Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
StasiPolka (German Edition)

StasiPolka (German Edition)

Titel: StasiPolka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Pesch
Vom Netzwerk:
Groetendorn war ein glatt gescheitelter schlanker Mann in den Vierzigern, gekleidet ins übliche flusenfreie Dunkelblau. Er benötigte keine halbe Stunde, um Vincents Vorstellungen über Reas weiteres Wohlergehen in eine passende juristische Form zu gießen. Während die Sekretärin das Dokument ins Reine schrieb, warteten sie in seinem altertümlichen Büro und tranken Tee.
    „Mein Vater kannte Walters Eltern gut. Er hat die Familie Graham jahrzehnt elang betreut.“ Der Notar sprach in gedämpftem Singsang, als säßen sie zusammen im Beichtstuhl. „Nach Vaters Tod vor drei Jahren schlief der persönliche Kontakt dann ein.“
    „Graham war viel unterwegs.“ Was sollte Vincent schon dazu sagen?
    „Nun, es gab wohl auch keinen Regelungsbedarf“, murmelte der Notar, „mein alter Herr hat nach Walters Eheschließung mit Catherine alle anstehenden Verfügungen dokumentiert.“
    Vincent schaute durch das Terrassenfenster in den stillen Garten hinaus. Wenn es hal bwegs stimmte, was Katja ihm über Grahams Schwärmerei für Rea erzählt hatte, würde seine Tochter in Kürze selbst in dieser dunklen Bude sitzen und sich von Herrn Doktor Vaterkomplex erklären lassen, wie wohlhabend sie neuerdings war.
    Die Sekretärin kam mit den Schriftstücken zurück. Der Notar rasselte den Text des Dokuments herunter, Vincent unterzeichnete, Siegel wurden aufgepappt, er erhielt einen Umschlag mit seinem Teil der Papiere, stellte einen Scheck aus und ging. Hallo Töchterchen, Dein Vater fühlt sich plötzlich lebendiger denn je. Ihm war nach kaltem Champagner zu Mute, und er ve rspürte Lust, ein wenig über die Stränge schlagen.
     
    Schlussendlich blieb er solide, kaufte im Zeitungsladen an der Ecke einen Packen Magazine und ging früh zu Bett. Er schlief schon halb, als das Handy schnarrte.
    „Jetzt iss alles im Eimer.“ Tires Nuscheln war kaum zu verstehen. „Schwein ehunde sind das.“ Er schniefte in den Hörer, es klang, als sei seine Nase gebrochen. Im Hintergrund rauschte Straßenverkehr.
    „Hatten Sie Ärger?“
    Tire sagte nichts, Vincent hörte ihn rasselnd Luft holen, dann dröhnte nur noch der Verkehrslärm aus dem Hörer.
    „Tire, was ist passiert? Sprechen Sie.“
    Er antwortete nicht. Entweder war er bewusstlos umgekippt oder in Panik davon gelaufen. Vincent legte das Handy aufs Kopfkissen neben sich. Nichts, außer den Geräuschen der Strasse. Als sich einige Minuten nichts tat, unterbrach er die Verbindung.
    Eine halbe Stunde später weckte Tire ihn erneut. Diesmal klar zu verstehen, kein Straßenlärm.  „Tut mir leid, dass ich abgehauen bin“, sagte er, „die Bullen hatten mich gerade erst laufen lassen. Ich bin durchgedreht.“ Wahrscheinlich war Tire jetzt zu Ha use.
    „Macht nichts. Was ist passiert?“ Vincent wiederholte sich.
    „Der verdammte Hund hat Sheila umgebracht.“ Er stockte, Vincent ließ ihm Zeit. „Hat sie niedergeschlagen, ihr Hände und Füße mit Kabelbinder gefesselt und ihr den Mund mit Tape zu geklebt. Sie bekam nicht genug Luft durch die Nase und ist erstickt.“ Er räusperte sich, bemüht, nicht zu heulen. „Sie hat sich vor Jahren mal die Nase gebrochen; irgendwas ist dabei innen nicht richtig zusammen gewachsen, jedenfalls konnte sie kaum durch die Nase atmen. Ich hab ihr immer gesagt, lass das endlich operieren. Verdammte Scheiße, genau so gut hätte der Kerl sie am nächst besten Dachbalken aufknüpfen können.“ Seine Stimme wurde fester. „Den mache ich persönlich kalt, diesen gelackten Wichser.“
    „Heißt das, Sie haben ihn gesehen?“
    „Es gibt einen Film. Die Polizei hat ihn beschlagnahmt.“
    „Ich gehe mal davon aus, es gibt auch eine Kopie.“
    „Richtig. Wenn uns Kunden besuchen, läuft immer eine kleine Digitalkamera mit. Sheila hat sie in Gang gesetzt, als der Typ auftauchte. Alles drauf, was passiert ist.“ Seine Stimme wurde wieder brüchig. Vincent wartete.
    „Er spazierte ins Büro, stellte sich als Lejaune vor, sagte, er sei etwas zu früh und fragte, wo ich sei.“ Tire räusperte sich. „Ich war noch unterwegs, er kam zwei Stunden früher, als ve rabredet. Sheila bot ihm was zu trinken an, als sie zur Bar ging hat er sie mit seiner Knarre niedergeschlagen und gefesselt. Danach hat er etwas im Büro herum geschnüffelt und sich später in den Besuchersessel gesetzt und gelesen. Wissen Sie, was das Schlimmste ist?“
    Vincent sagte nichts.
    „Auf dem verdammten Film sieht man Sheilas Unterkörper. Sie trug Jeans wie eigentlich immer.

Weitere Kostenlose Bücher