Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stars & Stripes und Streifenhörnchen

Titel: Stars & Stripes und Streifenhörnchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Streck
Vom Netzwerk:
indianisch ausspricht. Er, rachenlaut-ungeübt, tat sich schwer damit.
    Wir verlebten unbeschwerte Tage auf der Ranch. Frau und Töchter ritten, der Mann ruderte oder übte mit John den Rachenlaut. Abends kamen wir zusammen, aßen viel Fleisch und wenig Gemüse, hockten hernach auf der Terrasse und hörten dem Guest-Ranch-Besitzer Greg zu, der sehr plastisch vom Jagen und Hirsch-Häuten erzählte. Deirdre, Hausfrau aus New Jersey, konnte bei diesem gemütlichen Beisammensein auch eine wunderschöne Tier-Episode beitragen und beichtete, wie sie mal den Notruf 911 wählte, weil sich ein Eichhörnchen in ihr Haus verirrt hatte, worauf die Polizei anrückte und das Eichhörnchen vertrieb. Wir lachten herzlich – am herzlichsten lachte die Frau des Hauses – und tranken Hoch ein »Trout Slayer«. Im Hintergrund brannten die Berge, ganz normal in Montana, größer als ganz Deutschland. Montana kann sich brennende Berge leisten.
    Am dritten Tag überredeten mich die Frauen des Hauses, es wenigstens zu versuchen mit dem Reiten, »nun stell dich nicht so an, es hat noch niemandem geschadet«. Ich endete auf einem Pferd, das aber meine Antipathie gegen diese Transporttiere sofort witterte und es offenbar auch mit meinem Sinnspruch vom Glück der Pferde und dem Reiter auf der Erde hielt. Reiten gehört ebenso wenig wie Tanzen zu meinen großen Stärken. Es war aber schön zu sehen, wie sich Frau und Töchter von den Strapazen der langen Hinfahrt erholten. Sie sahen glücklich aus, die Pferde gehorchten ihnen sogar. Die Töchter freundeten sich mit dem Cowgirl Ellie an, welche aus Ohio stammte, Angst vor Wasser hatte und später irgendwas mit Pferden studieren wollte.
    Die Zeit verging wie ein Ritt über den Bodensee. Am Tag unseres Abschieds weinten die Pferde und die Töchter. Ich musste Pferden und Töchtern versprechen, dass wir wiederkommen würden. Wir verabschiedeten uns von John und Deirdre und George und Tinkerbell – der Diener und Jennifer angelten gerade mit Shrimps – und tauschten Telefonnummern aus.
    Sodann bestiegen wir den weißen Minivan und machten uns auf den 4500 Kilometer langen Heimweg. Ich musste mein Wort geben, keine weiteren Skurrilitäten am Straßenrand anzufahren, obschon mich das weltgrößte Schildkrötendenkmal in Minnesota und das weltgrößte Wollknäuel in Kansas ziemlich reizten. Wir hielten noch einmal am weltgrößten Truck-Stopp in Iowa, aber diesmal nur, um zu pinkeln, kauften einen Magneten und fuhren, fuhren, fuhren durch North Dakota, Minnesota, Wisconsin, Michigan, Ontario. Wir schliefen in »Best Western« Hotels und spielten abends »Beiß mir einen Bundesstaat«. Fünf Tage und vier Magneten später erreichte die Kleinfamilie unsere Villa Kunterbunt. Wir waren traurig, aber immerhin freute sich Todd von der »Liquor Pantry« über unsere Rückkehr, »good to see you again!«. Ich hätte ihnen gern noch mehr gezeigt von Ecken, die kein Tourist sonst je zu sehen bekommt. Aber es war schön. Schön anstrengend. Ich hätte nach diesem Urlaub dringend ein paar Tage Urlaub gebrauchen können.





Rudi
Haustiere und Tiere im Haus
    Kindern darf man nie zu viele Versprechungen machen, nicht mal vage, nicht mal andeuten. Ihr Gedächtnis hat etwas von Elefanten. Versprechen, selbst vage, kommen zurück wie ein Bumerang. Der Bumerang traf uns zu einem ungünstigen Zeitpunkt an einem Samstagmorgen zwei Tage vor Heiligabend. Die Frau war sehr beschäftigt mit Besorgungen; ich war sehr beschäftigt mit Zeitunglesen. Mittags stand die ältere Tochter in der Tür mit einer Schulfreundin und der Mutter der Schulfreundin, und die drei schleppten eine zunächst undefinierbare Kiste in die Villa Kunterbunt, die sich auf den zweiten Blick als ein Aquarium erwies. Die Tochter hielt darüber hinaus einen wassergefüllten Beutel in der Hand, in dem zwei Goldfische schwammen, die ihr die Mutter der Freundin geschenkt hatte. »Ihr habt es uns versprochen vor dem Umzug«, sagte sie, und ich mochte vor Augen und Ohren der Mutter ihrer Freundin nicht ernsthaft intervenieren und sagte zögerlich, »ist schon okay«. Wir hatten sogar noch Glück, denn das Haus ihrer Freundin war in Wahrheit ein Zoo, und es hätte durchaus sein können, dass sie mit zwei Python-Schlangen statt der Fische in der Tür gestanden hätte.
    An diesem vorweihnachtlichen Samstag bekam unsere Kleinfamilie Zuwachs. Wir installierten das gebrauchte Aquarium am Fenster in ihrem Kinderzimmer, tauften die Fische Niblet und Tidbit,

Weitere Kostenlose Bücher