StasiPolka (German Edition)
drückte.“
„Ach was. Seine Großeltern kamen als Einwanderer in die Staaten. Anfang der Dreißiger, aus irgendeinem Nest am Schwarzen Meer. Genes Vater hat fünfundzwanzig Jahre bei der Army gedient. Klein Gene war ein Musterschüler, Mustersoldat, Musterstudent, in dieser Reihenfolge. Nach dem Wirtschaftsstudium Karriere beim Geheimdienst, nach dem Golfkrieg bei uns.“
„Wo steckt er eigentlich?“
„Macht eine Rundreise durch Italien. Hat eine Woche Urlaub.“
„Sprechen Sie mit ihm, wenn er wieder zum Dienst kommt.“
Sie nickte. Vincent sah, dass sie nachdenklich war. Ihr Zögling mochte ja bei OVID mit einem eindrucksvollen Heiligenschein auf dem Haupt herum laufen, gleichwohl ging es bei dieser schmutzigen Geschichte um Beträge, die selbst einen Erzengel in Versuchung führen konnten.
Mit Tunsky stimmte etwas nic ht, Vincent roch es. Noch konnte alles ganz harmlos sein. Simple Wichtigtuerei zum Beispiel. Trotzdem würde er Baranowski bitten, etwas über die Herkunft dieses Mannes heraus zu finden. Hier gab es für ihn nichts mehr zu tun.
„Sie haben sich verändert Vincent.“
„Mag sein. Bisher war ich nie privat betroffen, wenn es hart auf hart ging. Es waren immer nur Jobs.“
„Ich habe das nicht negativ gemeint.“ Sie erhob sich, ihre Stimme klang jetzt weich. „Geben Sie auf sich und Ihre Tochter Acht. Ich würde Rea gern kennen lernen, wenn alles vorbei ist. Hat sie schon mal darüber nachgedacht, hier an der Ostküste zu studieren? Ich könnte dabei behilflich sein.“
„Danke.“ Vincent gab ihr die Hand. „Ich melde mich.“
Sie begleitete ihn wieder hinunter in die Halle. Vereinzelt standen noch Frauen herum. Einige Kellner waren dabei, die verwaisten Stehtische beiseite zu räumen. Patr icia Grell schaute auf die Uhr und zog die Augenbrauen hoch. „Die hohen Damen arbeiten jetzt in ihren Gemächern an der Kriegsbemalung für das Abschlussdinner. Ich finde es schade, dass Sie nicht dabei sein können.“
Diese Frau!
32
Der schwarzhaarige Mann schlüpfte mit der linken Schulter voran in den Raum, als sei er zu scheu, die Eingangstür weit zu öffnen. Sein Aufzug wirkte formell, dunkelblauer schmaler Anzug, unauffällige Krawatte, schwarze Schuhe. Er schaute besorgt, das Gesicht von senkrechten Falten zerfurcht. Ein heimlicher Säufer, oder von Magengeschwüren gepeinigt, vielleicht beides. „Ich bin Marcel Lejaune.“ Er sprach gedämpft. Die Kamera hatte ihn schräg von oben gefilmt.
„Da wird nicht viel gesprochen“, murmelte Tire, „dieser Schweinehund sitzt fast die ganze Zeit nur herum. Der Apparat steckt übrigens im Bücherregal.“
Draußen dämmerte ein trüber englischer Vormittag vor sich hin. Vincent hockte mit dem Detektiv in einem Zimmer des Meridien unweit Heathrow. Sie starrten auf den Bildschirm.
Am Vorabend in Baltimore hatte es keine Mühe gemacht, bei BA noch einen Flug nach London zu bekommen. Während des Stopps in New York rief Vincent kurz Tire an. Wieder an Bord hatte er eine Sitzreihe für sich allein, die Kabine war schwach besetzt. Er richtete sich in seinem Sessel häuslich ein, trank ein Glas Heidsieck und ließ sich eine Decke geben. Kaum in der Luft, schlief er schon fest.
„Ich bin etwas zu früh gekommen“, sagte der Schwarzhaarige auf dem Bildschirm sanft, „ist Ihr Chef vielleicht jetzt schon zu sprechen?“ Der Mann sprach mit Akzent, versuchte, als Franzose durchzugehen. Aber er betonte manche Worte wie ein Osteuropäer. Schwer zu bestimmen.
„Etwas zu früh ist gut“, sagte Sheila, „Sie sind erst in zwei Stunden mit ihm ve rabredet. Wollen sie warten.“
„Wenn es der Dame nichts ausmacht.“ Jetzt hatte Vincent ihn. Der Mann hatte das ohne großes Nachdenken daher gesagt, nicht, als meine er es ironisch oder als wolle er flirten. Solche Redewendungen benutzten die Leute nur noch in der Welt des alten Österreich – Ungarn. Vielleicht kam der Kerl aus Böhmen. Leichter Singsang in seiner leisen Stimme. Es schien sinnvoll, außer Baranowski auch Karol das Foto des Schwar zhaarigen vorzulegen.
„Wasser, Cola, was Stärkeres?“, fragte Sheila.
„Danke. Wasser wäre fein.“
Tire und Vincent sahen zu, wie Sheila nach rechts aus dem Bild verschwand. Der Mann zog eine Pistole mit Schalldämpfer und ging ihr nach. Es knackte hässlich, dann rutschten She ilas Beine ins Bild. Einen Moment später tauchte der Kerl wieder auf, legte schwarzen Kabelbinder um ihre Knöchel und zog fest zu.
„Ab jetzt sagt er
Weitere Kostenlose Bücher