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Starters

Starters

Titel: Starters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lissa Price
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sich vor den Spiegelwänden schön und verbargen gekonnt, dass sie dringend die Toilette besuchen mussten. Vorne links waren zwei Kabinenreihen, jede mit ihrer eigenen Schlange.
    Halte dich rechts.
    Ich hielt mich rechts und wartete. Ich zählte vier Kabinen, die letzte eine Behinderten-Toilette.
    Die mittlere Kabine ging zuerst auf.
    Nein. Es ist die letzte Kabine.
    Ich ließ der Ender hinter mir den Vortritt. Endlich öffnete sich die letzte Kabine, und ich ging hinein. Ich verriegelte die Tür und blickte mich um.
    »Ich sehe sie nicht«, flüsterte ich.
    Unter dem kleinen Abfalleimer.
    Da stand er, ganz an die Wand gerückt. Ich achtete sorgsam darauf, dass mein schönes Kleid nicht zu nahe an die Toilette geriet, als ich mich bückte und unter den Behälter griff. Ich streifte eine Wölbung.
    Sie hatte eine kleine Pistole mit Klebstreifen an der Unterseite des Abfalleimers befestigt.
    Da.
    Es war nicht einfach, das Klebeband zu lösen. Ein Gong ertönte – das Signal, dass die Zeremonie gleich begann. Endlich bekam ich die Waffe frei und verstaute sie in meiner Handtasche.
    Als ich aus der Toilette hastete, fiel mir ein, dass ich vergessen hatte, die Munition zu entfernen. Die Platzanweiser schlossen bereits die Türen. Ich schob eine Hand in das Abendtäschchen und sicherte die Pistole, während ich auf meinen Platz zusteuerte.
    Das ist unnötig.
    »Sicherheit ist alles«, wisperte ich.
    Ich saß während der Ansprachen zur Preisverleihung allein. Der Senator präsentierte sich als ehrenwerter Staatsmann. Er ließ sich lang und breit darüber aus, dass es die wichtigste Mission in seinem Leben sei, junge Menschen durch sinnvolle Aufgaben von Ärger und Problemen fernzuhalten. Helena gab laufend ihre bissigen Kommentare ab, mit denen sie die wahren Absichten hinter seinen edlen Phrasen enthüllte.
    Sie dachte nicht daran, ihren Plan aufzugeben.
    Du hast die Waffe. Erschieß ihn!
    Ich konnte nicht sprechen, sonst hätte ich ihr gesagt, sie solle endlich den Mund halten. Das Täschchen mit der Pistole lag während der längsten Veranstaltung der Welt zentnerschwer auf meinen Knien.
    Als sie endlich zu Ende war, strömte ich mit der Menge nach draußen.
    »Eine Frage, Helena«, sagte ich leise. »Warum hier?«
    Je größer die Aufmerksamkeit, desto besser lässt sich die Body Bank entlarven.
    Ich schlenderte durch den Ballsaal, während ich auf Blake wartete. Helena schwieg, und ich genoss die Verschnaufpause. Die reiche Auswahl an Desserts auf dem Buffet-Tisch war bewundernswert. Allerdings hatte ich keinen Appetit, und da ich allen anderen nur im Weg zu stehen schien, löste ich mich aus dem Gedränge und schlenderte zu den hohen Fenstern hinüber.
    Ich starrte bereits einige Minuten nach draußen, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich um und sah den Senator. Allein.
    »Callie, nicht wahr? Amüsieren Sie sich?«
    Das war meine Chance, ihn zu warnen. »Ich bin froh, dass wir allein sind. Ich muss Sie kurz sprechen.«
    Seine Augen verengten sich. »Sie sind so schön.«
    Irgendwie klang das aus seinem Mund wie eine Beleidigung. Es lag nicht nur daran, dass er so direkt war. Auch sein Tonfall machte mich nervös.
    »Danke.«
    Er trat näher, ungehörig nahe, und betrachtete mein Gesicht so prüfend wie ein Arzt. Ich kam mir vor wie ein Insekt unter einem Mikroskop.
    »Etwas nicht in Ordnung?«, fragte ich.
    »Ganz im Gegenteil. Sie sind absolut vollkommen.« Er legte mir eine Hand unter das Kinn und drehte mein Gesicht zur Seite.
    Mein Herz begann zu hämmern. Ich wollte in die Mitte des Saales zurückkehren, wo mehr Menschen waren.
    »Makellos.« Er nahm meine Hände und untersuchte die Handrücken. »Nicht eine Narbe, nicht ein Muttermal oder Kratzer.« Er musterte wieder mein Gesicht. »Nicht die Spur einer Unebenheit.« Seine Lippen verzogen sich spöttisch.
    Er war mir jetzt so nahe, dass ich den bitteren Duft von Zigarrenrauch in seinem Atem vernahm.
    »Ich weiß, was Sie sind.« Er umklammerte meinen Arm.
    Ich versuchte mich zu befreien, aber sein Griff war eisern.
    »Weshalb sind Sie hier? Hat Tinnenbaum Sie geschickt?«
    »Nein.« Ich bäumte mich auf.
    »Wer sonst ist hier?«
    »Niemand. Nur ich.«
    »Ich will, dass Sie von hier verschwinden. Auf der Stelle. Und halten Sie sich von meinem Enkel fern!« Er schüttelte mich. »Was sind Sie nur für eine Frau?«
    »So begreifen Sie doch! Ich habe Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.«
    »Nichts, was Sie sagen könnten, würde etwas ändern.«

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