Starlet Monika
indem ich sie etwas über Schulterhöhe anhob. Für den
Bruchteil einer Sekunde erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf Karl, der
dastand, die Pistole hoch über den Kopf gehoben, dann knallten meine verschlungenen
und zu Fäusten geballten Hände mit einer Wucht, die mir beinahe die Knöchel
zerschmetterte, gegen sein linkes Ohr.
Ich sah, wie ihm die Pistole
aus der Hand fiel, als er zur Seite schwankte, hörte seinen dünnen
Entsetzensschrei und dann gab es einen Übelkeit erregenden Quietschlaut, als
ihn die Limousine niedermähte und über den Kamm des Berges verschwand.
Alles ereignete sich so
schnell, es bestand sogar eine Chance, daß Weigel gar nicht gesehen hatte, wie
Karl statt mir unter die Räder des Wagens geraten war; unsere Mäntel sahen
ausreichend ähnlich aus. Aber rechnen konnte ich damit nicht — und in jedem
Fall würde Weigel zurückkehren. Ich ließ mich auf Hände und Füße nieder und
krabbelte verzweifelt im gefrorenen Schnee umher, bis ich die Pistole gefunden
hatte. Als ich mich, sie in der rechten Hand haltend, wieder aufrichtete, wurde
mir bewußt, daß das Motorengeräusch verstummt war. Das konnte bedeuten, daß
Weigel oben hinter dem Kamm des Berges auf Karl wartete. Ich überlegte, daß
Warten für mich auch keine schlechte Idee sei, und ging etwa drei Meter weit
seitwärts zu einer Gruppe von Tannen und stellte mich darunter, so daß ihr
Schatten mich, von der Straße her gesehen, unsichtbar machte.
Ich schien eine Ewigkeit warten
zu müssen, obwohl es bestenfalls fünf Minuten waren. Meine Augen waren an das
Sternenlicht gewöhnt, und nach einer kleinen Weile bekam ich den unangenehmen
Eindruck, daß dieses Licht und dazu der schneebedeckte Boden die Szene heller
beleuchtete als Tageslicht. Dann sah ich eine dunkle Gestalt, die sich flüchtig
als Silhouette auf dem Kamm der Anhöhe abzeichnete, und beobachtete, wie sie
stetig näher kam. Ich wartete, bis sie etwa zehn Meter von Karls Leiche
entfernt war und rief dann laut: »Weigel !« während ich
mich gleichzeitig niederkauerte.
Er fuhr beim Klang meiner
Stimme herum, und den Bruchteil einer Sekunde, bevor ich den Schuß hörte, sah
ich das Aufblitzen der Pistole, als er abdrückte. Die Kugel fuhr pfeifend
irgendwo über meinem Kopf in die Äste. Ich zielte sorgfältig mit Karls Pistole
und drückte ab. Eine kleine Wolke Schnee wirbelte plötzlich etwa einen halben
Meter weit vor Weigel von der Straße auf, und er begriff, was das bedeutete.
» Holman !«
In seiner Stimme lag ein verzweifelter Unterton. »Gut, gut! Wir können über die
Sache reden !«
»Werfen Sie zuerst mal Ihre
Pistole weg, Freund«, sagte ich.
»Natürlich! Sofort!«
Er schoß dreimal hintereinander
in rascher Folge, und die letzte Kugel schlug unmittelbar neben mir in den Stamm
der Tanne. Das jagte mir verteufelt Angst ein, was bedeutete, daß ich aus
reinem Reflex heraus handelte, meinerseits zweimal abdrückte und erst wieder zu
denken begann, als ich Weigel kopfüber auf die Straße stürzen und dort
liegenbleiben sah. Ich verließ vorsichtig mein Versteck, meine Pistole
weiterhin auf seinen Körper gerichtet, während ich auf ihn zuging. Eigentlich
war ich überzeugt, daß er kein Theater spielte, aber ich wollte sicher sein.
Als ich meinen Fuß unter seinen Körper schob und ihn auf den Rücken drehte,
genügte ein Blick, um zu wissen, daß er nichts vortäuschte. Erich Weigel war
tot. Eine oder auch beide Kugeln hatten ihn in die Brust getroffen, und der
Vorderteil seines Mantels war mit einem nassen, sich schnell ausbreitenden
Fleck bedeckt.
Ich schob beide Hände unter
seine Achseln und zerrte die Leiche an den Straßenrand. Dann rannte ich über
den Kamm der Anhöhe weg und sah die Limousine etwa fünfzig Meter unterhalb der
höchsten Erhebung stehen.
Vielleicht hatte ich eine
Chance, dachte ich verzweifelt, eine lausige kleine Chance, solange kein
anderer Wagen daherkam und der Fahrer Karls Leiche auf der Erde ausgestreckt
liegen sah. Ich erreichte keuchend den Wagen, riß die Tür an der Fahrerseite
auf und sah, daß der Zündschlüssel steckte. Ich wendete und fuhr über den Kamm
der Anhöhe zurück bis zu der Stelle, an der ich Weigels Leiche hinterlassen
hatte. Mein Verstand sagte mir, daß ich einen Augenblick anhalten und überlegen
mußte, weil ich keinen Fehler machen durfte. Gleichzeitig aber saß mir die
zitternde Angst im Nacken, daß jeden Augenblick zufällig ein anderer Wagen
daherkommen und mir schließlich ein
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