Starters
die einigermaßen glaubhaft klang, aber mir fiel nichts ein. Also wieder die Wahrheit. »Ich möchte nicht darüber sprechen.«
Ich sah ihn an – und las in seinen Zügen eine tiefe Besorgnis. Mir war mit einem Mal elend zumute.
»Es ist … sehr privat«, sagte ich.
Er nahm meine Hand. »Ich weiß, dass wir einander noch nicht lange kennen, aber ich hatte gehofft, du würdest mir vertrauen.«
»Darum geht es nicht. Es ist nur … alles so schön zwischen uns.«
»Und du hast Angst, dass ich dich vielleicht nicht mehr mag, wenn du mir erzählst, was es mit dieser Operation auf sich hat? Hältst du mich für so oberflächlich?«
Meine Lippen zitterten. Ich konnte nichts dagegen tun.
»Nein, das nicht.«
Er drückte meine Hand. »Keine noch so schlimme Enthüllung könnte meine Gefühle zu dir verändern. Ich möchte dich kennenlernen. Alles über dich wissen.«
Er hatte keine Ahnung, wie gewaltig diese Lüge war. »Bitte dränge mich nicht dazu. Manchmal tut man einfach Dinge, die man später bereut.«
»Das geht uns allen so.«
Er wollte mich beruhigen. Wenn die Dinge nur so einfach wären. Hätte ich doch niemals die Body Bank aufgesucht. Andererseits hätte ich ihn dann nicht getroffen.
Ich sah, wie hinter den Häusern in der Ferne die Sonne unterging. »Müssten wir nicht bald aufbrechen?«
Er nahm meine Hände und zog mich hoch. »Komm mit!«
Er brachte mich nach drinnen, führte mich einen Gang entlang und öffnete eine Tür. Der in zarten Rosatönen gehaltene Raum gehörte eindeutig einem Mädchen. »Das Zimmer meiner Schwester.«
Er zog die Schranktüren auf und deutete auf einen schimmernden Regenbogen an Abendkleidern, von langen Festroben bis zu eleganten Cocktail-Minis. Die neuesten Materialien waren vertreten, federleichte Wunder der Physik in changierenden Farben, aber auch Retro-Gewänder, inspiriert von alten Filmen der vergangenen Jahrhunderte. Auf dem Hutbrett darüber standen durchsichtige Behälter mit glitzernden High Heels und Abendtaschen.
Er fuhr mit der Hand über einen Sensor, und die Behälter drehten sich, sodass noch mehr Modelle zum Vorschein kamen.
»Sie geht gern shoppen.« Er verdrehte die Augen.
»Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast.«
»Sie ist im Norden, bei meiner Großtante.«
Ich fuhr mit den Fingerspitzen über die edlen Stoffe. »Und was macht sie da?«
»Shoppen.«
Er lehnte sich an die Wand, dicht neben meiner Schulter, und blickte mich an. Ich merkte, dass er da weitermachen wollte, wo er kurz zuvor aufgehört hatte.
Sein Gesicht war nur noch Zentimeter von meinem entfernt.
Ein Lächeln stahl sich über meine Züge. Er beugte sich über mich, ganz sacht, und küsste mich. Und küsste mich. Ich wünschte mir, dass dieser Kuss nie zu Ende ging. Das kann nicht besser werden, dachte ich, aber darin hatte ich mich getäuscht. Ich schlang ihm die Arme um den Hals und zog ihn ganz nahe zu mir heran.
Er umschloss meine Taille, und ich schmiegte mich atemlos an ihn.
»Wir gehen jetzt besser«, wisperte ich. »Sonst kommen wir zu spät.«
Er nickte und ging langsam zur Tür. »Ruf mich, wenn du fertig bist.«
Als er fort war, berührte ich meine Lippen. Sie pochten und fühlten sich heiß an.
Ich besann mich und fuhr mit der Hand über die märchenhaften Kleider. Was sollte ich anziehen?
Der Schrank, vor dem ich stand, war noch reichhaltiger ausgestattet als der von Helena. Was sollte ich anziehen? Ich kam mir vor wie ein Kind, das sich für eine einzige Eissorte unter vielen entscheiden musste. Aber wichtiger war jetzt, dass ich den Senator warnte, und da durfte ich keine Zeit verlieren. Ich wählte ein ärmelloses blaues Abendkleid mit einer passenden Stola. Es war bodenlang, wog aber weniger als ein Taschentuch. Ich fand es hübsch und dem Anlass angemessen, da es nicht allzu freizügig war. Ich wollte, dass mir der Senator glaubte. Und irgendwo hatte ich gehört, dass Blau eine Farbe war, die Vertrauen erweckte.
Nach ein paar Minuten klopfte Blake an der Tür.
»Komm rein.«
Blake trug einen Smoking. Er sah phantastisch aus. Seine Augen wurden groß, als er mich sah, aber er schaltete sofort auf cool um. Er nahm einen Metallstab, der im Schrank hing, und strich damit über mein Kleid.
»Wir haben jetzt keine Zeit für Spielereien«, ermahnte ich ihn.
»Pass auf!«
Im Schrank schaltete sich ein Airscreen ein. Er zeigte mein Kleid in 3D. Während es sich langsam im Kreis drehte, tauchten ringsum die Abbildungen von Schuhen, einer
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