StasiPolka (German Edition)
klar.“
„Und die denken, dass er jetzt aus der Deckung kommt, einen Blumenstrauß kauft und sich an Katjas Krankenbett setzt, bis sie wieder aufwacht? So blöd kann selbst ein Russe kaum sein. Und was sollte der Angriff auf Katjas Tochter in England? Sippenhaft oder will er auch die britische Polizei scharf auf den Fall machen?“
„In England?“ Sergei klang verblüfft. Selbst durchs Telefon war zu spüren, dass er kaum an eine solche Aktion seiner Landsleute glauben konnte. „Terkossow?“
„Sieht so aus.“ Jetzt etwas Salz in die offene Wunde. „Seit Warschau bezweifle ich, dass nur eine Truppe Jagd auf Graham macht. Vieles passt nicht zusammen. Es muss da eine zweite Partei geben. Vielleicht hat Terkossow Partner, von denen Baranowski nichts weiß. Soll er zur Hölle gehen.“
Das reichte zunächst, um sie zu verunsichern. Vincent drückte die Stop Taste. Von Se rgei ging jetzt alles brühwarm an Baranowski, der ohnehin keinem Menschen traute. Dann nahmen sie hoffentlich Terkossow in die Mangel. Baranowski würde sicher keine Ruhe geben, bis er herausgefunden hatte, ob es weitere Mitspieler in dieser Affäre gab und wer sie waren.
Durch das Grün der Bäume schimmerten der weiße Figurenbogen und das helle Gold des Denkmals. Johann Strauss stand entrückt vom eigenen Glanz auf dem steinernen Sockel und strich voller Grazie die goldene Violine.
„Musik gehö rte in Wien immer dazu. Wie im Film Der Dritte Mann .“, erzählte Teichmann, wenn er redselig wurde. In der guten alten Nachkriegszeit, als jeder zweite Erwachsene in Wien für irgendeinen Geheimdienst arbeitete, war er hier Lehrling bei den Russen gewesen. „Ich sage euch, es gab keine Stadt, in der man als Spion ein schöneres Leben hatte. Die Mädels waren hübsch, die Arbeit ungefährlich, und in den Beisln wurde gezithert und gefiedelt.“ Eins von Teichmanns Standardmärchen. Merkwürdig, wie das Alter die Leute dazu bringt, sich dauernd zu wiederholen. Aber eine gehörige Portion Wahrheit hatten seine Heldensagen allemal. Wien blieb eine gute Adresse für jemanden, der untertauchen wollte. Heutzutage war es vielleicht noch besser.
Vincent durchquerte den Park in westlicher Richtung und stieg vor dem Inte rcontinental in ein Taxi. Am Westbahnhof verstaute er sein Gepäck im Schließfach und spazierte danach langsam zurück zur Innenstadt. Es war gerade sechs Uhr, vor zehn würde es nicht dunkel sein. Also noch viel Zeit bis zum nächsten Schritt.
Er überlegte, ob er Rea anrufen sollte. Katja würde das auf keinen Fall wollen. Vielleicht war es besser, zunächst die Lage in Haussers Villa zu klären. Andererseits, wenn Katja den Anschlag nicht überlebte, würde er die nächsten Jahre mit der Verachtung einer Tochter zu kämpfen haben, die unvermittelt in sein Leben getreten war und es bereits umzukrempeln begann.
Inzwischen war er am Spittelberg. Trotz des trüben Wetters war Hochbetrieb in den I nnenhöfen und schmalen Biedermeiergassen. Die Touristen schoben sich von Schaufenster zu Schaufenster, hockten vor Kneipen und Cafes und fotografierten die alten Giebel. Musikfetzen und der Dunst von schnell Essbarem hingen in der Luft. Verdammt, es war hirnrissig, sich hier treiben zu lassen. Er ging weiter zum Heldenplatz, wo er Luft um sich herum hatte und holte das Handy heraus. Nigel wirkte aufgekratzt. Offenbar ging es ihm besser. Vincent machte keine Umstände.
„Ist Rea noch bei dieser Frau?“
„Juliane meinst du? Ja natürlich. Ist was passiert?“
„Katja hat es erwischt.“
„Schlimm?“ Er flüsterte plötzlich.
„Schlimm genug.“
„Weiß es Rea schon?“
„Noch nicht. Ich will sie jetzt anrufen. Versuche sie zu trösten, wenn sie sich bei dir ausweinen will. Sag ihr, dass ich mich um ihre Mutter kümmere. Erzähle ihr gerade so viel von mir, dass sie mich nicht für einen Amateur hält. Sie muss bleiben, wo sie ist. In Deckung. Ich räume hier auf. Wenn Katja außer Lebensgefahr ist, sehe ich zu, dass sie nach Brüssel in ein Krankenhaus kommt.“
„Und du? Was hast du vor?“ Er flüsterte immer noch. Vielleicht stand die Tür seines Krankenzimmers offen.
„Gute Besserung.“ Vincent machte Schluss. Später konnten sie ja weiter reden.
Es war ruhig auf dem großen Platz. Vincent wählte neu.
„Ja?“ Eine dunkle Frauenstimme. Nicht gerade das, was man aus Diskussion szirkeln von Linksaktivisten so kennt.
„Sagen sie Rea, dass Vincent am Apparat ist.“
„Rea? Soll das ein Männername
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