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Schneetreiben.
Walter Walbohm nickt nun ebenfalls und atmet beruhigt aus. »Gut, gut. Dann kann ja nichts schiefgehen.«
»Absolut nichts«, bestätigt Livi.
Mann, Livi ist ja anscheinend auch ein richtiger Profi! Hätte ich nicht gedacht. Meine eigene Schwester ein Spionier- und Beschattungsprofi!
Aurora gackert in ihrem Korb aufgeregt vor sich hin. Ob sie ahnt, dass eine große Aufgabe auf sie wartet? Walter hielt es für eine gute Idee, sie mitzunehmen, damit sie die neuen geretteten Hühner beruhigen kann. Schließlich hat sie all das ja ebenfalls hinter sich.
Ihr Korb steht sicher eingeklemmt zwischen den Hühnerkäfigen, die Walter Walbohm noch von seinen früheren Hühneraktionen aufgehoben hatte, sodass Aurora – im Gegensatz zu uns – nicht in jeder Kurve von einer Seite des Wagens zur anderen geschleudert wird.
Ich kann nicht glauben, dass wir das hier tatsächlich machen! Und dass ausgerechnet Tessa mich dazu überredet hat! Aber als gute Schwester konnte ich natürlich weder Tessa noch Livi hängen lassen. Wenn es hart auf hart kommt, muss man zusammenhalten.
Das muss sich Cornelius heute wohl auch gedacht haben. Denn seit gefühlten hundert Wochen ist dies der erste Tag, an dem er nicht ständig Iris anraunzt und sie sich dann streiten. So wie gestern. Da habe ich gehört, dass es irgendwie mit Cornelius’ Band Rainbow zusammenhängen muss.
Ach, grässliche Geheimdienstwelt! Ich wünschte so sehr, ich hätte diese matsch-ekligen Erzählungen von Frau Dornkater nicht mit anhören müssen! Denn mir ist meerwasserklar, dass natürlich genau das der Grund für die Streitereien ist. Iris muss irgendwie ahnen, dass Cornelius was mit einer anderen am Laufen hat. Und dass irgendwie die Band damit zu tun hat. Kein Wunder, dass sie sauer auf ihn ist! Kein Wunder, dass sie ihm vorwirft, zu viel Zeit mit seinen Kumpeln zu verbringen statt mit ihr! Wenn es doch nur Kumpel wären …
Und Cornelius? Statt sich zu entschuldigen und sich endlich von seiner, beziehungsweise meiner doofen Matsch-Lehrerin zu verabschieden, tut er nur so, als ob Iris komplett spinne und sagt, dass er sie genauso liebe wie am ersten Tag und dass sie ihm seine Musik gönnen solle. (Okay, ich geb ja zu, ich hab gestern wirklich etwas genauer hingehört.)
»Männer!«, hat Iris geschnaubt.
Und das kann man ja wohl verstehen. Was soll man auch sonst auf solche mageren Ausreden sagen?
Väter sind eben auch nur Männer. Aber wie traurig ist das denn? Sollte Cornelius nicht – verdammt noch mal – vor allem daran denken, dass er vier Töchter hat und dass die ein Recht auf glückliche Eltern haben?
Wie kann Cornelius nur so herzlos Iris betrügen? Wieso betrügen Menschen überhaupt?
Na schön, dieser unglaubliche Gerold Grünberg meinte ja am Mittwochnachmittag, als Frau Dornkater und Frau Meyer-Buchsbaum mich in seinem Büro abgeliefert hatten, dass ich auch versucht hätte, zu betrügen. Und zwar nicht nur Frau Heinzig, sondern auch alle meine Mitschüler.
Hm, also, na gut, so hatte ich das noch gar nicht gesehen. Aber natürlich, es stimmt, die anderen in meiner Klasse haben nicht die gleichen Chancen wie ich, wenn ich die Fragen alle vorher schon weiß. Und – na gut – vielleicht hätte ich dann tatsächlich ein kleines bisschen sogar Miri und Lasse und Sophie und die anderen betrogen. Obwohl ich das ja echt nicht böse gemeint hab.
Seufz. Es ist wirklich eine verflixt komplizierte Sache mit dem Betrügen.
»Malea!« Tessa, die an die gegenüberliegende Lieferwagenwand gelehnt sitzt, stupst mich mit ihrem Stiefel an. (Ist die eigentlich bescheuert, hockhackige Wildlederstiefel für einen Einbruch zu tragen? Also Tessa ist auf jeden Fall KEIN Profi!) »Malea! Jetzt mach endlich mal ein freundlicheres Gesicht! Dieser Grünberg wird uns am Montag schon nicht den Kopf abreißen. Irgendwie kriegen wir das schon wieder hin!«
Montag? Ach ja, das ja auch noch! Umpfff. Diese blöde Panne hatte ich schon wieder ganz vergessen.
Dodo kichert. »Jetzt sieht sie noch vergrunzter aus!«
Ich gucke Dodo bitterböse an. Obwohl es ja eigentlich total nett von ihr war, das Risiko mit dem Leiterklettern für mich einzugehen, bloß damit ich eine gute Arbeit schreibe.
Und die habe ich ja auch geschrieben. Nur dass es nicht viel genützt hat. Oh, oh, oh …!
»Was ist denn mit Malea?«, fragt Walter Walbohm freundlich nach hinten. »Irgendwas nicht in Ordnung?«
»Doch, doch«, antworte ich lahm. »Ich denk nur so ’n bisschen
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