StasiPolka (German Edition)
keinen Ton mehr.“ Tires Gesicht war weiß, er starrte wie hy pnotisiert auf den Bildschirm. „Sehen Sie sich das an.“ Der Schwarzhaarige durchsuchte den Schreibtisch, richtete sich dann auf und musterte Punkte rechts und links des Kameraobjektivs. Dann ging er zum Besuchersessel und griff sich eine Zeitschrift. Sheilas zusammen gebundene Füße zuckten, gedämpftes Wimmern klang auf und erstarb dann.
„Stellen Sie das ab“, sagte Vincent, „es reicht.“ Was sollte Tire sich quälen. Di ese Bilder verfolgten ihn vermutlich jede Nacht in seinen Alpträumen.
„Was Neues von der Polizei?“
„Keine Spur“, Tires Stimme klang immer noch belegt, „ich glaube der Bursche ist längst wieder drüben. Wenn er sich hier verkrochen hätte, wüsste ich das.“
„Man wird ihn finden. So schlimm es sich anhören mag, im Grunde haben Sie verdammtes Glück gehabt, dass Sie nicht im Büro waren. Der Kerl hatte nicht die Ne rven, weiter auf Sie zu warten, sonst säßen Sie jetzt nicht hier.“
„Ich weiß.“ Tire nahm das Band aus dem Recorder und gab es Vincent. „Vie lleicht können Ihre Leute mehr damit anfangen, als unsere Plattfüße.“
Vincent schob ihm einen Umschlag zu. „Das sind zehntausend Dollar.“ Tire hob abwehrend die Hände. „Nehmen Sie, kann sein, wir sehen uns noch wieder. Die Sache ist nicht vo rbei.“
Tire zierte sich nicht weiter und steckte das Geld ein.
„Dieser unechte Lejaune könnte bei den Typen in Liverpool untergekrochen sein“, sagte Vincent, „ich nehme an, das wurde überprüft.“
Tire nickte. „Hab alle Bekannten eingeschaltet, hab sogar den Bullen ´nen Tipp gegeben. Nichts. Kein Spitzel weit und breit, der was gerochen hätte. Gesetzt den Fall, Devons Verein steckt mit drin, dann behandeln sie es wie ´ne Kommandosache. Sollte ich noch mal bohren?“
„Bringt nichts. Wenn Sie wollen, können Sie einen Telefonjob für mich erled igen. Da gibt es eine Firma in Florida.“ Vincent berichtete ihm von Clayton Globalbrokers. „Prüfen Sie mal, ob die hierzulande auffällig geworden sind. Bleiben Sie aber in Deckung. Den Leuten verdanke ich mein rotes Ohr.“
„Wollte Sie schon die ganze Zeit darauf ansprechen“, sagte Tire.
In München war das Wetter nicht viel besser. Die Wolken hingen tief, als die Lufthansamaschine aufsetzte, aber weiter im Süden schob ein Streifen Sonnenlicht al lmählich das Grau vom Himmel. Vielleicht gab es abends noch Biergartenwetter.
Vincent saß in der Lounge, trank einen Tomatensaft und überlegte, wie er weiter vorg ehen sollte. Es lag nahe, gleich zu Rea zu fliegen. Dort hatte er Baranowski und Sergei, die genug Wege kannten, um Sheilas Killer zu identifizieren.
Doch da war noch Karol. Seine Halbstarken hatten in Tschechien Grahams B otenjungen flambiert. Jetzt lief plötzlich ein neuer Mann mit dem Namen des Toten herum. Und so, wie dieser falsche Lejaune redete, konnte er durchaus Tscheche sein. Seit dem Treffen mit Tire hatte Vincent mehrmals versucht, Karol ans Telefon zu bekommen, aber offenbar benutzte der Mann sein Handy nur in Notfällen.
Besser, er ließ sich nach Split fliegen. Sein Handy schnurrte, als er gerade Han ssons Geschäftskarte aus der Reisetasche fischte.
„Sie wollten mich sprechen? Sagen Sie erst mal Ihren Namen.“ Karol hatte Vi ncents Nummer auf dem Display seines Mobiltelefons gefunden.
„Neulich in Wien haben wir im Sandkasten gespielt“, sagte Vincent, „jetzt gibt’s ein Video von einem Mann, der Dankos Mörder sein könnte.“
Darauf sprang er gleich an. „Wo stecken Sie?“
„In Süddeutschland, auf der Autobahn.“ Vincent merkte, er wurde alt. Was e rzählte er Karol, wenn jetzt im Warteraum eine Flughafendurchsage aus dem Lautsprecher dröhnte?
„Haben Sie einen Laptop dabei?“
„Nein. Aber ich kann Ihnen ein Bild zufaxen.“
„Meinetwegen.“ Er gab Vincent eine Nummer. „Wieso rufen Sie ausgerechnet mich an?“
„Der Kerl könnte Tscheche sein.“
Das stoppte ihn nur kurz, Karol musste was loswerden. „Seit Sie mit dieser Frau in Wien aufgetaucht sind, gab es nur Ärger. Wissen Sie, was in der Zeitung stand, als die Polizei den alten Hausser ausgebuddelt hatte? ‘Danko, der zu gekokste Dracula, foltert erst einen Greis zu Tode und schießt dann im Drogenrausch die erstbeste Joggerin über den Haufen. Das geht selbst seinen Spezis von der Mafia zu weit. Sie exekutieren ihn und seinen schwulen Lover gleich mit. Ein Gangster weniger.’ Und so weiter. Noch mehr
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