nehme ich an, daß rüde Manieren in
Ihrem Beruf ihre Vorteile haben .«
    »Ich war mir nicht bewußt,
unhöflich gewesen zu sein, Mr. Kroos «, sagte ich mit gespielt unschuldiger Stimme. »Ich dachte, ich hätte
lediglich Tatsachen erwähnt .«
    »Daran war Martys Freund«,
sagte er zögernd. »Marty stellte ihn mir vor, und ich stellte ihn wiederum
Angela vor. Es gehörte, wie man so sagt, nun eben zu den Dingen, die passieren.
Ich lege keinen Wert darauf, mich weiter über das Ganze zu unterhalten, Mr. Holman . In Anbetracht der Tatsache, daß Daran nun mit Miss
Beyer nach Europa durchgebrannt ist — so sagt man doch wohl in diesem Fall? —,
scheint es völlig zwecklos, sowohl sein als auch mein Privatleben zu
diskutieren .«
    »Sie haben recht«, sagte ich.
»Entschuldigung.« Ich ging weiter in das leere Schlafzimmer, öffnete die
Schreibtischschublade und nahm die Mäppchen heraus. Ich behielt die mit den
Heilbädern und Kurorten in Westdeutschland für mich und steckte sie in meine
Tasche. Den Rest legte ich in die Schublade zurück. Als ich in das Wohnzimmer
zurückkehrte, blickten mich die drei an, als sei ich ein Typhusbazillenträger
oder noch etwas Schlimmeres.
    »Wenn Sie hier endlich fertig
sind, Mr. Holman «, sagte die abgestufte Blonde,
»finden Sie Ihren Weg hinaus sicher selber .«
    »Ich nehme an .«
    »Das Haus der Illusionen eröffnet heute in einer Woche, Mr. Holman «, sagte
Carl Kroos und streichelte erneut seinen Bart. »Sie
sollten kommen und es sich ansehen. Vielleicht amüsiert es Sie .«
    »Wenn es noch komischer ist als
Marty, muß es eine Wucht sein«, pflichtete ich bei. »Ich hätte nicht einmal
etwas dagegen, die fünfzig Cent Eintritt zu zahlen .«
    Carls Hand konnte gerade noch
zum zweitenmal Marty auf der Couch zurückhalten. »Sie
werden es ganz sicher genießen, Mr. Holman . Einige
unserer elektronisch gesteuerten Figuren machen einen viel lebensechteren Eindruck
als eine Menge von Leuten aus Fleisch und Blut — Leute wie Sie zum Beispiel .«
    Marty und die Blonde starben
beinahe vor Gelächter. Für mich lohnte es keine schlagfertige Antwort. Ich
lächelte also lediglich höflich und strebte der Wohnungstür zu.
    Zu Hause angelangt, goß ich mir
einen lebensgroßen Bourbon auf Eis ein und setzte mich dann mit
Einsamkeitsgefühlen nieder, während ich das Glas leertrank. Etwa zwanzig
Minuten später klingelte es an der Haustür, und ich ging erwartungsvoll und in
der Hoffnung hin, irgendein prachtvoller, bereits für seinen Urlaub in einer
Nudistenkolonie entkleideter Rotschopf habe sich unterwegs verirrt. Aber als
ich die Tür öffnete, wußte ich sofort, daß ich mich getäuscht hatte; niemand
konnte Huey Lambert für irgend etwas Prachtvolles halten.
    »Rick«, er lächelte
ausgesprochen nervös, »könnte ich Sie für eine Minute sprechen ?«
    »Warum nicht?« Ich hielt die
Tür ein wenig weiter auf. »Heute ist ohnehin ein lausiger Tag gewesen. Warum
sollte es auf einmal anders werden ?«
    Wir gingen ins Wohnzimmer, und
ich goß ihm einen Drink ein, während er, nach wie vor nervös aussehend, sich
auf die Couch setzte. Dann ließ ich mich ihm gegenüber nieder, und wir blickten
uns eine Weile schweigend an, wie zwei von Carl Kroos ’
elektronisch gesteuerten Figuren, denen der Strom ausgegangen ist.
    »Wenn Sie in einem solchen
Affentempo weiterreden, Huey , muß ich mir Watte in
die Ohren stopfen«, sagte ich schließlich.
    Er nippte an seinem Glas,
räusperte sich und sah mich dann mit entschuldigendem Blick an. »Sie mögen mich
nicht leiden, Rick, oder ?«
    »Nein«, bestätigte ich. »Bringt
Sie das um Ihren Schlaf ?«
    »Sie glauben, daß ich, nur weil
die kleine Beyer mich hat abfahren lassen, es nicht habe erwarten können, bis
Angela herausfinden würde, daß die Kleine mit Bill Daran abgehauen ist .«
    »Sie erzählen mir fortgesetzt,
was ich denke, Huey «, sagte ich. »Steckt da irgendwas
dahinter, oder üben Sie Gedankenlesen ?«
    »Sie haben all diese flapsigen
Bemerkungen über Loyalität gemacht«, brummte er. »Ich bin Angela gegenüber
loyal, um hundert Prozent loyaler, als Sie wissen! Ja, sogar loyaler, als sie
selber weiß .« Seine Hand malte ein surrealistisches
Gemälde der Loyalität in die Luft