StasiPolka (German Edition)
die Uhr. Es wurde langsam Mittag. Katja war unzufrieden.
„Wenn du sagst, die Russen stecken irgendwo, warum sehen wir sie nicht? Es gibt viel Schatten hier, meinetwegen. Aber sie werden nicht in den Bäumen hocken.“
„D arf ich mir das aufschreiben?“ Im Prinzip hatte er aber auch keine Idee, wo die Verfolger stecken konnten. Vielleicht gab es keine. „Da. Das wird sie sein.“
Eine dunkel gekleidete Frau tauchte hinter dem Grundstückszaun auf, schloss sorgfältig das eiserne Tor und ging schnellen Schrittes auf sie zu. Für eine gerade ve rlassene Frau waren ihr Rock etwas zu kurz, die Absätze etwas zu hoch und das Make up etwas zu schwer.
„Ich greife sie mir.“ Ehe Vincent reagieren konnte, war Katja aus dem Auto g esprungen, bog um die Ecke und rannte auf die Frau zu.
„Warte.“ Vincent schrie, aber es war zwecklos.
Anna Schiller schaute erschrocken hoch und blieb stehen, als sie eine Fremde so zielstrebig auf sich zulaufen sah. In diesem Moment fiel der erste Schuss. Vincent sah, wie Katjas rechtes Bein einknickte und ihr Schwung sie einmal um die eigene Achse wirbelte. Der zweite Schuss traf sie oben in die linke Schulter. Wahrscheinlich hatte der Schütze versucht, sie genau in der Körpermitte zu erwischen, aber ihr Straucheln falsch eingeschätzt. Katja kroch auf einen Alleebaum zu. Ein dritter Schuss knallte. Was er anrichtete sah Vincent nicht mehr, weil er bereits um die Ecke raste. Er lenkte den Wagen schräg nach links und krachte auf den Gehsteig. Katja war jetzt zumindest gedeckt. Anna Schiller stand starr vor Schreck da.
Katja war kreidebleich und hustete roten Schaum. Ihre Augenlider flatterten. Unterhalb der linken Schulter breitete sich ein roter Fleck aus. Das rechte Hosenbein war nass von Blut.
„Rufen sie den Notarzt“, Vincent sah zu der Frau hoch, die ein Teil dieser Katastrophe war. Sie blickte fassungslos auf ihn herunter und hielt sich am Gitter des Gartenzauns fest. Zwecklos. Er griff sein Handy und wählte den Notruf. „Zum Jägerweg. Ein Unfall. Jemand stirbt hier gleich.“ Auf die Antwort wartete er nicht.
Der rote Fleck unter Katjas Bein wurde größer. Vincent riss seinen Hosengürtel heraus, schlang ihn um ihren Oberschenkel und drehte das Leder mit beiden Händen z usammen, so fest er konnte. „Katja!“
Sie war fast hinüber. Er sah, wie ihre Lippen sich bewegten und beugte sich vor.
„Du Lieber“, sie hustete. „du hast es versucht.“ In der Ferne hörte er eine Sirene heulen. Endlich. Ihre rechte Hand schob sich auf seine Schulter. „Vincent Du musst für Rea sorgen, versprich es mir. Bitte.“
„Ist doch klar Kleines, ich achte auf sie. Werde erst mal gesund.“
„Nicht auf sie achten. Du sollst für sie sorgen, Vincent. Du bist ihr Vater.“
15
Der junge Polizist blickte von seine m Notizbrett auf und schaute Vincent zweifelnd an. „Sie sagen, Sie waren rein zufällig in dieser Strasse?“
„Ich habe mich wohl verfahren.“ Was sollte er dem Mann groß erzählen. Der Notarztwagen war auf dem Weg ins Krankenhaus. Anna Schiller hatte sich in der allgemeinen Aufregung verdrückt. Vincent steckte in einem Volkswagenbus und sah dem Polizisten zu, der seinen Pass auf ein Lesegerät legte und ein Formular voll kritzelte.
„Wohin wollten sie denn?“ Er schaute Vincent kurz in die Augen .
„Zum Casino.“
„Und sie kannten die Frau nicht?“
„Das haben wir doch schon durch. Ich habe sie nicht mal bemerkt, bis sie plöt zlich taumelte und fiel. Dann hörte ich Schüsse und bin in Deckung gegangen. Kam mir so vor, als ballere ein Irrer durch die Gegend. Als es dann ruhig blieb, habe ich die Polizei gerufen und der Frau zu helfen versucht. Sie kam mir vor wie eine Joggerin, die einem Verrückten vor die Flinte gelaufen ist. Es war still hier; niemand auf der Strasse.“
„Sie kam aus Belgien.“ Er wies auf Katjas blutverschmierten Pass, der vor ihm lag. „Hat sie noch irgendwas gesagt?“
„Nichts. Sie war bewusstlos.“
Ein Funkgerät rauschte. Der Beamte hörte eine Weile zu, dann klappte er Vi ncents Pass zu, schob die Fahrzeugpapiere zusammen und gab ihm alles zurück. Gott segne die Fälscherbrigaden der guten alten DDR.
„Die Kollegen von der Ermittlung werden Sie vielleicht noch einvernehmen wollen. Das kann aber in Wien geschehen. Ihre Hotelanschrift habe ich notiert.“ Er gab Vincent eine Karte. „Bitte teilen sie uns mit, wenn sie Österreich verlassen wollen.“
Sie stiegen aus und gingen an der
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